Heidelberg,
12
Mai
2022
|
11:30
Europe/Amsterdam

Viruserkrankungen wie SARS-CoV-2 den Kampf ansagen

Zusammenfassung

Professor Dr. Ralf Bartenschlager erhält den Ernst Jung-Preis für Medizin 2022 für seine Forschungsarbeiten in der molekularen
Virologie / Pressemitteilung der Jung-Stiftung für Wissenschaft und Forschung

Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. h. c. Ralf Bartenschlager, Leiter der Abteilung Molekulare Virologie am Universitätsklinikum Heidelberg und der Abteilung Virus-Assoziierte Karzinogenese am Deutschen Krebsforschungszentrum, erforscht die Biologie sogenannter RNA-Viren. Mit seinen Arbeiten schaffte er beispielsweise die Grundlage für die Heilung von Schädigungen nach chronischer Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus, wie Leberzirrhose und Leberkrebs. Hierfür zeichnet ihn die Hamburger Jung-Stiftung für Wissenschaft und Forschung mit dem Ernst Jung-Preis für Medizin 2022 aus. Die mit insgesamt 300.000 Euro dotierte Auszeichnung geht jedes Jahr an Spitzenforscher_innen, deren Projekte heute und auch künftig zum medizinischen Fortschritt beitragen.

Zu den RNA-Viren zählen unter anderem das Hepatitis-C-Virus (HCV), das Dengue- und das Zika-Virus sowie das SARS-Coronavirus-2. Jedes dieser Viren bedrohte bereits in der Vergangenheit und auch heute noch die Gesundheit der Weltbevölkerung – jeweils auf seine eigene Art und Weise. Das HCV wird vorwiegend über Blutkontakte übertragen. Eine Infektion verläuft zunächst fast immer ohne Symptome, kann jedoch chronifizieren und zu ernsthaften Erkrankungen wie Leberzirrhose oder Leberkrebs führen. Das Dengue-Virus ist das weltweit häufigste durch Stechmücken übertragene Virus. Es verursacht jährlich bis zu 100 Millionen Fälle von Dengue-Fieber, vor allem in den Tropen und Subtropen. Beim Zika-Virus geht eine Ansteckung mit grippeähnlichen Symptomen einher, kann bei Schwangeren aber schwere Schädigungen des Fötus verursachen. Ein großflächiger Ausbruch des Zika-Virus in Lateinamerika führte dazu, dass die Weltgesundheitsorganisation 2016 einen Gesundheitsnotstand ausrufen musste. Und das SARS-Coronavirus-2 ist seit 2020 bekanntermaßen für eine weltweite Pandemie nie gekannten Ausmaßes verantwortlich.

 

Grundlagen schaffen und Leben retten

Prof. Dr. Ralf Bartenschlager gelang es nicht nur, die Biologie dieser Viren zu erforschen, sondern auch, seine Ergebnisse für die Praxis urbar zu machen. So führen die heute verfügbaren Medikamente zur Therapie der chronischen Hepatitis C, die alle mit den Zellsystemen von Ralf Bartenschlager entwickelt wurden, in rund 95 Prozent der Infektionen zur Heilung. Bei rechtzeitiger Therapie lassen sich damit auch Leberzirrhose und Leberkrebs verhindern. Anlässlich der SARS-CoV-2-Pandemie rief Ralf Bartenschlager außerdem eine Reihe von Forschungs- und Entwicklungsprojekten ins Leben, wie die Initiative fightCOVID@Heidelberg. Als nächsten Schritt plant er, in einer breit angelegten, vergleichenden Studie diejenigen viralen und zellulären Faktoren zu identifizieren, die für die Entstehung der viralen Vermehrungsstrukturen in infizierten Zellen notwendig sind. Dabei konzentriert er sich auf die sogenannten Plusstrang-RNA-Viren, zu denen HCV, Dengue- und Zika-Virus sowie das SARS-CoV-2 gehören. Die so gewonnenen Erkenntnisse sollen dann zur Entwicklung neuer antiviraler Therapiekonzepte genutzt werden. Hierbei sind vor allem solche viralen und zellulären Faktoren interessant, die sich für die Entwicklung antiviraler Wirkstoffe mit einer Breitbandwirkung eignen, um damit bei zukünftigen Pandemien besser vorbereitet zu sein.

