Heidelberg,
19
Oktober
2023
|
07:54
Europe/Amsterdam

Brustkrebsmonat Oktober: Patientensicht macht klinische Forschungsprojekte noch wertvoller

Patientinnen und Patienten stärker in die Krebsforschung einzubinden, gehört zu den Zielen des Patientenbeirats des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg. Anne Müller, Koordinatorin des Patientenbeirats NCT Heidelberg, Leiterin des NCT-Lotsendienstes, NCT-Selbsthilfebeauftragte und Patientenvertreterin im NCT-Patientenforschungsrats, weiß wie wichtig diese Zusammenarbeit ist.

Wie sind Sie mit dem Thema Brustkrebs  in Kontakt gekommen und inwiefern denken Sie, dass Versorgung und Forschung von der Patientenperspektive profitieren kann? 

Nach der Brustkrebsdiagnose meiner Mutter war ich mit Mitte 30 selber damit konfrontiert mich mit dem Thema erblicher Brustkrebs auseinanderzusetzen. Mit diesem Hintergrund bin ich schon lange in der bundesweiten Selbsthilfeorganisation BRCA-Netzwerks-Hilfe bei familiären Krebserkrankungen aktiv und kenne die Herausforderungen und Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten sehr gut. 

Im Versorgungsalltag einer Klinik werden Patientinnen und Patienten schon länger mit ihrem Feedback gehört, um beispielsweise Abläufe oder Angebote zu verbessern. Genauso wichtig ist es bei Forschungsprojekten die Expertise und Bedürfnisse der Betroffenen einzubeziehen. Dabei ist es durch die rasche Entwicklung der medizinischen Forschung und der wachsenden Landschaft an neuen Therapieansätzen extrem wichtig, die eigentliche Zielgruppe mitzunehmen. Durch Aktivitäten wie den Patientenbeirat des NCT Heidelberg und den NCT-Patientenforschungsrat der bundesweiten NCT-Standorte gelingt es nun feste und offizielle Strukturen für die Einbindung der Patientenvertreter als Forschungspartner festzulegen.

Patientenvertreterinnen und -vertreter sollten in allen Phasen der Forschung – von der Formulierung der Fragestellung über die Aufklärungsmaterialien bis zur Verwertung der Forschungsergebnisse – eingebunden werden und ihre Erfahrungen mit einbringen können. Wenn dies auf Augenhöhe mit den Wissenschaftlern sowie Ärztinnen und Ärzten gelingt, ist es ein Gewinn für alle Beteiligten. Die Patienten profitieren beispielsweise davon, dass Beschreibungen der klinischen Studie verständlich und nachvollziehbar und die Abläufe auch in ihren Alltag integrierbar und bewältigbar sind. Die Forschenden können wiederum sicher sein, dass ihr Forschungsprojekt besser verstanden wird und sie somit ggf. besser Probanden gewinnen und die Patienten in ihrer Studie zufriedener sind.

Wir befinden uns gerade im Brustkrebsmonat Oktober. Welche Themen sind besonders bei der Entwicklung von Studien für Brustkrebspatientinnen relevant?

Brustkrebs ist ein sehr weibliches Thema. Viele Patientinnen bekommen Brustkrebs in einer Lebenssituation in der sie zudem viele Rollen spielen - unter anderem als Mutter, Berufstätige, Ehefrau oder Freundin. Zum Glück ist unsere Gesellschaft offener geworden was das Thema und die damit verbundenen Herausforderungen betrifft und viele teilen sich heute mit Ihren Gedanken, Gefühlen und Erfahrungen offen mit. Aus meiner Arbeit in der Selbsthilfe weiß ich, dass es den Frauen oft hilft sich austauschen und Fragen stellen zu können. Sie tun sich selbst viel Gutes, wenn sie sich aktiv einbringen können und dürfen. Das kann auf der Ebene der Selbsthilfe sein, durch das Nutzen der Angebote von Beratungsdiensten, aber auch durch die Partizipation an Forschungsprojekten. Hier sind die Frauen eine wichtige Ergänzung und Bereicherung zu den Sichtweisen der Forschenden.

Wie genau sieht die Mitarbeit der Patientenvertreterinnen und -vertreter bei einem Forschungsprojekt aus?

In der Regel melden sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beim Patientenbeirat des NCT Heidelberg oder direkt bei der jeweiligen Selbsthilfegruppe mit der Frage, ob wir ihnen eine Patientin oder einen Patienten für ein konkretes Forschungsentwicklungsprojekt vermitteln können. Wir geben diese Anfrage dann an unsere Mitglieder und bringen Interessierte mit den Forschenden zusammen. Meist findet anschließend ein erstes Treffen statt, bei dem die geplante Studie genauer vorgestellt , aber auch Erwartungen und Fragen geklärt werden. Danach starten die eigentlichen Prozesse und die Zusammenarbeit über einen längeren Zeitraum. Dabei werden beispielsweise Beschreibungen der Studienabläufe ausgetauscht, um sie möglichst verständlich zu formulieren oder auch Behandlungsabschnitte besprochen und ggf. nach dem Patienten-Feedback angepasst. Wichtig ist hierbei, dass es nicht darum geht sich in das Handwerk der Forschenden zu mischen, sondern die Studie durch die explizite und individuelle Patientensicht wertvoll zu machen.

Allgemeine Informationen zum Thema Brustkrebs

Sie sind Krebspatientin oder Krebspatient, Angehöriger, Freund oder Interessierter und haben Fragen zu Krebs? Der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) bietet aktuelles Wissen, Hilfe und individuelle Informationen zur Bewältigung von Krebs.

Informationen des Krebsinformationsdienstes (KID) zu Brustkrebs

Telefon: 0800 - 420 30 40
täglich von 8 bis 20 Uhr, Anruf kostenlos
E-Mail: krebsinformationsdienst@dkfz.de

Kontakt

Anne Müller
Koordination des Patientenbeirats NCT Heidelberg
Selbsthilfebeauftragte NCT Heidelberg
Leiterin Lotsendienst NCT Heidelberg
Patientenvertreterin im NCT-Patientenforschungsrat
Im Neuenheimer Feld 460
69120 Heidelberg
anne.mueller@med.uni-heidelberg.de