Heidelberg,
28
April
2020
|
14:24
Europe/Amsterdam

Covid-19-Studie in Baden-Württemberg: Welche Rolle spielen Kinder bei der Virusverbreitung?

Zusammenfassung

2.000 Kinder von ein bis zehn Jahren mit jeweils einem Elternteil sollen untersucht werden/ Wie viele sind infiziert oder hatten bereits Viruskontakt und Abwehrstoffe gebildet? / Ergebnisse könnten Entscheidungen zur Betreuungssituation von Kindern erleichtern

Welche Rolle spielen Kinder bei der Verbreitung des Corona-Virus? Um diese Frage beantworten zu können, haben Baden-Württembergische Universitätskliniken gemeinsam eine Studie konzipiert, die insgesamt rund 2.000 Haushalte einschließen soll. Als Studienteilnehmer werden jeweils ein Kind im Alter von ein bis zehn Jahren und ein Elternteil gesucht. Die Wissenschaftler untersuchen, wie viele Kinder und deren Eltern aktuell infiziert sind oder bereits Kontakt zum Corona-Virus hatten und daraufhin Antikörper als Abwehrstoffe gebildet haben. Die Forscher erwarten unter anderem Hinweise darauf, ob es Unterschiede in der Infektionsrate gibt, inwieweit sich Kinder und ihre Eltern gegenseitig mit dem Virus anstecken und inwieweit Wohnsituation und Beruf der Eltern hierbei eine Rolle spielen. Besonders wichtig ist ein möglicher Unterschied bei Kindern, welche in Notbetreuungen weiterhin mit anderen Kindern Kontakt haben gegenüber Kindern, welche ausschließlich in der Kernfamilie leben. Planung, Durchführung und Auswertung der Studie erfolgt gemeinsam an den beteiligten Standorten. Die Leitung der Studie übernimmt das Universitätsklinikum Heidelberg. Hier können aktuell bereits die ersten Teilnehmer rekrutiert werden.

Die Initiative zur Studie ging von Ministerpräsident Winfried Kretschmann aus, die Idee ist in seinem Wissenschafts-Beraterkreis entstanden. Die Kosten der Studie belaufen sich auf rund 1,2 Millionen Euro, die das Land übernehmen wird.

„Die internationale Studienlage zum Verlauf von Covid-19-Infektionen bei Kindern und zum Übertragungsrisiko ist noch dünn. Für Deutschland liegen dazu noch keine belastbaren Daten vor“, sagt Prof. Dr. Georg Hoffmann, Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg und Leiter der Studie. „Unser Ziel ist es zu einer wissenschaftlichen Grundlage für wichtige politische und gesellschaftliche Entscheidungen beizutragen: Was ist der aktuelle Stand in Baden-Württemberg im Hinblick auf Öffnungen von Kitas, Kindergärten und Schulen für die Sicherheit der Kinder, ihrer Familien und der Mitarbeiter?“

Schwere Erkrankungsverläufe mit COVID-19 bei Kindern sind nach vorliegenden Daten aus verschiedenen Ländern selten. Bisher veröffentlichte Studien zeigten, dass Kinder mit COVID-19 Infektion häufig keine Symptome wie Husten, Fieber und Durchfall haben bzw. die Symptomatik meist nur mild ausgeprägt ist (Lu et al. 2020, Wu JT et al. 2020). Eine kürzlich veröffentlichte bevölkerungsbasierte Studie aus Island berichtete, dass Kinder unter zehn Jahren deutlich seltener infiziert waren als Jugendliche und Erwachsene (Gudbjartsson et al. 2020), allerdings gibt es aus China auch Berichte, dass Kinder vergleichbar häufig infiziert, aber seltener krank werden; deswegen sind Daten für Baden-Württemberg notwendig.

 

Wie läuft die Studienteilnahme ab?

Es werden Studienteilnehmer aus Baden-Württemberg in die Studie eingeschlossen. Kind und Elternteil müssen im selben Haushalt leben. Die Teilnehmer beantworten einen Fragebogen u.a. zur familiären, beruflichen und Wohn-Situation, Gesundheitszustand, Betreuung in Kitas, Kindergärten, Schulen. In der Ambulanz der Kinderklinik werden von dem Kind und von dem begleitenden Elternteil je ein Nasen-/Rachenabstrich und eine Blutprobe (hierzu kann vorab das Kind auf Wunsch auch ein Pflaster bekommen, das die Haut an der Stelle betäubt) zur Bestimmung von SARS-CoV-2 im Nasen-/Rachenabstrich und zur Bestimmung von SARS-CoV-2 Antikörpern im Blut entnommen. Das Ergebnis wird den Teilnehmern im Nachgang mitgeteilt.

Die Untersuchungen haben keinen Einfluss auf den Gesundheitszustand der Studienteilnehmer und es findet keine Nachbeobachtung statt. Insgesamt beträgt der studienbedingte Zeitaufwand für die Teilnehmer ca. 15 Minuten plus individueller Anfahrt.