Seite 44 - Klinikticker november Dezember

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AUS DER FORSCHUNG
Nach Hirnblutungen, schwerem Schlagan-
fall oder Kopfverletzungen überziehen
elektrische Entladungswellen das Gehirn
und verursachen das weitere Absterben
von Nervenzellen. Ein Team der Neurochi-
rurgischen Klinik um Dr. Daniel Hertle und
Privatdozent Oliver Sakowitz hat in einer
internationalen Studie gezeigt, dass das
gängige Narkosemittel Ketamin das Auftre-
ten dieser Wellen um 60 Prozent vermin-
dert. Damit gibt es einen ersten Behand-
lungsansatz für das bisher unkon-
trollierbare Phänomen.
Patienten, bei denen diese Wellen auftre-
ten, tragen schwerere neurologische Schä-
den davon als Patienten, deren Nervenzel-
len diesem Stress nicht ausgesetzt sind.
„Wir gehen davon aus, dass sich schwere
Folgeschäden wie etwa Lähmungen zum
Teil verhindern ließen, wenn wir die Entla-
dungswellen unterdrücken könnten“, so
Hertle und Sakowitz. In die Studie wurden
115 Patienten eingeschlossen, die sich auf-
grund ihrer Erkrankung einige Zeit im künst-
lichen Koma befanden. (Veröffentlicht in
„Brain“)
TB
Narkosemittel schützt Hirnzellen
Erster Therapieansatz gegen Folgeschäden bei Hirnverletzungen
Dr. Daniel Hertle, Assistenzarzt
der Neurochirurgischen Klinik,
prüft Hirnströme eines Patienten.
Wissenschaftler aus 19 europäischen Ländern haben sich erstmals
zu einem fachübergreifenden Netzwerk zusammengeschlossen,
umdie Ursachen des chronischen Reizdarmsyndroms zu erforschen
sowie Diagnose- und Therapiemöglichkeiten zu verbessern. Die
European Science Foundation fördert den Verbund unter Federfüh-
rung von Privatdozentin Dr. Beate Niesler, Arbeitsgruppenleiterin in
der Abteilung Molekulare Humangenetik, in den kommenden vier
Jahrenmit 500.000 Euro. Rund fünf Millionen Betroffene in Deutsch-
land leiden oft über Jahre unter Bauchschmerzen, Verstopfung oder
Durchfall, häufig begleitet von weiteren Erkrankungen wie Migräne,
Angststörungen und Depressionen. Bisher können lediglich Sym-
ptome behandelt werden.
JB
>> Netzwerk GENIEUR (Genes in Irritable Bowel Syndrom Europe)
im Internet: www.GENIEUR.eu
Was macht den Darm
dauerhaft krank?
Europaweites Netzwerk erforscht das
Reizdarmsyndrom
Darmschleimhautzellen unter dem Mikroskop: Serotoninrezep-
toren sind grün, Nervenfasern rot gefärbt. Das Team um Dr. Niesler
entdeckte, dass bei bestimmten Patienten mit Reizdarmsyndrom
die genetische Bauanleitung für Serotoninrezeptoren im Darm ver-
ändert und damit die Signalweiterleitung gestört ist. Dies lieferte
den ersten Ansatz für eine gezielte medikamentöse Therapie.