Heidelberg,
05
Februar
2020
|
15:55
Europe/Amsterdam

Erste zugelassene Gentherapie für Kinder mit Blutkrankheit Thalassämie

Zusammenfassung

Neue Therapie kann bei bestimmten Patienten lebenslange Bluttransfusionen entbehrlich machen / Universitätsklinikum Heidelberg ist das erste qualifizierte Behandlungszentrum für diese seltene Blutkrankheit / Behandlung der Patienten erfolgt an der Klinik für Pädiatrische Onkologie, Hämatologie und Immunologie, die gleichzeitig Teil des Hopp-Kindertumorzentrums Heidelberg (KiTZ) ist.

An der Klinik für Pädiatrische Onkologie, Hämatologie und Immunologie des Universitätsklinikums Heidelbergs ist ab sofort die Behandlung einer bestimmten Form der Erbkrankheit Thalassämie, der seltenen transfusionsabhängigen β-Thalassämie (TDT), mit einer neuen Gentherapie möglich. „Diese Form der Thalassämie stellt eine enorme Belastung der Betroffenen dar und kann deren Lebenserwartung deutlich reduzieren“, sagt Professor Andreas Kulozik, Ärztlicher Direktor der Klinik und Leiter des klinischen Programmes des KiTZ (Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg).

Thalassämien sind eine Gruppe von Erkrankungen, bei denen der rote Blutfarbstoff Hämoglobin nicht richtig gebildet wird. Die Betroffenen müssen lebenslang alle drei bis vier Wochen Bluttransfusionen über sich ergehen lassen. Außerdem ist eine Behandlung zur Ausscheidung von im Körper angereichertem Eisen notwendig, da die Funktion von lebenswichtigen Organen ansonsten bedroht ist.

 

Gen für Hämoglobinbildung wird in Blutstammzellen eingeschleust

Bei der neuen Therapie wird ein intaktes Gen, das in der Lage ist, gesundes Hämoglobin zu bilden, in die Blutstammzellen des Patienten eingeschleust. Hierzu werden Stammzellen aus dem Knochenmark des Patienten entnommen und mit dem Medikament behandelt. Danach erhält der Patient seine eigenen Stammzellen zurück, die nun gesunde rote Blutkörperchen und normalen Blutfarbstoff bilden können.

Mit der Gentherapie behandelt werden darf nur eine kleine Gruppe TDT-Patienten mit genau definiertem Krankheitsbild: Das Medikament mit dem Namen Zynteglo, das von der US-amerikanischen Firma „bluebird bio“ entwickelt wurde, steht Patienten ab einem Alter von 12 Jahren zur Verfügung, die bestimmte genetische Merkmale haben (keinen β0/β0-Genotyp) und die für die besondere Form der Stammzelltransplantation (so genannte hämatopoetische Stammzellen (HSZ)–Transplantation) geeignet sind. Weiteres Kriterium ist, dass für die Patienten kein geeigneter verwandter Stammzellspender zur Verfügung steht (ein so genannter humaner Leukozyten-Antigen (HLA)-kompatibler, verwandter HSZ-Spender). Die Behandlung eines Patienten kostet circa 1,5 Millionen Euro und wird vor Behandlungsbeginn mit den Krankenkassen vereinbart.

„Wir gehen davon aus, dass rund zehn Patienten pro Jahr an unserem Zentrum von einer solchen Therapie profitieren können“, sagt Kulozik. Im Rahmen einer klinischen Studie im Vorfeld der Zulassung, haben Kulozik und sein Team zwei Patienten erfolgreich mit der neuen Gentherapie behandelt. Das Universitätsklinikum Heidelberg ist das erste qualifizierte Behandlungszentrum. Um diese komplexe Behandlung anbieten zu können, müssen die Stammzelltransplantationseinheit der Kinderklinik, die Leukapherese- und GMP-Einheit der Medizinischen Klinik V, das IKTZ (Institut für Klinische Transfusionsmedizin und Zelltherapie) und die Firma Bluebird Bio eng zusammenarbeiten.

Thalassämien sind weltweit die am weitesten verbreitete vererbte Blutkrankheit und wahrscheinlich die häufigste durch eine Genmutation verursachte Erkrankung überhaupt. Im Kampf gegen Thalassämie gab es bislang nur die Knochenmark- oder Blutstammzelltransplantation als mögliche heilende Behandlung. Doch fast die Hälfte der betroffenen Kinder und Jugendlichen findet keinen passenden Stammzellspender.

 

Das Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ)

Das „Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg“ (KiTZ) ist Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums, des Universitätsklinikums Heidelberg und der Universität Heidelberg. Das KiTZ ist gleichzeitig Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Es verfolgt das Ziel, die Biologie kindlicher Krebs- und schwerer Bluterkrankungen wissenschaftlich zu ergründen und vielversprechende Forschungsansätze eng mit der Patientenversorgung zu verknüpfen – von der Diagnose über die Behandlung bis hin zur Nachsorge. Viele junge Patienten können an klinischen Studien teilnehmen und erhalten damit Zugang zu neuen Therapieoptionen. Beim Übertragen von Forschungserkenntnissen aus dem Labor in die Klinik übernimmt das KiTZ damit Vorbildfunktion.

 

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg: Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang

Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit fast 2.000 Betten werden jährlich rund 65.000 Patienten vollstationär, 56.000 mal Patienten teilstationär und mehr als 1.000.000 mal Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum und der Deutschen Krebshilfe hat das Universitätsklinikum Heidelberg das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg etabliert, das führende onkologische Spitzenzentrum in Deutschland. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.700 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg.

 

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ)

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

 

Ansprechpartner für die Presse

Dr. Elke Matuschek
Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ)
Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Im Neuenheimer Feld 130.3
69120 Heidelberg
T: +49 (0) 6221 56 36434
E-Mail: e.matuschek@kitz-heidelberg.de
E-Mail: presse@kitz-heidelberg.de
www.kitz-heidelberg.de

Doris Rübsam-Brodkorb
Leiterin Unternehmenskommunikation & Pressesprecherin Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
T: +49 6221 56-5052 F: +49 6221 56-4544
E-Mail: doris.ruebsam-brodkorb@med.uni-heidelberg.de
www.klinikum.uni-heidelberg.de

Dr. Sibylle Kohlstädt
Kommunikation und Marketing
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
T: +49 6221 42 2843
F: +49 6221 42 2968
E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
E-Mail: presse@dkfz.de
www.dkfz.de