Seite 10 - Jahresbericht 2010-2011 Chirurgische Klinik

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Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie
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Chirurgische Ordinarien
Maximilian Josef von Chelius
Ordinarius von 1818 bis 1864
Maximilian Chelius´ wissenschaf tliche Karriere
war außergewöhnlich. Er begann mit 15 Jahren
das Medizinstudium, promovier te mit 18 Jahren
und wurde mit 23 Jahren Ordinarius für Chirur-
gie. Diese Abfolge stellt zusammen mit der
Tatsache einer insgesamt 46-jährigen Amtszeit
einem deutschen, wenn nicht sogar einen Welt-
rekord einer akademischchirurgischen Karriere
dar. Es ist nicht anzunehmen, dass diese Karri-
ere zeitlich jemals überboten wird. Unter seiner
Leitung nahm die chirurgische Universitätsklinik
Heidelberg einen über regional bedeutsamen
Aufschwung. Zu seinen berühmten Patienten
gehörte Frédéric Chopin, der eine Fingervereite-
rung erfolgreich behandeln ließ. Im Jahre seines
50-jährigen Doktorjubiläums bat Chelius 1864
mit 70 Jahren um Versetzung in den Ruhestand.
Vincenz Czerny
Ordinarius von 1876 bis 1906
Vincenz Czerny, folgte Gustav Simon auf den
Lehrstuhl für Chirurgie. Czerny galt als einer der
markantesten und for tschrit tlichsten Persön-
lichkeiten des ausgehenden 19. Jahrhunder ts.
Durch Studien in Prag und Wien erwarb er eine
breite naturwissenschaf tliche Ausbildung. Die
klinische Ausbildung begann er zunächst als In-
ternist. Über Tierversuche zur Speiseröhre- und
Kehlkopfchirurgie gelangte er in die Chirurgie.
1871 konnte sich Czerny in Wien für das Fach Chi-
rurgie habilitieren. Im gleichen Jahr wurde er als
chirurgischer Ordinarius nach Freiburg gerufen.
1877 folgte der Ruf nach Heidelberg berufen,
wo er die neu errichtete Klinik leiten konnte. In
seine Amtszeit fällt die Entwicklung erster Voll-
narkoseformen und der Asepsis. Sein intensives
experimentelles Programm diente im Wesent-
lichen der wissenschaftlichen Entwicklung einer
praktischen Chirurgie. Er beschrieb zahlreiche
Standardoperationen an Speiseröhre,- Magen-
und Urogenitaltrakt sowie in der operativen
Frauenheilkunde. Die Rufe nach Prag, Würzburg
und Wien lehnte Czerny ab. Die von ihm begrün-
deten Jahresberichte sind mit Unterbrechungen
bis heute Standard in der Heidelberger Klinik.
Im Jahre 1906 trat Czerny zurück, um sich dem
Aufbau des ersten Instituts für Krebsforschung
zu widmen.
Albert Narath
Ordinarius von 1906 bis 1910
Alber t Narath folgte Czerny auf den Lehrstuhl
der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg.
Narath machte sich einen Namen als Anatom mit
Studien über den Bronchialbau und verschie-
denen Hernienformen. Sein Werk als Chirurg ist
vielfältig und lässt keine echten Schwerpunkte
erkennen. Seine Publikationen betref fen unter
anderem Magenoperationen, Darmausschal-
tung, Lymphzysten, Entwicklung eines künst-
lichen Kehlkopfes, Operation von Krampfadern
der Hoden, zu zystenar tige Luf tgeschwulst der
Ohrspeicheldrüse und Bauchnet zplast iken.
Narath war es nur wenige Jahre vergönnt die
Heidelberger Klinik zu leiten. Bereits im Jahre
1910 musste er im Alter von 45 Jahren aus Ge-
sundheitsgründen von seinem Amt zurücktreten. 
Karl Maximillian Willhelm Wilms
Ordinarius von 1910 bis 1918
Max Wilms sollte ursprünglich Jura studieren.
Berei ts nach einem Semester wechsel te er
aber zur Medizin. Nach der Promotion in Bonn
mit einer Arbeit über die Ösophagusresekti-
on, führ te auch ihn der Weg zur Chirurgie über
die Pathologische Anatomie. Aus dieser Zeit in
Giesen stammt die Monograf ie über die Misch-
geschwülste, die seinerseits großes Aufsehen
erregte. Wilms entwar f ein einfaches Quecksil-
bermanometer zur Druckmessung im Spinalka-
nal, den Vorläufer der heutigen Hirndrucksonde.
1899 habilitier te sich Wilms und wurde durch
seine Arbeit „Ileus aus chirurgischer Sicht“
rasch bekannt (Ileus: Darmverschluss). 1907
wurde er als Ordinarius nach Basel gerufen. 1910
nahm er den Ruf als Nachfolger Naraths an die
Universitätsklinik Heidelberg an. Sein Arbeits-
schwerpunkt ergab sich in der Röntgendiagnos-
tik sowie der Strahlenbehandlung von Tumoren
sowie der Tuberkulose. Für die Behandlung der
Tuberkulose führ te er die Lungenkompression
nach Rippenteilresektion ein. Sein Lehrbuch
erreichte sieben Auf lagen und wurde in sechs
Sprachen übersetzt.
Gustav V. Simon
Ordinarius von 1867 bis 1876
Gustav Simon folgte Karl Otto Weber auf den chi-
rurgischen Lehrstuhl der Universität Heidelberg.
Er hatte sich als praktischer Arzt und Militärchi-
rurg ausbilden lassen. Anschließend war er als
niedergelassener Chirurg tätig und erwarb sich
hier einen überregionalen Ruf als Fisteloperateur
im Urogenitalbereich. Zahlreiche Publikationen
entstanden auf dem Krankenlager, an das er
wegen eines Hüftleidens phasenweise gefesselt
war. 1861 wurde er als Ordinarius nach Rostock
berufen. 1867 nahm er einen Ruf nach Heidel-
berg an. Simon gelang 1869 die erste er folg-
reiche Nierenentfernung der Welt in Heidelberg.
Simon gilt als der eigentliche geistige Vater der
Deutschen Gesellschaf t für Chirurgie. Die Deut-
sche Gesellschaf t für Chirurgie wurde 1872 un-
ter dem Vorsitz von Bernhard von Langenbeck in
Berlin gegründet.
Karl Otto Weber
Ordinarius von 1865 bis 1867
Kar l Ot to Weber studier te in Bonn und Par is
und wandte sich neben der Medizin auch den
Naturwissenschaf ten zu. 1853 habilitier te er
sich im Fach Chirurgie. Da der Bonner Lehrstuhl
anderweitig vergeben wurde, widmete er sich
zunächst der Pathologischen Anatomie. 1856
wurde Karl Otto Weber zum Nachfolger von Che-
lius berufen. Die Medizinische Fakultät war gut
beraten, auf diesen wichtigen Lehrstuhl einen
Mann zu berufen, der aus dem damals jüngsten
und sehr zukunftsträchtigen Gebiet der Medizin
kam, der pathologischen Anatomie. Weber be-
herrschte neben den chemischen Analysen alle
anatomischen, histologischen und histogene-
tischen Möglichkeiten (Histologie: Wissenschaft
von den Geweben des menschlichen Körpers;
Histogenese: Ausbildung der verschiedenen
Organgewebe aus undif ferenzier tem Embr yo-
nalgewebe). Sein Eintreten für bauliche Verän-
derungen war der Hauptanstoß zum Neubau des
Klinikums in Heidelberg/Bergheim.