03
August
2018
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00:00
Europe/Amsterdam

Vom Starstechen zum Laserskalpell

Zusammenfassung

Vor 150 Jahren wurde die Universitäts-Augenklinik Heidelberg gegründet / Heute international führend bei chirurgischen Eingriffen im vorderen Augenabschnitt sowie der Implantat- und Biomaterialforschung

Das 19. Jahrhundert war das Jahrhundert der Augenheilkunde, in dem sich die noch junge Fachdisziplin rasant entwickelte und emanzipierte. Diesem Trend wollte man sich in Heidelberg selbstverständlich nicht verschließen: Vor genau 150 Jahren, am 3. August 1868, eröffnete die Universitäts-Augenklinik Heidelberg unter Leitung des neu berufenen Ärztlichen Direktors Prof. Dr. Otto Becker, der zudem den ersten Lehrstuhl für Augenheilkunde als selbstständiges Fach besetzte. Die Weichen dafür waren bereits 50 Jahre zuvor gelegt worden: 1818 wurde Maximilian Josef Chelius zum ersten Heidelberger Ordinarius für Chirurgie und Augenchirurgie ernannt und damit das Fach fest im Behandlungs- und Lehrplan der Chirurgischen Universitätsklinik verankert. Zu Feiern gibt es daher neben dem runden Geburtstag der Klinik auch das 200-jährigen Bestehen der Augenchirurgie am Heidelberger Universitätsklinikum.

Höhepunkt des Jubiläumsjahres: die Heidelberger Helmholtztage

Seitdem hat sich die Augenheilkunde in fulminantem Tempo weiterentwickelt - weltweit wie auch in Heidelberg: Heute ist die Universitäts-Augenklinik international führend im Bereich der Labor- und klinischen Studien zu chirurgischen Eingriffen im vorderen Augenabschnitt sowie der Implantat- und Biomaterialforschung. Schwerpunkte sind unter anderem Einsatzmöglichkeiten modernster Laser in der Augenchirurgie sowie die Entwicklung neuartiger Kunstlinsen. Ihr Ärztlicher Direktor Prof. Dr. Gerd U. Auffarth zählt laut Ranking der renommierten Fachzeitschrift "The Ophthalmologist" zu den weltweit einflussreichsten Persönlichkeiten der Augenheilkunde.

Höhepunkt des Jubiläumsjahrs, aus dessen Anlass das Team der Augenklinik mehrere Fachtagungen und Fortbildungen veranstaltet, sind die Heidelberger Helmholtztage (30.11.-1.12.) mit einem Festakt am 30. November. Neben aktuellen Themen wie modernen Verfahren in der Behandlung des Grauen Stars und der Alterssichtigkeit, der Glaukom-, Netzhaut- und refraktiven Chirurgie sowie Lasertechnologie steht insbesondere bei dem Festakt in der Alten Aula der Universität auch ein Blick auf die Historie der Augenheilkunde in Heidelberg auf dem Programm. Zudem ist noch bis Ende des Jahres eine Ausstellung von medizinhistorischen Geräten im Bereich der Augenambulanz öffentlich zu besichtigen.

Ein Blick zurück in die Geschichte der Augenheilkunde

Auch wenn die Augenheilkunde erst in den letzten 200 Jahren in den europäischen Kliniken Fuß fasste und sich geradezu sprunghaft weiterentwickelte, gehen ihre Ursprünge doch sehr weit zurück: Babylonische Schriften berichten über Augenoperationen vor mehr als 3.600 Jahren, im alten Ägypten gab es rund 1.000 Jahre später bereits spezielle Ärzte für Augenbehandlungen. In den Jahrzehnten vor der Eröffnung der Universitäts-Augenklinik Heidelberg überschlugen sich dann, insbesondere im deutschsprachigen Raum, gewissermaßen die Ereignisse: die erste Universitätsklinik für Augenkranke in Wien öffnete 1813 ihre Tore, dank Mikroskopie verstand man endlich die Funktionsweise des Auges, der Augenspiegel - entwickelt von Herrmann von Helmholtz, der 13 Jahre eine Professur in Heidelberg inne hatte - ermöglichte den Blick auf den Augenhintergrund, der Grüne Star wurde erstmals operiert. "Was sich allerdings allein in den letzten 30 Jahren in der Augenheilkunde getan hat, lässt einen einfach nur staunen", so Prof. Gerd Auffarth, der an der Universitäts-Augenklinik als spezialisierte Forschungseinrichtungen das International Vision Correction Research Center (IVCRC) und das David J. Apple Laboratory for Ocular Pathology aufbaute.

