Heidelberg,
05
Dezember
2019
|
13:34
Europe/Amsterdam

Enzym mit Doppelfunktion: Fettverbrennung und Schutz des Herzens

Zusammenfassung

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg und des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) beschreiben Schlüsselenzym als Schutzmechanismus des Herzens/ Veröffentlichung in Nature Metabolism

Ein bestimmtes Proteinstück schützt das Herz vor nachlassender Pumpkraft. Wie dieses Schutzprotein gebildet wird, haben Professor Dr. Johannes Backs und Dr. Zegeye Jebessa, Wissenschaftler am Universitätsklinikum Heidelberg und am Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), jetzt in Zellkulturexperimenten und in Mäuseherzen herausgefunden. Eine Schlüsselrolle dabei spielt ein Enzym, das bislang nur aus dem Fettstoffwechsel bekannt ist. Das Enzym könnte ein neuer Angriffspunkt potentieller Therapieansätze bei Patienten mit Herzschwäche sein. Die aktuellen Studienergebnisse zeigen außerdem, dass Fetteinlagerungen in den Herzmuskelzellen vermutlich nicht wie bisher angenommen die Herzfunktion beeinträchtigen: Die Pumpleistung geschwächter Herzen verbesserte sich bei Mäusen durch Hinzufügen des Schutzproteins unabhängig davon, wie viel Fett in den Herzzellen eingelagert war. Die Ergebnisse sind aktuell im Journal Nature Metabolism erschienen.

Aus früheren Studien der Arbeitsgruppe ist bekannt, dass es sich bei dem herzschützenden Protein in Herzmuskelzellen um ein kleines Teilstück des Proteins HDAC4 handelt, es misst circa 20 Prozent der Gesamtgröße von HDAC4. Das Teilstück mit der Bezeichnung HDAC4-NT wird durch das Enzym ABHD5 von seinem Ursprungsprotein HDAC4 abgetrennt, wie die Wissenschaftler nun herausfanden. „Das ist eine überraschende Entdeckung, denn bisher wusste man von ABHD5 nur, dass es die Verdauung von gespeicherten Fettsäuren einleitet, und nicht dass es als Enzym Proteine schneiden kann“, sagt Professor Johannes Backs, Direktor des Instituts für Experimentelle Kardiologie am Universitätsklinikum Heidelberg und Sprecher des DZHK-Standortes Heidelberg/Mannheim. „Seine Schlüsselrolle in diesem Schutzmechanismus macht ABHD5 interessant für die Entwicklung zukünftiger Therapien bei Herzschwäche, zum Beispiel indem man es gezielt aktiviert. Denkbar sind neben Programmen zur Entwicklung maßgeschneiderter Medikamente auch Empfehlungen zum Lebensstil, durch den der Fettstoffwechsel so angekurbelt wird, dass das Enzym ABHD5 das schützende Teilstück von HDAC4 abtrennen kann. Weitere Untersuchungen müssen jetzt folgen, um die Untersuchungen an der Maus auf den Menschen zu übertragen.“

Bei Herzschwäche nur wenig aktives Enzym zu finden

In beiden Funktionen – Fettstoffwechsel und Schutz des Herzens – wird ABHD5 auf ein bestimmtes Signal hin aktiv: Benötigt der Körper mehr Energie, zum Beispiel bei sportlicher Belastung, werden Stresshormone ins Blut ausgeschüttet und setzen eine entsprechende Signalkette in Gang. Diese führt unter anderem dazu, dass ABHD5 den Fettabbau startet und eben auch – das zeigten die Heidelberger Forscher außerdem in ihrer aktuellen Arbeit – das herzschützende Protein HDAC4-NT entsteht. Dieses hemmt bestimmte Abläufe des Zuckerstoffwechsels, die das Herz schwächen.

In entnommenen Herzen von Patienten mit weit fortgeschrittener Herzschwäche, die ein Spenderorgan benötigten, fand das Team weniger aktives ABHD5 als in normal schlagenden gesunden Spenderherzen. Umgekehrt wiesen Herzmuskelzellen von Mäusen, denen ABHD5 fehlte, typische Anzeichen einer Herzschwäche auf und hatten übermäßig viel Fett eingelagert. Behandelten die Forscher solche Mäuseherzen mit dem Produkt von ABHD5, also HDAC4-NT, blieb die Herzfunktion fast komplett erhalten. Die gespeicherte Fettmenge veränderte sich jedoch nicht messbar. „Das widerspricht der gängigen Annahme, dass übermäßige Fetteinlagerung bei Erkrankungen wie Diabetes oder Adipositas zu einer schlechten Herzfunktion führen“, erläutert der Experimentelle Kardiologe. „Vielmehr sieht es so aus, dass beide Vorgänge unabhängig voneinander von ABHD5 eingeleitet werden und daher auch getrennt voneinander betrachtet werden müssen, um neue wirksame Therapien zu entwickeln.“

Ob sich die in Zellen und Mäusen erhobenen Ergebnisse im vollen Umfang auf den Menschen übertragen lassen, müssen die Heidelberger Forscher noch überprüfen. Derzeit suchen sie nach einem Wirkstoff, mit dem sie ABHD5 gezielt aktivieren können.

 

Literatur:

The lipid droplet-associated protein ABHD5 protects the heart through proteolysis of HDAC4.Jebessa ZH, Shanmukha Kumar D, Dewenter M, Lehmann LH, Xu C, Schreiter F, Siede D, Gong XM, Worst BC, Federico G, Sauer SW, Fischer T, Wechselberger L, Müller OJ, Sossalla S, Dieterich C, Most P, Gröne HJ, Moro C, Oberer M, Haemmerle G, Katus HA, Tyedmers J, Backs J.

Nat Metab. 2019 Nov;1(11):1157-1167. DOI: 10.1038/s42255-019-0138-4

 

Kontakt:

Prof. Dr. med. Johannes Backs

Direktor des Instituts für Experimentelle Kardiologie im Zentrum Innere Medizin (Analysezentrum 3) am Universitätsklinikum Heidelberg

Sprecher des Standortes Heidelberg/Mannheim des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und DZHK Professor

Tel.: 06221 56-7991

E-Mail: johannes.backs@med.uni-heidelberg.de

 

Kontakt Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung: Christine Vollgraf, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), Tel.: 030 3465 529 02, presse@dzhk.de