Heidelberg,
23
Juli
2020
|
13:49
Europe/Amsterdam

Malaria-Erreger nutzt molekularen Dietrich zum Einbruch in Zellen

Zusammenfassung

Heidelberger Wissenschaftler beschreiben im Online-Magazin „eLife“ neue Einsichten in Infektionsmechanismen des Parasiten Plasmodium

Wollen sich Krankheitserreger Zutritt zu Körperzellen verschaffen, benötigen sie einen Schlüssel in Gestalt eines exakt passenden Proteins. Nicht so der Malariaparasit Plasmodium, wie Wissenschaftler um Professor Dr. Friedrich Frischknecht vom Zentrum für Infektiologie, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg, nun herausgefunden und im Online-Magazin „eLife“ veröffentlicht haben. Das Protein TRAP verschafft dem Parasiten selbst dann Zutritt zu verschiedenen Zelltypen seiner Wirte, wenn es von den Forschern verändert zusammengesetzt wurde. „Die exakte Passform ist offensichtlich nicht entscheidend: Es erfüllt eher die Funktion eines molekularen Dietrichs. Damit kann der Parasit Zellen sowohl im Moskito als auch in Menschen „knacken“ und infizieren“, sagt Erstautor Dr. Dennis Klug aus der Arbeitsgruppe von Prof. Frischknecht. Ganz ohne diesen Dietrich geht es aus mehreren Gründen nicht: Parasiten, die nur ein unvollständiges Protein TRAP bildeten, konnten sich weder bewegen, noch in die Zellen eindringen.

Um seinen Lebenszyklus vollständig durchlaufen und sich effektiv vermehren und ausbreiten zu können, befällt der Malariaparasit Plasmodium Zellen sowohl im Moskito als auch im Menschen: Er dringt in die Speicheldrüsenzellen der Mücke ein, um dann, wenn diese einen Menschen sticht, mit dem Speichel der Mücke in die Haut zu gelangen. Von dort aus wandert er in Blutgefäße, lässt sich mit dem Blutstrom in die Leber transportieren und infiziert dort wiederum Leberzellen. „Wie Plasmodium die richtigen Zelltypen in zwei so verschiedenen Arten wie Mücke und Mensch erkennt und gezielt infiziert, ist bisher noch viel zu wenig verstanden“, erläutert Prof. Frischknecht.

 

Protein TRAP: Universalschlüssel über Artgrenzen hinweg

Die meisten Krankheitserreger, die Zellen anderer Organismen befallen, verfügen über Proteine an ihrer Oberfläche, die – ähnlich einem Schlüssel im passenden Schloss – ausschließlich zu bestimmten Strukturen ihrer Wirtszellen passen. Plasmodium hat gleich mehrere solcher „Protein-Schlüssel“, viele davon noch nicht näher erforscht. Das in der aktuellen Arbeit untersuchte Protein TRAP ist eines davon. Die Heidelberger Wissenschaftler zeigten u.a. am Mausmodell: Der Parasit benötigt insbesondere den vorderen Teil des Proteins, um sich durch die Haut zu bewegen, aber auch um in die Speicheldrüsenzellen der Mücke sowie die Leberzellen des Menschen einzudringen. Bei Verlust des Vorderteils gingen beide Funktionen verloren. Setzen die Forscher für den fehlenden Proteinteil entsprechende Stücke ähnlicher Proteine aus anderen Organismen ein, ließ sich die Funktion von TRAP teilweise wiederherstellen. Das war auch dann der Fall, wenn die Parasiten, aus denen die Ersatzteile stammten, weder Insekten- noch gezielt Leberzellen infizieren. „TRAP scheint also über Artgrenzen hinweg ein Universalschlüssel zu sein, der je nach Bedarf eingesetzt werden kann“, so Klug.

Therapeutisch nutzen lässt sich das neue Wissen derzeit nicht. „Aber nur ein fundiertes Verständnis der Infektionsmechanismen und Schwachstellen von Plasmodium wird uns in der Bekämpfung der Malaria weiterbringen“, hofft der Parasitologe Frischknecht. Bislang gibt es trotz langjähriger, intensiver Forschung noch keinen zuverlässigen Impfschutz gegen die weit verbreitete Tropenkrankheit.

 

Literatur

Evolutionarily distant I domains can functionally replace the essential ligand-binding domain of Plasmodium TRAP. Klug D, Goellner S, Kehrer J, Sattler J, Strauss L, Singer M, Lu C, Springer TA, Frischknecht F. Elife. 2020 Jul 10;9:e57572. doi: 10.7554/eLife.57572.PMID: 32648541

https://elifesciences.org/articles/57572

 

Weitere Informationen im Internet

Parasitologie des Universitätsklinikums Heidelberg

 

Kontakt

Prof. Dr. Friedrich Frischknecht
Abteilung Parasitologie
Zentrum für Infektiologie

Universitätsklinikum Heidelberg
Tel.: 06221 56-6537
E-Mail