Heidelberg,
05
August
2021
|
10:29
Europe/Amsterdam

Medikamentöse Therapie bei angeborener Entwicklungsstörung

Forschungspreis für Heidelberger Kinderärzte

Zusammenfassung

Patientenorganisation „Tuberöse Sklerose Deutschland e.V.“ fördert mit 10.000 Euro weitere Forschung zur Therapie bei angeborener Entwicklungsstörung am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg

Lassen sich kindliche Entwicklungsstörungen in Folge eines bestimmten genetischen Defekts mit Medikamenten verhindern? Dr. Afshin Saffari und Dr. Steffen Syrbe vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg erforschen Verträglichkeit und Nutzen spezieller Medikamente bei Kindern mit der seltenen Erkrankung „Tuberöse Sklerose“ und sind für ihre Arbeiten nun mit dem Forschungspreis 2021 des Patientenvereins „Tuberöse Sklerose Deutschland e.V.“ ausgezeichnet worden. Die untersuchten Wirkstoffe sind bereits für die Therapie bei Tumoren, die bei dieser Erkrankung häufig auftreten, bei Kindern über zwei Jahren zugelassen. Die Mediziner zeigten, dass die Medikamente auch von jüngeren Kindern und Säuglingen gut vertragen werden. Nun soll eine Anschluss-Studie zeigen, ob die frühe Behandlung die geistige Entwicklung der betroffenen Kinder verbessern sowie neurologische Störungen mildern kann. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert. Die Arbeiten der Heidelberger Kinderärzte zur Erforschung therapieschwerer Epilepsien werden außerdem seit 2018 von der Dietmar Hopp Stiftung unterstützt.

Bei der tuberösen Sklerose ist aufgrund genetischer Defekte ein bestimmter zellulärer Signalweg, der eine wichtige Rolle insbesondere bei der Gehirnentwicklung spielt, überaktiviert. Betroffene haben ein hohes Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen, Autismus und schweren Epilepsien bereits ab dem Säuglingsalter. Darüber hinaus treten häufig und früh Tumoren am Herzen, den Nieren und im Gehirn auf. Seit einigen Jahren werden zur Behandlung dieser Tumoren bei tuberöser Sklerose bestimmte Medikamente eingesetzt, die den überaktivierten Signalweg (mTOR-Signalweg) hemmen. „Die Wirkung auf diese Tumoren ist bereits gut belegt“, sagt Dr. Saffari. „Wir wollen herausfinden, ob diese Medikamente, früher verabreicht, auch das Risiko kindlicher Entwicklungsstörungen mit Epilepsie, Autismus und geistiger Behinderung senken können.“

Einen ersten Schritt haben die beiden Kinderärzte mit ihrer nun ausgezeichneten Arbeit geleistet: Sie werteten die Daten von 17 Kindern unter zwei Jahren aus, die in den letzten Jahren in Deutschland aufgrund von Einzelfallentscheidungen bereits mit diesen Medikamenten behandelt wurden . Ihr Ergebnis: Die Medikamente sind bei einem frühen Einsatz im Kindes- und sogar Säuglingsalter sicher und verträglich. „Die Ergebnisse liefern die Grundlage für weitere Studien zum Nutzen einer früh einsetzenden Therapie und wecken Hoffnung auf eine langfristige Verbesserung der Entwicklungschancen dieser Kinder“, ergänzt Dr. Syrbe. Eine entsprechende bundesweite prospektive Studie unter Heidelberger Federführung wurde aktuell zur Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) empfohlen und soll im kommenden Jahr beginnen.

Mehr zur Stiftung

Vor 25 Jahren gründeten Eltern erkrankter Kinder eine Selbsthilfegruppe für Betroffene. Nachdem Anke Koch bereits seit 1999 als Schirmherrin dem Selbsthilfeverein Tuberöse Sklerose Deutschland e.V. (TSDeV) mit Rat und Tat zur Seite steht, hat auch ihr Mann Roland Koch im September 2010, nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Hessischen Ministerpräsidenten, die Schirmherrschaft übernommen. 2012 entschlossen sich beide dazu, ihr Engagement zu erweitern und die „Deutsche Tuberöse Sklerose Stiftung“ zu gründen. Inzwischen ist es Verein und Stiftung gelungen, ein bundesweites Netz für Beratung und medizinische Betreuung zu knüpfen, das allen Betroffenen schnelle und ortsnahe Hilfe durch Spezialisten ermöglicht. Dazu gehören auch Erholungsmaßnahmen und soziale Begleitprogramme.

Kontakt

PD Dr. Steffen Syrbe, Dr. Afshin Saffari
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
Universitätsklinikum Heidelberg

Steffen.syrbe@med.uni-heidelberg.de
Afshin.saffari@med.uni-heidelberg.de