Leberzirrhose

Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie Klinik für Gastroenterologie, Infektionen, Vergiftungen

Definition der Erkrankung

Bei einer Leberzirrhose kann das größte Entgiftungsorgan des Menschen seine Aufgabe nicht mehr erfüllen. Ursachen dafür sind chronische Lebererkrankungen, bei denen gesundes, funktionsfähiges Lebergewebe abstirbt und durch funktionsloses Bindegewebe ersetzt wird. Die Leber verhärtet, auf ihrer Oberfläche bilden sich Knoten und Narben und sie wird zugleich kleiner. Dieser – auch als „Schrumpfleber“ bezeichnete – Zustand lässt sich nicht mehr umkehren. Eine Leberzirrhose ist nicht heilbar.

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Symptome

Beschwerden verursacht eine Leberzirrhose häufig erst nach Jahrzehnten. Die ersten Symptome sind meist unspezifisch. Betroffene bemerken oft eine vermehrte Müdigkeit und eine verminderte Leistungsfähigkeit. Zudem nehmen sie häufig an Gewicht ab, schwitzen übermäßig und haben gelegentliche Druckgefühle oder Schmerzen im Oberbauch.

Hautzeichen

Oft lässt sich an der Haut erkennen, dass die Leber nicht mehr richtig arbeitet. Zu den Hautveränderungen zählen beispielsweise sternförmige Neubildungen der Blutgefäße – vor allem im Gesicht und am Oberkörper. Ebenfalls auffällig ist eine grau-fahle bis gelbliche Hautfarbe.

Störungen des Stoffwechsels

Viele Menschen, die an einer Leberzirrhose leiden, haben einen instabilen Stoffwechsel. Verursacht wird eine Störung unter anderem durch das blutzuckersenkende Hormon Insulin. Dieses lässt sich aufgrund der Leberschädigung nicht mehr richtig abbauen. Das kann zur Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus (hepatogener Diabetes) führen.

Ein beeinträchtigter Stoffwechsel bringt auch den Hormonhaushalt durcheinander. Bei Männern können Potenzprobleme auftreten und die äußeren Genitalien an Größe verlieren. Eventuell kann sich auch ihre Brustdrüse vergrößern (Gynäkomastie) oder sie verlieren ihre Körperbehaarung. Bei Frauen lassen sich manchmal Unregelmäßigkeiten bei der Regelblutung feststellen.

Ursachen

Alkoholmissbrauch und Virus- und Stoffwechselerkrankungen gelten als die häufigsten Ursachen für eine Leberzirrhose. Werden diese zugrunde liegenden Erkrankungen nicht behandelt, schreitet die Schädigung der Leber immer weiter voran.

Diagnose

Körperliche Untersuchungen, Blut- und Gewebeuntersuchungen sowie bildgebende Verfahren helfen, eine Leberzirrhose zu erkennen und ihren Verlauf abzuschätzen. Eindeutig lässt sich eine Leberzirrhose nur durch eine Gewebeentnahme aus der Leber diagnostizieren. Wir verzichten in aller Regel auf die Leberpunktion und konzentrieren uns auf einfachere, vor allem jedoch schonendere Untersuchungstechniken.

Erste Hinweise kann der behandelnde Arzt zum Beispiel durch das Abtasten des Bauchs finden. Die Leber fühlt sich verhärtet und in späteren Stadien deutlich verkleinert an. Oft genügt das genaue Hinsehen, um etwa die deutlich gelbliche Färbung der Haut zu bemerken, die Zunahme des Bauchumfangs durch das Bauchwasser zu erkennen oder die vermehrte Wassereinlagerung in den Beinen zu beobachten. Zudem können zittrige Finger oder die sternförmigen Neubildungen von Blutgefäßen auf eine Leberzirrhose hinweisen. Speziell bei Männern deuten eine weibliche Brustbildung sowie die verkleinerten äußeren Genitalien darauf hin.

Anhand von Blutuntersuchungen im Labor können wir feststellen, wie weit die Schädigung der Leber fortgeschritten ist. Dazu lassen sich im Blut Werte messen, die den Abfall der Leberfunktion anzeigen. Besonders aussagekräftig ist der Quick- oder INR-Wert (International Normalized Ratio). Dieser Wert dient zur Diagnose von Blutgerinnungsstörungen in der Leber. Ist er zu niedrig, deutet das auf Funktionsstörungen der Leber hin.

Auch der Albuminwert spielt bei der Diagnose einer Leberzirrhose eine wichtige Rolle. Albumin ist ein Eiweiß, das in der Leber gebildet wird. Ein erhöhter Ammoniakspiegel im Blut lässt Rückschlüsse auf die herabgesetzte Entgiftungsfunktion der Leber zu. Darüber hinaus kann über den MELD-Score (Model for End-stage Liver Disease) – ein Messwert, der sich aus Leber- und Nierenwerten zusammensetzt – die Dringlichkeit einer Lebertransplantation beziffert werden. Letztlich dient der MELD-Score dazu, den am stärksten Betroffenen schnellstmöglich ein Spenderorgan zuzuteilen.

Mithilfe einer Ultraschalluntersuchung (Sonografie) können wir Veränderungen der Kontur, Größe und Dichte der Leber sichtbar machen. Auftretende Komplikationen wie das Vorhandensein und die Menge von Bauchwasser lassen sich mit diesem Verfahren gut erfassen. Auch eine mögliche Vergrößerung der Milz oder neu gebildete Blutgefäße können wir so beobachten.

Da bei einer Leberzirrhose die Tendenz zu bösartigen Tumoren besteht, empfehlen wir unseren Patienten regelmäßige Ultraschalluntersuchungen. Auf diese Weise lässt sich ein entstehender Leberkrebs frühzeitig erkennen.

