Seite 36-37 - KlinikTicker Ausgabe1 M

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TITELTHEMA
Fit für die
Intensivstation
Im Intensivmedizinseminar werden Studenten praktisch auf die
Versorgung von Schwerstkranken vorbereitet
Um später einmal souverän mit Schwerst-
kranken umgehen zu können, werden ange-
hende Ärzte am Klinikum bereits im Medi-
zinstudium fit für die Arbeit auf der
Intensivstation gemacht. Im Rahmen des
2001 eingeführten Heidelberger Curriculum
Medicinale (HeiCuMed) absolvieren alle
Studenten ein Intensivmedizinseminar, in
dem sie neben einem Therorieblock auch
praktisch auf die Versorgung von intensiv-
pflichtigen Patienten vorbereitet werden.
Der Kurs ist Teil der zweiwöchigen Ausbil-
dung im Fachbereich Anästhesiologie im so
genannten chirurgischen Block im ersten
oder zweiten klinischen Semester, erklärt
Dr. Thomas Böker-Blum, Bereichsoberarzt
der Interdisziplinären Operativen Intensiv-
station und HeiCuMed-Koordinator am Kli-
nikum.
In kleinen Gruppen von sechs bis maximal
acht Personen lernen die angehenden Me-
diziner zunächst verschiedene Beat-
mungsformen kennen, die auf der Inten-
sivstation standardmäßig zum Einsatz
kommen. Einige nicht-invasive Methoden,
wie etwa der Einsatz von Beatmungsmas-
ken, werden dabei von dem Dozenten de-
monstriert. Im zweiten Schritt sollen die
Studenten anhand von ausgewählten Pati-
entenbeispielen Therapieschemata nach-
vollziehen: Was tun bei Polytrauma-Pati-
enten? Wie wird eine schwere Sepsis
richtig behandelt? So erlernen die Stu-
denten etwa am Fall des Sepsis-Patienten
die Anwendung des „Heidelberger Sepsis
Pathways“, einer Therapieempfehlung für
eine gezielte und schnelle Behandlung,
die das Team der Anästhesiologischen
Universitätsklink nach internationalen Be-
handlungsempfehlungen erarbeitet hat.
Eine Sepsis ist eine schwere Entzündung,
die sich als Folge einer schweren Erkran-
kung, einer infizierten Verletzung oder
postoperativ entwickelt und anschließend
im gesamten Körper ausbreitet. Im
schlimmsten Fall führt sie zu Multiorgan-
versagen und gilt damit als häufigste To-
desursache auf den Intensivstationen.
Schmerztherapie mit
Katheter oder PCA-Pumpe
Ein zentraler Behandlungsbestandteil ist für
viele Patienten auf einer Intensivstation
auch die Schmerztherapie. Dieser widmen
sich die Studenten schließlich im letzten Teil
desSeminares. Hier lernen sie, wieSchmerz-
mittel bereits postoperativ im Aufwachraum
mittels Katheter oder PCA-Pumpe verabrei-
cht und richtig dosiert werden. Im Rahmen
der Patientenkontrollierten Analgesie (PCA)
können sich die Patienten dabei über eine
spezielle Infusionspumpe in festgelegten
Zeitabständen eine bestimmte Dosis an
Schmerzmitteln über einen Schalter selbst
verabreichen. Die Studenten ermitteln ei-
genständig Schmerz-Scores und beurteilen,
welche Therapiemethode für den jeweiligen
Patienten am geeignetsten ist.
Insgesamt ist die Intensivmedizin auch ein
fester Bestandteil des Stundenplans für
angehende Anästhesisten. Sie üben ne-
ben verschiedener Narkosetechniken auch
die Grundlagen der intensivmedizinischen
Versorgung am Heidelberger Anästhesie-
und Notfall-Simulator HANS. Der künst-
liche Patient mit lebensechtem Kreislauf,
Stoffwechsel, Atmung, Hirnfunktionen und
Pharmakokinetik und -dynamik kommt zu-
dem bei Schockraumsimulationen für jun-
ge Assistenzärzte und Pflegende zum Ein-
satz, bei denen der Patient vor der
Aufnahme auf die Intensivstation erstver-
sorgt werden muss.
dz
Das Legen eines zentralvenösen Katheters (ZVK) lernen die Medizinstudenten in einem
Intensivmedizinseminar im ersten oder zweiten klinischen Semester. Ein ZVK ist Vo-
raussetzung für die aufwendige medikamentöse Infusionstherapie von Intensivpati-
enten und sollte von jedem Intensivmediziner gelegt werden können.
