Kurzdarmsyndrom

Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Stoffwechselkrankheiten und Klinische Chemie

Definition der Erkrankung

Das Kurzdarmsyndrom ist mit einer Häufigkeit von ein bis zwei Fällen pro 100.000 Einwohnern eine seltene Erkrankung.

Ursache für die Entstehung des Kurzdarmsyndroms ist die operative Entfernung von Dünndarmabschnitten. Mussten mehr als 100 cm entfernt werden, spricht man von einem Kurzdarmsyndrom.

Da die Nährstoffaufnahme nicht in gleicher Weise in allen Darmabschnitten erfolgt, hängen die Symptome und Folgeerscheinungen von der Länge und der Art des entfernten Darmabschnittes ab. Entscheidend für den Verlauf der Erkrankung ist auch, ob der Dickdarm vorhanden ist oder nicht. Dementsprechend sind die Symptome und Komplikationen bei Kurzdarmsyndrom sehr unterschiedlich.

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Symptome

  • Massive Durchfälle mit hohen Flüssigkeitsverlusten
  • Fettstühle
  • Gewichtsverlust
  • Elektrolytverluste
  • Unterversorgung mit Vitaminen und Spurenelementen und den entsprechenden Mangelerscheinungen
  • Überproduktion von Magensäure
  • Unverträglichkeit von Milchzucker (Laktoseintoleranz)
  • Bildung von Gallen- und/ oder Nierensteinen
  • Nierenversagen aufgrund von Flüssigkeitsmangel
  • Knochenschwund (Osteoporose)

Durch adäquate ernährungsmedizinische Maßnahmen, die von der richtigen Auswahl der Nahrungsmittel über medikamentöse Therapie bis hin zu künstlichen Ernährung reichen, sind die genannten Symptome und Komplikationen weitestgehend vermeidbar.

 

Ursachen

Die häufigsten Ursachen, die zur operativen Entfernung von Darmabschnitten führen sind:

  • Arterielle oder venöse Gefäßverschlüsse
  • Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn)
  • Strahlenenteritis (Entzündungen der Darmschleimhaut durch Strahlentherapie)
  • Darmverschlingung („Volvulus“), vor allem bei Kindern und Jugendlichen
  • Verletzungen
  • Darmverschluss
  • Tumorkrankungen im Bauchraum

Krankheitsverlauf

Typischerweise verläuft die Erkrankung in 3 Phasen:

Direkt nach der Operation kommt es zu massiven Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten, die nur durch entsprechende intravenöse (über die Blutbahn) Zufuhr ausgeglichen werden können. Diese Phase kann bis zu 12 Wochen dauern.

Der Darm verfügt über eine sehr gute Anpassungsfähigkeit , die es langfristig ermöglicht auch nach Entfernung ausgedehnter Dünndarmabschnitte ausreichend Nährstoffe aufzunehmen. Im Verlauf der Anpassungsvorgänge verringern sich die Flüssigkeitsverluste über den Darm und die orale Ernährung wird zunehmend besser aufgenommen. Entsprechend kann die künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr über die Vene reduziert bzw. weggelassen werden. Diese Phase beginnt etwa 2 bis 4 Wochen nach der Operation und kann bis zu 2 Jahren dauern.

Die Anpassungsvorgänge sind von entscheidender Bedeutung für die Prognose und den Verlauf der Erkrankung. Voraussetzung für den optimalen Verlauf der Anpassungsvorgänge ist eine insgesamt positive Energiebilanz, d.h. dass mehr Nährstoffe zugeführt werden müssen, als aktuell verbraucht werden, und dass genug Flüssigkeit gegeben werden kann. Oft ist dies nur durch eine zusätzliche künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr über die obere Hohlvene („Parenterale Ernährung) zu erreichen. Eine Erhöhung der Trinkmenge führt wegen der beschleunigten Darmpassage in dieser Situation oft zu einer Verstärkung der Durchfälle bzw., zu einer Erhöhung der Flüssigkeitsverluste über den künstlichen Darmausgang; längerfristig würde dies wegen des Flüssigkeitsmangels zu einer Schädigung der Nieren führen. Diese gefürchtete Komplikation kann durch entsprechende Überwachung und Therapie vermieden werden.

Die Anpassungsvorgänge sind abgeschlossen, je nach anatomischer Situation kann die künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr reduziert oder abgesetzt werden. Regelmäßige Überwachung der Ernährungssituation (z.B. Vitamin-Elektrolyt-und Mikronährstoffbestimmungen, Knochendichtemessung) sollten in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden. Wenn die Restdünndarmlänge unter 50 cm beträgt und kein Dickdarm mehr vorhanden ist, wird eine dauerhafte künstliche Ernährung über die Vene notwendig.

Die Ernährungsmedizin unserer Abteilung bietet ein umfangreiches Angebot von Leistungen für die Vorbeugung und Behandlung ernährungsabhängiger Erkrankungen. Die Arbeitsbereiche umfassen dabei individuelle Ernährungsberatung für Patienten bis zu ernährungstherapeutischen Maßnahmen inklusive der künstlichen Ernährung (enteral/ parenteral). Schwerpunkte der Ernährungstherapie bilden die Betreuung von Patienten mit Kurzdarmsyndrom und chronischer erkrankungsbedingter Mangelernährung. Weiterhin bieten wir eine individuelle Ernährungsberatung bei Fettstoffwechselstörungen, Osteoporose und Magen-Darm-Erkrankungen an.

Ausführliche Informationen zu Übergewicht und Adipositas bzw. Diabetes mellitus finden Sie auf der Seite Diabetes mellitus und Lipidstoffwechselstörung sowie Diabetes- und Adipositas-Zentrum Heidelberg.

Ein Team aus Oecotrophologen und Ernährungsmedizinern steht Ihnen bei Fragen und Problemen rund um die Ernährung dahingehend zur Seite.

Unser Team berät Sie in allen Fragen zur Ernährung und medikamentösen Therapie bei Kurzdarmsyndrom. Bei manchen Krankheitsbildern, ist  eine ernährungsmedizinische Beratung und  Behandlung bereits vor der Operation sinnvoll und notwendig (z.B. bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen).

 

 

Nachsorge

Direkt nach der Operation und in der Phase der Anpassung sind engmaschige Kontrollen des Ernährungszustandes und entsprechende Anpassungen des Therapieregimes notwendig. Nach Abschluss der Wundheilung wird diese Therapie meist ambulant durchgeführt.

Da das Kurzdarmsyndrom eine seltene Erkrankung ist, erfolgt auch die weitere ambulante Betreuung über unsere ernährungsmedizinische Abteilung. In Zusammenarbeit mit den Hausärzten, ambulanten Pflegediensten und home-care-Anbietern organisieren und überwachen wir die aufwändige Therapie und sind bei Fragen und Problemen schnell und unbürokratisch telefonisch oder auch per E-Mail zu erreichen.

Ziel unseres Betreuungskonzeptes ist es, einen reibungslosen Übergang von der stationären zur ambulanten Versorgung zu gewährleisten, stationäre Aufenthalte so kurz, wie möglich zu halten und eine Reintegration der Patienten ins Alltagsleben zu ermöglichen.