Heidelberg,
22
Juli
2022
|
15:59
Europe/Amsterdam

Jean Dussault-Medaille für Heidelberger Langzeitstudien zum Neugeborenen-Screening

Zusammenfassung

Privatdozentin Dr. Ulrike Mütze vom Universitätsklinikum Heidelberg von der "International Society for Neonatal Screening" (ISNS) für herausragende wissenschaftliche Leistungen geehrt / Studien belegen positive Auswirkungen des Neugeborenen-Screenings auf die weitere Entwicklung der Kinder mit angeborenen Stoffwechselerkrankungen: Die Frühdiagnostik in den ersten Lebenstagen bewahrt vor schweren Behinderungen und vermeidet Todesfälle / Langjährige Förderung der wissenschaftlichen Arbeiten durch die Dietmar Hopp Stiftung

Wie entwickeln sich Kinder, bei denen im Rahmen des Neugeborenen-Screenings eine angeborene Stoffwechselerkrankung diagnostiziert wurde? Lassen sich schwere Entwicklungsstörungen vermeiden oder eindämmen? Diese Fragen konnte Privatdozentin (PD) Dr. Ulrike Mütze, Kinderärztin am Dietmar-Hopp-Stoffwechselzentrum und Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD), mit Hilfe einer groß angelegten Langzeit-Studie beantworten. Für ihre Arbeiten ist sie nun von der internationalen Fachgesellschaft für Neugeborenen-Screening ("International Society for Neonatal Screening", ISNS) mit der Jean Dussault-Medaille geehrt worden. Die Auszeichnung ist mit 2.000 US-Dollar dotiert wird seit 2007 jährlich von der ISNS für herausragende Forschungsergebnisse im Bereich Neugeborenen-Screening vergeben.

Förderer des Neugeborenen-Screenings am Universitätsklinikum Heidelberg ist bereits seit mehr als 20 Jahren die Dietmar Hopp Stiftung, die in dieser Zeit rund 16 Millionen Euro für Forschungsprojekte und den Ausbau der Infrastruktur gespendet hat. Die nun ausgezeichneten Forschungsarbeiten sind Teil des Projekts NGS2020/ NGS2025 zur Langzeitentwicklung von Kindern und Jugendlichen mit angeborenen StoffwechseIerkrankungen nach Identifizierung im Neugeborenen-Screening, das von der Stiftung mit mehr als 2 Millionen Euro gefördert wird.

PD Dr. Ulrike Mütze ist als Studienärztin und -koordinatorin an verschiedenen nationalen und internationalen Netzwerk-Studien zu angeborenen Stoffwechselerkrankungen beteiligt. 2021 habilitierte sie sich mit ihren Arbeiten zur Langzeitentwicklung betroffener Kinder und leitet eine Forschungsgruppe zu diesem Thema.

Für die multizentrische Beobachtungsstudie wurden Kinder, die im Neugeborenen-Screening seit 1999 identifiziert wurden, in festgelegten Zeitabständen nachuntersucht, um herauszufinden, ob die frühe Diagnose Stoffwechselkrisen verhindern und den Gesundheitszustand der Kinder nachhaltig verbessern konnte. Diese mehr als 550 betroffenen Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind die weltweit größte Patientengruppe dieser Art mit den gleichzeitig längsten Nachbeobachtungszeiten. In ihren Auswertungen zeigte Dr. Mütze, dass die Mehrzahl der gescreenten Kinder von der frühen Diagnosestellung innerhalb des Untersuchungszeitraums nachhaltig profitierte. Zusätzlich belegte sie unabhängig davon in einer nationalen Patientenkohorte den Nutzen für die seltene Stoffwechselstörung Isovalerianazidurie, sowie für den angeborenen Vitamin-B12-Mangel, der noch nicht im Regelscreening enthalten ist. „Da der Vitamin-B12-Mangel durch die vorübergehende orale Gabe des Vitamins gut behandelt werden kann und die behandelten Kinder eine normale Entwicklung aufzeigten, sind diese Ergebnisse ein gutes Argument für die Aufnahme des Vitamin-B12-Mangels in das reguläre Screening“, so Dr. Mütze.

 

Bei jedem 1.000sten Neugeborenen wird beim Screening eine Krankheit entdeckt

Angeborene Stoffwechsel- und Hormonstörungen können unentdeckt zu Organschäden, körperlicher oder geistiger Behinderung oder sogar zum Tod führen. Das Neugeborenen-Screening ermöglicht eine frühe Diagnose und Behandlung. Im Dietmar-Hopp-Stoffwechselzentrum am UKHD werden jährlich Proben von mehr als 140.000 Neugeborenen aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland auf mittlerweile 19 Erkrankungen getestet. Etwa bei jedem tausendsten Kind wird eine Krankheit entdeckt. Im besten Fall gibt es ein passendes Medikament; anderen Betroffenen kann zum Beispiel durch eine lebenslange spezielle Diättherapie geholfen werden. Die Erweiterung des Neugeborenen-Screenings um weitere Erkrankungen ist Ziel aktueller Pilotprojekte am UKHD.

Weitere Informationen im Internet

Dietmar-Hopp-Stoffwechselzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg

Jean Dussault-Medaille

 

Literatur

Mütze U, Garbade SF, Gramer G, et al. Long-term Outcomes of Individuals With Metabolic Diseases Identified Through Newborn Screening. Pediatrics. 2020;146(5):e20200444. doi:10.1542/peds.2020-0444

Mütze U, Henze L, Gleich F, et al. Newborn screening and disease variants predict neurological outcome in isovaleric aciduria. J Inherit Metab Dis. 2021;44(4):857-870. doi:10.1002/jimd.12364

Mütze U, Walter M, Keller M, et al. Health Outcomes of Infants with Vitamin B12 Deficiency Identified by Newborn Screening and Early Treated. J Pediatr. 2021;235:42-48. doi:10.1016/j.jpeds.2021.02.009

Gramer G, Fang-Hoffmann J, Feyh P, et al. Newborn Screening for Vitamin B12 Deficiency in Germany-Strategies, Results, and Public Health Implications. J Pediatr. 2020;216:165-172.e4. doi:10.1016/j.jpeds.2019.07.052

Mütze U, Mengler K, Boy N, et al. How longitudinal observational studies can guide screening strategy for rare diseases [published online ahead of print, 2022 Apr 29]. J Inherit Metab Dis. 2022;10.1002/jimd.12508. doi:10.1002/jimd.12508

Kontakt

Priv.-Doz. Dr. Ulrike Mütze 
Sektion Neuropädiatrie und Stoffwechselmedizin
Dietmar-Hopp-Stoffwechselzentrum
Universitätsklinikum Heidelberg
Tel. 06221 56-4002
E-Mail: ulrike.muetze@med.uni-heidelberg.de