Neue Operationsmethoden, moderne Biomaterialien und große Fortschritte bei Implantaten

Allein die Anzahl der Operationen des Grauen Stars hat sich in Deutschland in dieser Zeit um das Fünffache auf knapp 1.000.000 pro Jahr gesteigert. "Insgesamt haben sich die Methoden in der Augenchirurgie komplett gewandelt - von manuellen Techniken hin zu bildgebungsgeführten Verfahren unter Einsatz von Ultraschall und sogenannten Femtosekundenlasern. Es stehen heute eine Vielzahl an Biomaterialien und Implantaten zur Verfügung. So gibt es beispielsweise große Fortschritte im Bereich der Kunstlinsen, die inzwischen ähnlich der Gleitsichtbrille scharfes Sehen in verschiedenen Entfernungen, die Korrektur von Fehlsichtigkeiten oder vergrößertes Sehen bei altersbedingter Makuladegeneration ermöglichen. Die operative Behandlung des Grünen Stars sowie die Transplantationschirurgie der Hornhaut haben sich speziell in den letzten zehn Jahren dramatisch weiterentwickelt. In allen diesen Bereichen waren Heidelberger Forschungsgruppen entscheidend beteiligt", betont Auffarth. Beispielsweise wurde in Heidelberg die weltweit erste multifokal-torische Intraokularlinse, die gleichzeitig Alterssichtigkeit und Hornhautkrümmung korrigiert, implantiert, viele weitere Implantate und chirurgische Geräte wurden in der Augenklinik des Heidelberger Universitätsklinikums erstmals im Rahmen von Studien eingesetzt.

Laser statt Skalpell in der Augenchirurgie

Mit dem Femtosekundenlaser setzen Augenchirurgen innerhalb von Sekundenbruchteilen und mit höchster Präzision Schnitte beispielsweise in die Hornhaut des Auges. "Bei der Entwicklung dieser Technologie haben wir von Anfang an mit lokalen Heidelberger Firmen zusammengearbeitet. Zunächst kam sie bei der Laserkorrektur von Fehlsichtigkeiten zum Einsatz. Inzwischen ersetzt der Laser auch bei Hornhauttransplantationen und Grauen Star-Operationen das Skalpell - beide Verfahren haben wir in Heidelberg mitentwickelt und teilweise deutschlandweit erstmals eingesetzt", erläutert Prof. Gerd Auffarth. Weitere aktuelle Schwerpunkte sind der Einsatz von extrem kleinen Mikro-Stents beim Grünen Star (Glaukom), welche den Abfluss des Kammerwassers verbessern und so den Augendruck senken. Ihre Entwicklung wurde von Anfang an in Heidelberg mitgetragen. Die Augenklinik ist darüber hinaus ein Zentrum zur Behandlung der Makuladegeneration: Ein sogenannter SurgiCube, eine Art hochmoderner Mini-OP, in den Patienten ihren Kopf schieben können, erlaubt es, Medikamente gegen die Makuladegeneration unter sterilen OP-Bedingungen direkt ins Auge zu spritzen. Die aufwendige Nutzung eines Operationssaals, mit entsprechender Vorbereitung der Patienten, ist damit nicht mehr erforderlich. Da die Klinik sich an zahlreichen internationalen Studien beteiligt, stehen den Heidelberger Patienten zudem in der Regel die neuesten Medikamente zur Verfügung.

Weitere Informationen im Internet

Information der Universitäts-Augenklinik Heidelberg:
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Augenheilkunde-und-Poliklinik.325.0.html
Zur Forschung: International Vision Correction Research Centre
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/IVCRC-Startseite.120575.0.html
David J. Apple International Laboratory for Ocular Pathology:
http://www.djapplelab.com

Online-Bilderstrecke:
https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Bildergalerien.114812.0.html