Heidelberg,
19
Oktober
2020
|
15:12
Europe/Amsterdam

Angeborene Immunität im Fokus der Heidelberger Rheumatologie

Forschungsförderpreis der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V.

Zusammenfassung

Rheumatologe des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) erhält Forschungspreis der „DGRh Forschungsinitiative 2020“ / Sektion Rheumatologie am UKHD als „Wissenschaftliches Exzellenz-Zentrum der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh)“ ausgezeichnet / Abwehrzellen als therapeutisches Ziel gegen krankhafte Entzündungszustände

Der Forschungsförderpreis der „DGRh Forschungsinitiative 2020 und somit der Titel „Wissenschaftliches Exzellenz-Zentrum der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh)“ gingen an die Sektion Rheumatologie (Sektionsleiter: Prof. Dr. H.-M. Lorenz) der Inneren Medizin V (Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie, Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. C. Müller-Tidow) am Universitätsklinikum Heidelberg sowie an Dr. Ricardo Grieshaber Bouyer, Assistenzarzt der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie.

Der Preis richtet sich an wissenschaftlich tätige Ärzte und die Institution, in denen sie tätig sind. Er umfasst die Finanzierung einer Arztstelle für zwei Jahre plus Sachmittel und somit eine Förderung in Höhe von rund 200.000 Euro. Gleichzeitig wird der Institution der Titel „Wissenschaftliches Exzellenz-Zentrum der DGRh“ verliehen. Die Preisverleihung fand im September im Rahmen der virtuellen Mitgliederversammlung der DGRh statt.

In seiner wissenschaftlichen Tätigkeit forscht Dr. Grieshaber Bouyer an der molekularen Analyse von Eigenschaften sogenannter „Fresszellen“ (Phagozyten), die wesentlich an der ersten schnellen Immunantwort auf Krankheitserreger beteiligt sind und als neues therapeutisches Ziel gegen chronische Entzündungszustände untersucht werden.

 

Chronische Entzündungen – wenn ein Abwehrmechanismus außer Kontrolle gerät

Durch Barrieren wie die Haut ist der Körper gut gegen eindringende Krankheitserreger geschützt; kommt es dennoch dazu, übernimmt das angeborene Immunsystem mit einem ganzen Arsenal von zellulären und löslichen Komponenten in Blut und Gewebe die erste schnelle Abwehr. Hierzu zählen auch neutrophile Granulozyten, die etwa 50-60 % der weißen Blutzellen (Leukozyten) ausmachen und essenziell für die lebensnotwendige Abwehr von Krankheitserregern sind. „Diese schnelle und lebenswichtige Reaktion in Form einer nützlichen Entzündung kann aber auch überschießen und zu massivem Gewebeschaden führen, wenn ihre Intensität und Dauer fehlreguliert sind“, sagt Dr. med. Ricardo Grieshaber Bouyer, der Preisträger aus der Rheumatologie des Universitätsklinikums Heidelberg.

Entzündliche rheumatische Erkrankungen, chronische Darmentzündung, chronisch obstruktive Lungenkrankheit (COPD), Asthma oder Arthrose entwickeln sich bei einer nicht abheilenden und somit chronischen Entzündung, die zu den häufigsten Krankheitsursachen weltweit zählt. Auch wenn entzündungshemmende Therapien zur Verfügung stehen, führen diese nicht immer zur dauerhaften Abschwächung der Symptome und können die akute Infektabwehr des Patienten beeinträchtigen. „Wir müssen Behandlungsmöglichkeiten finden, die nicht nur die chronische Entzündung unterdrücken, sondern gleichzeitig die positiven erwünschten Funktionen der Neutrophilen aufrechterhalten“, sagt Dr. Grieshaber Bouyer.

Neutrophile werden im Knochenmark gebildet, patrouillieren im Blut und wandern bei Anzeichen eines Erregers ins betroffene Gewebe ein, wo sie diesen aufnehmen und durch Verdauen beseitigen – daher die Bezeichnung Phagozyten („Fresszellen“). Der Heidelberger Mediziner konnte aber auch zeigen, dass Neutrophile je nach Lokalisation und Entzündungslage unterschiedliche phänotypische Kennzeichen der Ausreifung und Aktivierung aufweisen. „Dies ist abhängig von Gewebe, Entwicklungszeitpunkt und Umweltreizen, was wir in Zukunft auf molekularer Ebene genauer untersuchen werden“, sagt er. Hierzu soll die Expression von Genen sowie Oberflächenmoleküle analysiert werden, um krankhafte und nützliche Zustände der Neutrophilen unterscheiden zu können. Langfristiges Ziel ist es, Möglichkeiten für die Hemmung der krankhaften Zustände zu finden, durch welche die Immunabwehr von Patienten gegenüber Infektionen nicht beeinträchtigt wird.

Da Neutrophile neben der Abwehr von Krankheitserregern auch an der Gewebereparatur bei Verletzung und im Tumorgeschehen eine wichtige Rolle spielen, ist der Ansatz für verschiedene Bereiche der Medizin von Interesse. Die molekulare Analyse der neutrophilen Granulozyten ist damit ein Schritt in Richtung einer gezielten therapeutischen Intervention zur Bekämpfung krankhafter Entzündungszustände.

„Mit der Auszeichnung wurden unsere Grundlagenarbeiten zu neutrophilen Granulozyten gewürdigt. Mithilfe der Förderung wollen wir diese translational in die Klinik bringen und an unserem Ziel arbeiten, eine neuartige Therapiemöglichkeit entzündlicher Erkrankungen zu entwickeln“, sagt Dr. Grieshaber Bouyer.

 

Kontakt

Dr. med. Ricardo Grieshaber Bouyer
Klinik für Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie
Universitätsklinikum Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 410
69120 Heidelberg
E-Mail: ricardo.grieshaberbouyer@med.uni-heidelberg.de

 

Weiterführende Informationen im Internet

Homepage der Rheumatologie am UKHD

Homepage der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie am UKHD

DGRh Forschungspreis im Rahmen der „DGRh Forschungsinitiative 2020“