Heidelberg,
15
Dezember
2022
|
06:23
Europe/Amsterdam

Neues Medikament gegen metastasierten Prostatakrebs nun auch in Europa zugelassen

Zusammenfassung

Die europäische Kommission hat am 13. Dezember 2022 einem Medikament gegen metastasierten Prostatakrebs die Zulassung erteilt, dessen Wirkstoff federführend vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Heidelberg und der Universität Heidelberg entwickelt wurde / Das Medikament kann die Überlebenschancen der Betroffenen erheblich verbessern. Die dem Medikament zugrundeliegende patentierte Erfindung sei ein herausragendes Beispiel für den Transfer exzellenter Forschungsergebnisse in die klinische Anwendung, so DKFZ-Vorstand Michael Baumann / Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ)

Das Medikament, das auf dem Wirkstoff Lutetium-177 PSMA-617 basiert, wurde am 13.12.2022 von der europäischen Kommission zugelassen für die Behandlung von metastasiertem Prostatakrebs, der das Oberflächenmolekül PSMA (prostataspezifisches Membran-Antigen) trägt. Bereits im März dieses Jahres hatte das Medikament die FDA-Zulassung für die USA erhalten. Die Zulassung ist beschränkt auf Patienten, die zuvor bereits eine Chemotherapie erhalten hatten und die nicht auf Hormonentzug ansprechen. Zulassungsinhaberin ist die Firma Novartis.

Dazu erklärt Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger:
„Durch exzellente und interdisziplinäre Forschung ist es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am DKFZ, dem Universitätsklinikum und der Universität Heidelberg gelungen, einen neuen Wirkstoff gegen Prostatakrebs zu entwickeln. Das ist ein großartiger Erfolg für die deutsche Krebsforschung, mit dem hoffentlich vielen Patienten geholfen werden kann. Hier zeigt sich beispielhaft das enorme Potenzial unserer Forschungslandschaft. Dabei ist der schnelle und erfolgreiche Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis der Schlüssel für eine bessere Zukunft."

„Männer mit fortgeschrittenem Prostatakrebs haben derzeit kaum noch aussichtsreiche Behandlungsoptionen. Dass diese Betroffenen nun endlich auch in Deutschland von Lutetium-177 PSMA-617 profitieren können, ist ein großer Erfolg für das DKFZ. Unsere Mission ist es, mit exzellenter Grundlagenforschung Wissen und Lösungen für die klinische Praxis zu liefern. Mit der Erfindung von Lutetium-177 PSMA-617 ist unseren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ein herausragendes Beispiel für diesen Transfer gelungen", sagt Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des DKFZ.

„Die Erfinder haben das klinische Potenzial des Wirkstoffs erkannt und gezielt die präklinische Entwicklung vorangetrieben. Wir haben früh die Rechte gesichert und nach Partnern in der pharmazeutischen Industrie gesucht, die die Weiterentwicklung zum Medikament übernommen haben. Diese konsequente Ausrichtung auf den Transfer zahlt sich nun aus – vor allem anderen auch für die betroffenen Patienten", sagt Ursula Weyrich, Kaufmännischer Vorstand des DKFZ.

Das von DKFZ, Universität Heidelberg und Universitätsklinikum Heidelberg erfundene und patentierte Lutetium-177 PSMA 617 wurde zunächst durch die ABX GmbH in Radeberg in klinische Studien gebracht und anschließend von Novartis bis zur Zulassung entwickelt. Die Zulassungen in den USA und der EU sind ein wichtiger gemeinschaftlicher Beitrag der genannten Partner im Kampf gegen Krebs. Derzeit wird bereits mit weiteren klinischen Studien geprüft, ob Lutetium-177 PSMA-617 auch Patienten mit metastasiertem Prostatakrebs, die zuvor noch keine Chemotherapie erhalten haben, einen Überlebensvorteil bringt.

Prostatakrebs ist mit 70.000 Neuerkrankungen/Jahr die häufigste Krebserkrankung und die zweithäufigste Krebstodesursache bei Männern in Deutschland. Ist der Tumor bei der Diagnose noch auf die Prostata beschränkt, so liegt die Wahrscheinlichkeit, die ersten fünf Jahre nach der Diagnose zu überleben, nahezu bei 100 Prozent, bei metastasierten Tumoren dagegen nur bei 30 Prozent.

Bei Lutetium-177 PSMA-617 handelt es sich um einen mit radioaktivem Lutetium-177 gekoppelten Liganden, der an das Prostata-spezifische Membranantigen, kurz PSMA, passgenau andocken kann. Die Mehrzahl aller Prostatakrebszellen trägt das Glykoprotein PSMA auf ihrer Zellmembran, im übrigen Körper kommt es dagegen kaum vor. Die Krebszellen nehmen den Wirkstoff ins Zellinnere auf, so dass er sich in den Tumoren anreichert und von innen heraus seine tödliche Strahlendosis abgibt. Das macht die Wirkung der Therapie besonders präzise und zielgenau.