Heidelberg,
19
Dezember
2022
|
14:01
Europe/Amsterdam

Wer kann am besten mit Patientinnen und Patienten? Neues Auswahlverfahren für das Medizinstudium in Heidelberg bewertet speziell sozial-kommunikative Fähigkeiten

Zusammenfassung

Das Testverfahren „Interaktionelle Kompetenzen Medizin“ (IKM) beurteilt die sozial-kommunikative Eignung für den Arztberuf / Zwischenmenschliche Begabungen von Studieninteressierten werden mit Schauspiel-Patientinnen und -Patienten getestet / Anmeldung zum IKM nach erfolgreicher Teilnahme am „Test für Medizinische Studiengänge“ ab 3. Januar möglich / Voraussichtlich 15 Studienplätze im Wintersemester 2023/2024 für die erfolgreichsten Teilnehmenden des IKM reserviert / Test wird langfristig wissenschaftliche begleitet und stetig optimiert

Talente für den Arztberuf erkennen – das ist das Ziel der Verfahren, mit denen Hochschulen ihre Studierenden für das Medizinstudium auswählen. Bisher werden dabei vor allem die Abiturnote sowie Ergebnisse aus medizinisch-fachlichen Eignungstestverfahren berücksichtigt. Ergänzt wird das Auswahlverfahren im Fach Humanmedizin an der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg (MFHD) jetzt durch eine neu entwickelte Eignungsprüfung: Der Test „Interaktionelle Kompetenzen Medizin“ (IKM) bewertet speziell die sozial-kommunikative Eignung für den Arztberuf der Studieninteressierten.

Im IKM müssen die Teilnehmenden typische Herausforderungen des Arzt-Alltags kommunikativ bestehen. Mit geschulten und erfahrenen Patienten-Schauspielerinnen und -Schauspielern werden Konflikte wie Terminunstimmigkeiten oder nicht eingehaltene Medikamentenpläne simuliert. Die Szenen werden auf Video festgehalten und von den speziell qualifizierten Prüfungs-Teams bewertet. Für das Wintersemester 2023/2024 wird der IKM erstmalig ergänzend zu den bisherigen Auswahlverfahren eingesetzt. Voraussichtlich 15 Studienplätze Humanmedizin an der MFHD sind dann für die besten Absolventen des IKM reserviert. Bewerben kann sich ab 3. Januar 2023, wer bereits den „Test für Medizinische Studiengänge“ (TMS) erfolgreich absolviert hat. Auf dem Ergebnis des TMS basiert die Vorauswahl für die 45 Teilnahmeplätze des IKM.

Die Perspektive zukünftiger Patientinnen und Patienten im Zentrum der Studierendenauswahl

„Zahlreiche Studien belegen, dass Patientinnen und Patienten gesundheitlich und seelisch von sozial-kommunikativen Fähigkeiten ihrer Behandler profitieren. Damit entsprechende Kompetenzen bei der Studierendenauswahl berücksichtigt werden können, hat unsere Arbeitsgruppe Studierendenauswahl den IKM entwickelt“ sagt Professorin Sabine Herpertz, Studiendekanin der MFHD. „Das Bewertungs-Schema beruht auf einem wissenschaftlich etablierten Verfahren zur Beurteilung von sozialer Interaktion. Es enthält Kriterien, die entscheidend sind für die Arzt-Patienten-Beziehung beispielsweise Einfühlungsvermögen, Zugewandtheit und die Fähigkeit, Gespräche zu strukturieren,“ so Herpertz, die sich als Psychiaterin seit vielen Jahren wissenschaftlich auf die Erforschung gelungener und misslungener sozialer Interaktion in Familien, Partnerschaften oder anderen Beziehungs-Konstellationen fokussiert.

Die Entwicklung des IKM wurde durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg über drei Jahre gefördert. „Für die Entwicklung haben Studierende der MFHD im ersten Semester probehalber am IKM teilgenommen“, sagt Tim Wittenberg, Leiter der Arbeitsgruppe Studierendenauswahl. Die Ergebnisse hat das Team um Wittenberg ausgewertet und auch die Teilnehmenden sowie die Schauspielerinnen und Schauspieler befragt. Auf dieser Grundlage wurden unter anderem die Prüfungs-Szenarien oder auch die Schulungsunterlagen für die Prüfungsteams immer wieder optimiert. Zudem ist der IKM als Langzeit-Studie konzipiert. „Wir werden die Studierenden, die über den IKM ihren Studienplatz erworben haben, durch ihr Studium begleiten und untersuchen, inwieweit das Abschneiden im IKM den Studienerfolg vorhersagen kann“ sagt Wittenberg.

„Medizin ist dem Patientenwohl verpflichtet“ sagt Prof. Herpertz, die auch als Ärztliche Direktorin der Klinik für Allgemeine Psychiatrie des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) tätig ist. „Der IKM ist ein wichtiger Schritt, um diesen Grundsatz der medizinischen Versorgung, Forschung und Lehre noch fester in der Studierendenauswahl zu verankern.“

Medizin-Campus Heidelberg ist Keimzelle für herausragende Lehre

Mit der Einführung des IKM setzt die Gruppe Studierendenauswahl der MFHD eine lange Tradition innovativer und preisgekrönter Lehr- und Prüf-Formate am Standort Heidelberg fort: die Arbeit mit Patienten-Schauspielerinnen und -Schauspielern wurde zunächst als Bestandteil der studentischen Lehre an der MFHD eingeführt – ein Lehr-Angebot, das von zahlreichen Hochschulen in Deutschland übernommen wurde. Auch der etablierte TMS, besser bekannt als „Mediziner-Test“, der das Verständnis naturwissenschaftlicher und medizinischer Zusammenhänge bewertet, wird an der MFHD intensiv beforscht. Er wird heute an nahezu allen Medizinischen Fakultäten zur Studierendenauswahl eingesetzt und jedes Jahr aus Heidelberg zentral für ganz Deutschland durch die Abteilung TMS-Koordination, die Tim Wittenberg ebenfalls leitet, organisiert.

Weitere Informationen im Internet

Details zum IKM, Fristen und Anmeldung (Anmeldung ab 3. Januar 2023)

Details zum TMS, Fristen und Anmeldung (Voraussetzung für den IKM)

Koordinierungsstelle IKM und TMS an der MFHD

Kontakt

Professorin Sabine Herpertz
Studiendekanin, Studiendekanat
Medizinische Fakultät Heidelberg
Ärztliche Direktorin, Klinik für Allgemeine Psychiatrie
Universitätsklinikum Heidelberg

Sabine.Herpertz@med.uni-heidelberg.de

Tim Wittenberg
Abteilungsleiter, Arbeitsgruppe Studierendenauswahl
Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg

Tim.Wittenberg@med.uni-heidelberg.de

 

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