Heidelberg,
12
Januar
2024
|
10:44
Europe/Amsterdam

Neue Erkenntnisse und Therapieansätze bei Sarkomen

Zusammenfassung

Forschende am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg haben den molekulargenetischen Hintergrund eines neu entdeckten Sarkomsubtyps aufgeklärt, der bei Kindern und Erwachsenen auftritt. Aus den Forschungsergebnissen leiten sich mehrere potenzielle Therapieansätze ab, die zukünftig klinisch getestet werden sollen. / Pressemitteilung des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg.

Weichteilsarkome sind bösartige Tumoren des Bindegewebes. Sie sind selten und zeichnen sich durch histologische Vielfalt sowie einen variablen klinischen Verlauf aus, der von langsam fortschreitend bis hin zu sehr aggressiv und metastasierend reicht. Hierzu gehört auch die Gruppe der Rhabdomyosarkome, die Eigenschaften von bösartig veränderten Skelettmuskelzellen haben. Forschende am DKFZ und am NCT Heidelberg haben einen erst kürzlich entdeckten Subtyp der Rhabdomyosarkome untersucht, der durch Fusionen des Gens TFCP2 mit verschiedenen Partnergenen charakterisiert ist.

Rhabdomyosarkome mit TFCP2-Fusionen treten insbesondere in der Kopf- und Halsregion auf, sind sehr aggressiv und verlaufen in der Regel tödlich, da sie nicht auf Standardtherapien ansprechen. Bisher war ihre molekulare Entstehung weitgehend unverstanden. Claudia Scholl, Leiterin der Abteilung für Angewandte Funktionelle Genomik am DKFZ und NCT Heidelberg, sagt: „Durch unsere sehr detaillierten funktionellen und mechanistischen Untersuchungen im Labor konnten wir die Entstehung dieser Erkrankung aufklären und so Schwachstellen in den Tumorzellen finden, die man therapeutisch ausnutzen kann.“

Der Ansatz zur Forschung im Labor hat sich aus dem Präzisionsonkologie-Programm DKFZ/NCT/DKTK MASTER ergeben, in dem der damals noch unbekannte Sarkomsubtyp mehrfach aufgefallen war. Zusätzlich haben die Forschenden Patienten des INFORM-Projekts integriert, das krebskranke Kinder mit einem Rückfall aufnimmt. Auf diese Weise entstand eine altersgruppenübergreifende Betrachtung und Projektkooperation.

Durch die molekulare Analyse von Patienten und detaillierte Laboruntersuchungen konnten die Forschenden zeigen, dass es sich bei den Tumoren mit TFCP2-Fusionen vermutlich um einen eigenständigen Sarkomsubtyp handelt, der nicht als Rhabdomyosarkom klassifiziert werden sollte. Zudem konnten gleich mehrere potenzielle Ansätze zur zielgerichteten Behandlung dieser aggressiven Erkrankung aufgedeckt werden.

Stefan Fröhling, Geschäftsführender Direktor am NCT Heidelberg und Leiter der Abteilung für Translationale Medizinische Onkologie am DKFZ, sagt: „Die Studie liefert wichtige Ergebnisse und bildet zugleich ein Musterbeispiel für den gesamten Kreis der Translation. Klinisch verankerte Analysen in MASTER und INFORM führen zu eingehenden Untersuchungen im Labor. Die dort entdeckten neuen therapeutischen Ziele spielen wir in die Klinik zurück und verbessern so hoffentlich die Behandlung einer Patientengruppe, deren Erkrankung bisher zu wenig erforscht und versorgt war.“

MASTER: Molecularly Aided Stratification for Tumor Eradication Research
INFORM: INdividualized Therapy FOr Relapsed Malignancies in Childhood

Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg

Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD), der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe. Ziel des NCT ist es, vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung möglichst schnell in die Klinik zu übertragen und damit den Patienten zugutekommen zu lassen. Dies gilt sowohl für die Diagnose als auch die Behandlung, in der Nachsorge oder der Prävention. Die Tumorambulanz ist das Herzstück des NCT. Hier profitieren die Patienten von einem individuellen Therapieplan, den fachübergreifende Expertenrunden, die sogenannten Tumorboards, erstellen. Die Teilnahme an klinischen Studien eröffnet den Zugang zu innovativen Therapien. Das NCT ist somit eine richtungsweisende Plattform zur Übertragung neuer Forschungsergebnisse aus dem Labor in die Klinik. Das NCT kooperiert mit Selbsthilfegruppen und unterstützt diese in ihrer Arbeit. Seit 2015 hat das NCT Heidelberg in Dresden einen Partnerstandort. In Heidelberg wurde 2017 das Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) gegründet. Die Kinderonkologen am KiTZ arbeiten in gemeinsamen Strukturen mit dem NCT Heidelberg zusammen.

https://www.nct-heidelberg.de/

Literatur

Julia Schöpf, Sebastian Uhrig, Christoph E. Heilig, Kwang-Seok Lee, Tatjana Walther, Alexander Carazzato, Anna Maria Dobberkau, Dieter Weichenhan, Christoph Plass, Mark Hartmann, Gaurav D. Diwan, Zunamys Carrero, Claudia R. Ball, Tobias Hohl, Thomas Kindler, Patricia Rudolph-Hähnel, Dominic Helm, Martin Schneider, Anna Nilsson, Ingrid Øra, Roland Imle, Ana Banito, Robert B. Russell, Barbara C. Jones, Daniel B. Lipka, Hanno Glimm, Daniel Hübschmann, Wolfgang Hartmann, Stefan Fröhling, Claudia Scholl: Multi-Omic and Functional Analysis for Classification and Therapeutic Targeting of Sarcomas with FUS-TFCP2 or EWSR1-TFCP2 Fusions; Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-023-44360-2

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