Krankheitsverlauf

Nach Verlust von Lebergewebe verhindert das Narbengewebe den ungestörten Blutfluss durch die Leber. Es kommt zu einem Rückstau des aus dem Verdauungstrakt stammenden Blutes, was zur Ausbildung von Umgehungskreisläufen führt. Diese gewährleisten den Rückfluss des Blutes zum Herzen unter Umgehung der Leber. Ist die Leberzirrhose voll ausgebildet, hilft nur noch der Ersatz des kranken Organs gegen ein Lebertransplantat.

Eine gezielte Therapie der Krankheitsauslöser kann ein weiteres Fortschreiten vermeiden. Die zunehmend eingeschränkte Entgiftungsfunktion der Leber wirkt sich auf den ganzen Körper aus. Besonders der Stoffwechsel ist davon betroffen. Denn Giftstoffe, die eigentlich von der Leber abgebaut werden, gelangen jetzt über das Blut in den gesamten Organismus und führen dort zu erheblichen Schäden.

Folgeerkrankungen

In der Pfortader entsteht durch die Vernarbung der Leber ein gefährlicher Bluthochdruck, da das Blut nicht mehr frei durch die Leber fließen kann. Krampfadern bilden sich – besonders an der Speiseröhre oder am Magen –, um den Blutfluss zurück zum Herzen unter Umgehung der Leber zu gewährleisten. Steigt der Blutdruck weiter, besteht die Gefahr, dass diese Krampfadern platzen. Akute, starke Blutungen aus Krampfadern sind lebensbedrohlich und müssen sofort medizinisch versorgt werden.

Die Bauchwassersucht ist eine weitere Folge des Bluthochdrucks in der Pfortader, aber auch der abnehmenden Fähigkeit der Leber zur Produktion von Eiweißen: Flüssigkeit wird in den Bauchraum gepresst. Der Bauch schwillt an und schmerzt. Außerdem fällt den Betroffenen das Atmen schwer. Auch Bakterien können aus dem Darm ins Bauchwasser gelangen. Infektionen des Bauchfells sind die Folge.

Gelangen die Giftstoffe über das Blut ins Gehirn, schränkt dies die geistigen Funktionen der Betroffenen messbar ein. Die ersten Anzeichen sind meist Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen oder Koordinationsschwierigkeiten. Später beginnen die Hände stark zu zittern, auch Phasen von Verwirrung und Bewusstseinsverlusten können eintreten. Bei der schwersten Form der hepatischen Enzephalopathie (HE) – auch als Leberkoma (Coma hepaticum) bezeichnet – besteht die Gefahr eines lebensgefährlichen Versagens der Leber.

Viele Leberkrebs-Patienten erkranken zuvor an einer Leberzirrhose, denn geschädigte Leberzellen haben eine höhere Wahrscheinlichkeit zu entarten. Die Folge: eine bösartige Geschwulst (Leberkarzinom), die relativ schnell wächst und in einem frühen Stadium Tochtergeschwülste ausbildet.

Chirurgische Komplikationen

Bei einer Leberzirrhose kann die Leber wichtige Eiweiße nicht mehr herstellen. Das führt unter anderem zum Versagen der Blutgerinnung. Die Leberzirrhose stellt somit ein erhebliches Risiko für chirurgische Eingriffe dar. Denn normalerweise seltene Komplikationen wie Nahtundichtigkeiten und postoperative Infektionen können hier häufiger auftreten. Zudem verläuft die Wundheilung schlechter. Deshalb lassen sich selbst kleinere Eingriffe – etwa eine Leistenbruchoperation – nicht bei allen Patienten mit dem ansonsten meist sehr geringen Operationsrisiko durchführen.

Ablauf der Behandlung

Während der Therapie darf die Leber nicht weiter geschädigt werden. Das heißt, Alkohol ist strikt verboten. Leberzirrhose-Patienten müssen zudem auf eine ausgewogene Ernährung achten. So kann etwa bei einem Vitaminmangel eine Nahrungsergänzung mit Vitaminpräparaten sinnvoll sein. Ferner lassen sich durch diätetische Maßnahmen Giftstoffe im Verdauungstrakt reduzieren.

Im Rahmen einer Spiegelung können wir das Risiko einer Blutung aus Krampfadern der Speiseröhre verringern, indem wir die Adern veröden und somit verschließen. Im Übrigen helfen chirurgische oder interventionell-radiologische Maßnahmen, den hohen Druck in den Gefäßen zu senken. Dabei entlastet eine künstlich hergestellte Verbindung – etwa zwischen der Pfortader und einer Lebervene – die Gefäße. Dieser Eingriff verringert zwar das Risiko lebensbedrohlicher Blutungen, die Funktionsfähigkeit der geschädigten Leber verbessert sich dadurch jedoch nicht.

Auch wenn es Anzeichen dafür gibt, dass sich eine Leberzirrhose teilweise zurückbildet, steht nach wie vor keine ursächliche Therapie gegen die ungewollte Bindegewebsbildung zur Verfügung. Um Ihre chronische Lebererkrankung aufhalten zu können, müssen wir herausfinden, welche Ursachen zu ihr geführt haben. Erst dann können wir versuchen, das Fortschreiten Ihrer Lebererkrankung zu stoppen. Befinden Sie sich jedoch bereits in einem fortgeschrittenen Stadium, hilft nur noch eine Lebertransplantation. Die wichtigsten Voraussetzungen dafür sind, dass die ursächliche Krankheit entsprechend therapiert wird und sichergestellt ist, dass Sie dauerhafte Belastungen wie Alkoholmissbrauch vor und nach der Transplantation nicht mehr zulassen.