 

Von der Polizei ins Labor: Der Werdegang von Professor Dr. Ralf Bartenschlager

Es ist ein auf den ersten Blick unwahrscheinlicher Jobwechsel: Nach einer Ausbildung zum Polizeibeamten entschied sich Ralf Bartenschlager dafür, sich einen Traum zu erfüllen und an der Universität Heidelberg Biologie zu studieren. Eine gute Entscheidung, denn noch heute ist für ihn die Wissenschaft nicht nur Mittel zum Zweck, sondern eine persönliche Berufung. „Ich war schon immer interessiert, naturwissenschaftlichen Dingen auf den Grund zu gehen, die Frage des „Warum“ zu beantworten.“ Diese Frage führte ihn quer durch Deutschland und für einige Zeit auch in die Schweiz, wo er seine Forschung am Hepatitis-C-Virus begann. 2002 kehrte er nach Heidelberg zurück, um die Stiftungsprofessur für Molekulare Virologie der Chica- und Heinz-Schaller-Stiftung zu übernehmen. Seit 2014 ist er zusätzlich Leiter der Abteilung „Virus-Assoziierte Karzinogenese“ am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und Sprecher des Forschungsschwerpunktes „Infektion, Entzündung und Krebs“ am dortigen Zentrum. In seiner Freizeit treibt er gern Sport und verbringt Zeit mit seiner Familie. „Meine Arbeit erfordert sehr viel Zeit, sicherlich mehr als ein regulärer Beruf. Damit ich dieser Tätigkeit in dieser Form nachgehen kann braucht es sehr viel Verständnis meiner Familie und deshalb bin ich vor allem meiner Frau und meinen drei Kindern extrem dankbar, dass sie dies mittragen.“

 

Ernst Jung-Preis für Medizin treibt Bartenschlagers Forschung voran

Mit der Jung-Stiftung und ihrem Gründungsgedanken „Humanmedizin auf dem Weg zu einer immer humaneren Medizin“ kann sich der renommierte Wissenschaftler gut identifizieren. „Wir leben in einer immer ‚schnelleren‘, hektischeren Welt, bei der sowohl der Zeitdruck als auch immer neue Aufgaben und Pflichten für Ärzt_innen und Pflegepersonal dazu führen, dass für Patient_innen immer weniger Zeit bleibt“, beschreibt Bartenschlager die aktuelle Situation im Gesundheitswesen. „Gleichzeitig brauchen wir auch Ärzt_innen und Wissenschaftler_innen, die sich – mit der bestmöglichen Ausbildung gewappnet – um zentrale Forschungsfragen kümmern.“ Mit der aktuellen Doppelbelastung – tagsüber in der Klinik stehen und sich nachts um die Forschung kümmern – könne das auf Dauer nicht funktionieren. „Wir brauchen adäquate Strukturen, damit Ärzt_innen und Wissenschaftler_innen überhaupt Zeit haben, sich auch in der
Forschung zu engagieren.“

2015 erhielt Ralf Bartenschlager für seine praxisrelevanten Forschungsarbeiten bereits den Robert-Koch-Preis und 2016 den Lasker-DeBakey Clinical Medical Research Award für klinischmedizinische Forschung. Den Ernst Jung-Preis für Medizin 2022 teilt er sich zu gleichen Teilen mit der Frankfurter Biochemikerin und Pharmakologin Prof. Dr. Ingrid Fleming. Beide erhalten jeweils 150.000 Euro zur Würdigung und weiteren Förderung ihrer Arbeiten. Die Jung-Stiftung engagiert sich seit über 40 Jahren für den Fortschritt der Humanmedizin. Mit dem Ernst Jung-Preis für Medizin sowie zwei weiteren Preisen unterstützt sie die Wissenschaft mit jährlich mehr als einer halben Million Euro. 

Weitere Informationen im Internet

Diese Pressemitteilung auf der Homepage der Jung-Stiftung (folgt)