„Die Anforderungen sind hoch“
Weiterbildung zur Anästhesie- und Intensivpflege setzt Maßstäbe
Welche unterschiedlichen Narkoseformen
gibt es? Wie begleitet man kritisch Kranke
und ihre Angehörigen in der Zeit auf der In-
tensivstation? UndwelcheMöglichkeiten der
nicht invasiven Beatmung gibt es? Diese und
viele weitere Themen stehen im Mittelpunkt
der zweijährigen, berufsbegleitenden Wei-
terbildung für Anästhesie und Intensivpfle-
ge, die am Klinikum bereits seit 1972 – da-
mals allerdings noch in anderer Form
– angeboten wird.
„Die Anforderungen an die Teilnehmer
sind vielfältig und hoch“, erklärt Dipl. Pfle-
gepädagoge Andreas Motzkus, Leiter der
Weiterbildung. Die Pflegenden müssen
zum einen die Schulbank drücken, zum an-
deren werden sie zu jeweils mindestens
600 Stunden auf operativen und konserva-
tiven Intensivstationen sowie in den Auf-
wachräumen der Anästhesie eingesetzt.
Dort findet – ähnlich wie bei den anderen
Ausbildungen im Pflegebereich – prak-
tischer Unterricht statt, der von Praxisan-
leitern und Mentoren begleitet und evalu-
iert wird. „Neben der Beherrschung von
intensivspezifischen Pflegetechniken und
dem Erkennen von physischen und psychi-
schen Veränderungen bei Patienten ist es
wichtig, dass die Pflegenden schnell und
flexibel auf sich ändernde Pflegesituati-
onen reagieren“, so Andreas Motzkus.
Gleich mehrere Abschluss-
arbeiten mit Preisen bedacht
Ihr Examen – und somit die Erlaubnis, die
Berufsbezeichnung Fachkrankenschwester
bzw. -pfleger für Intensivpflege und Anäs-
thesie tragen zu dürfen – erlangen die Teil-
nehmer nach Bestehen einer praktischen,
mündlichen und schriftlichen Prüfung.
Letztere wird in Heidelberg in Form einer
Abschlussarbeit abgelegt, in der sich die
Absolventen umfangreich mit einem kon-
kreten intensiv- oder anästhesiespezi-
fischen Thema beschäftigen. Mehrere Hei-
delberger Arbeiten wurden in den letzten
Jahren mit Preisen bedacht – so wurden
Ingo Meyer 2010 („Das Bobath Konzept
heute – viel Lärm um nichts?“) und aktuell
Dominik Metzdorf (siehe Seite 41) in Bre-
men mit dem Hanse-Pflegepreis ausge-
zeichnet. Und über den Reutlinger DGF-
PULSION Intensivpflegepreis freuten sich
2011 Andreas Tremml („Bauchlagerung zur
kinetischen Therapie des akuten Lungen-
versagens“) und 2012 Janka Förster („Prä-
und postoperative Pflege bei hepatozellu-
läremKarzinomundLebertransplantation“).
Die Heidelberger Weiterbildung setzt also
auch bundesweit Maßstäbe – und darum
ist der kommende Kurs auch schon längst
ausgebucht.
Ausführliche Informationen zu allen drei
Fachweiterbildungen gibt es im Internet
unter www.afg-heidelberg.de.
cf
Kontakt
Akademie für Gesundheitsberufe AfG
Weiterbildung Anästhesie u. Intensivpflege
Leiter Andreas Motzkus
Wieblinger Weg 19 , 69123 Heidelberg
Telefon: 06221 / 56 6116
E-Mail: afg.fwaundi@med.uni-heidelberg.de
Qualifikation zur
IMC-Pflegefachkraft
Die Qualifikation zur Pflegefachkraft im In-
termediate Care Bereich, die mit stei-
gender Anzahl entsprechender Stationen
zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist
speziell auf die pflegerischen Anforderun-
gen im IMC Bereich zugeschnitten. Die
Weiterbildung dauert zehn Monate.
Claudia Moderow, Praxisanleiterin und stellvertre-
tende Stationsleitung der neurologischen Inten-
sivstation in der Kopfklinik, zeigt Catja Bahr die
Bedienelemente des Überwachungsmonitors.
Weiterbildung für Pädiatrische Intensivpflege
Die Intensivpflege von Neugeborenen und Kindern unterscheidet sich deutlich von der Pfle-
ge bei Erwachsenen. Einsatz und Dosierung bestimmter Medikamente, Besonderheiten bei
Sedierung und Beatmung oder spezielle Pflegetechniken werden stark von Körpergröße,
Gewicht und Zustand der kleinen Patienten bestimmt und erfordern von den Pflegenden
flexibles Denken und individuell angepasstes Handeln. Dies alles und noch viel mehr lernen
die Anwärter zur pädiatrischen Intensivpflegekraft in einer zweijährigen Weiterbildung.
Kontakt:
Weiterbildung für Pädiatrische Intensivpflege, Leiterin Karen Tegtmeyer
Im Neuenheimer Feld 153 , 69120 Heidelberg
Tel: 06221 / 56 8396, E-Mail: Karen.Tegtmeyer@med.uni-heidelberg.de