Heidelberg,
08
Dezember
2023
|
13:18
Europe/Amsterdam

3 Fragen an Dr. Noemi Bender, Leiterin der Stabsstelle für Nachhaltigkeit und Klimaschutz

Zusammenfassung

Seit September 2022 gibt es am UKHD die Stabsstelle für Nachhaltigkeit und Klimaschutz, die von Dr. Noemi Bender geleitet wird. Doch was genau versteht man eigentlich unter Nachhaltigkeit? Und welche Aufgaben gibt es in einem Großklinikum wie dem UKHD zu bewältigen? Wir haben uns mit Dr. Noemi Bender unterhalten.

Wie sind Sie zu der Stelle gekommen und haben Sie sich schon immer für Klima- und Umweltthemen interessiert?

Das war eher ein Umweg. Als kleines Kind wollte ich laut meiner Mutter nach einem Besuch im Naturkundemuseum zu Greenpeace, um Wale zu retten. Aber dann habe ich Umwelt und Wale für viele Jahre aus den Augen verloren, stattdessen wurde in Chemie mein Interesse für Biochemie geweckt. Ich wollte wissen, wie Krankheiten auf molekularer Ebene entstehen und geheilt werden können. Also habe ich in Freiburg Molekulare Medizin studiert. Mich hat vor allem die Interaktion zwischen Immunsystem und Krebs fasziniert. Durch die Erforschung von Immuntherapien wollte ich dazu beitragen, dass Krebserkrankte nicht nur größere Überlebenschancen haben, sondern auch an Lebensqualität gewinnen.

Erst 2018 wurde mir durch die Großdemos von Fridays for Future bewusst, wie stark die ökologischen Krisen unsere Gesundheit bedrohen, unseren Wohlstand gefährden und jetzt schon unsere Lebensqualität einschränken. Durch meine Zeit bei Scientists for Future ist mir klar geworden, dass ich durch meine Forschung und Arbeit diese Krisen indirekt verstärkt habe. Die Forschung und der Gesundheitssektor sind sehr energie- und ressourcenintensiv und haben negative Umweltauswirkungen. Mit ca. 5 Prozent hat der Gesundheitssektor einen größeren Anteil an den Treibhausgasemissionen in Deutschland als der Flugverkehr. Ich wollte und will diesen Widerspruch auflösen. Ich möchte daran mitwirken, dass Gesundheitsversorgung, Forschung und Lehre ökologisch nachhaltig werden und nicht schaden, also bin ich von der Krebsforschung ins Nachhaltigkeitsmanagement gewechselt.

 

Was ist Nachhaltigkeit überhaupt und welche Aufgaben haben Sie als Leiterin der Stabsstelle?

Der Begriff der Nachhaltigkeit kommt ursprünglich aus der Forstwirtschaft. Es geht darum, so zu wirtschaften, dass sich das System regenerieren kann, man also nur so viele Ressourcen entnimmt, wie auch wieder nachwachsen. Übertragen auf die heutige Zeit leben wir nicht nachhaltig oder „enkelgerecht“. Wir verbrauchen momentan die Ressourcen von drei Erden, um unseren Lebensstil zu ermöglichen.

Als Leiterin der Stabsstelle ist meine Arbeit am UKHD super abwechslungsreich, weil Nachhaltigkeit und Klimaschutz in jedem Bereich unseres Klinikums eine Rolle spielen. So denkt man z. B. bei Nachhaltigkeit und Klimaschutz am Klinikum zuerst an Energie (also Strom, Wärme und Kälte), Mobilität, Abfallvermeidung bzw. -recycling und Ernährung. Aber weil fast alles, was wir tun, einen Einfluss auf das Klima und unsere Umwelt hat, beschäftige ich mich auch mit der Artenvielfalt (Biodiversität) an unseren Standorten, mit Neubauten und Sanierungen, Narkosegasen und mit den Treibhausgas-Emissionen der Dinge, die wir einkaufen. Im Prinzip also alles – vom Bleistift über Medikamente, Laryngoskopspatel bis zum MRT.

Und weil wir die Auswirkungen der Klimakrise schon heute erleben, ist ein weiteres Handlungsfeld die Anpassung an die Auswirkungen der globalen Erhitzung. Für uns in Heidelberg sind vor allem zunehmende Hitzeperioden relevant, aber auch auf Extremwetterereignisse wie Stürme und Fluten nach Starkregen müssen wir uns vorbereiten: kurz das UKHD resilienter gegenüber solchen Ereignissen machen, um die Patientenversorgung sicherzustellen und unsere Patientinnen und Patienten sowie unsere Mitarbeitenden zu schützen.

Dr. Noemi Bender, Leiterin der Stabsstelle für Nachhaltigkeit und Klimaschutz am UKHD

Die nachhaltige Entwicklung des UKHD ist eine Mammutaufgabe, das schaffen wir nur mit allen Mitarbeitenden gemeinsam. Deshalb erarbeiten wir momentan eine Nachhaltigkeitsstrategie für das UKHD. Teil der Strategie ist es, eine Kommunikationsstruktur aufzubauen, damit wir alle Bereiche im Klinikum erreichen und auch Rückmeldungen zu Nachhaltigkeits-Maßnahmen bekommen.

Dr. Noemi Bender, Leiterin der Stabsstelle für Nachhaltigkeit und Klimaschutz am UKHD

Welche Projekte stehen aktuell an und was planen Sie für die Zukunft?

Momentan liegt der Fokus der Stabsstelle auf vier Bereichen:

1) Mobilität : Nachhaltige Mobilität ist Gesundheitsschutz. Mehr Bewegung im Alltag durch Radfahren und Gehen senkt das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen. E-Mobilität verbessert die Luftqualität und verringert die Lärmbelastung. Deshalb fördert das UKHD den ÖPNV durch den Jobticket-Zuschuss, wir bauen 2024 die Radabstellanlagen aus, die KSG elektrifiziert unseren Fuhrpark und vieles mehr. Wir haben sogar schon einen E-LKW.

2) Speiseversorgung : Wir arbeiten eng mit der Küche zusammen, um das Speiseangebot nicht nur nachhaltiger, sondern auch gesünder zu machen. Durch hohe Treibhausgasemissionen, die Bodenbelastung und den Biodiversitätsverlust belasten vor allem tierische Lebensmittel die Umwelt. Eine stärker pflanzenbasierte Ernährung ist dazu gesund. Sie senkt z.B. das Risiko für verschiedene Krebs- und Herz-Kreislauferkrankungen.

3) Nachhaltigkeit in der Organisationsstruktur implementieren: Die nachhaltige Entwicklung des UKHD ist eine Mammutaufgabe, das schaffen wir nur mit allen Mitarbeitenden gemeinsam. Deshalb erarbeiten wir momentan eine Nachhaltigkeitsstrategie für das UKHD. Teil der Strategie ist es, eine Kommunikationsstruktur aufzubauen, damit wir alle Bereiche im Klinikum erreichen und auch Rückmeldungen zu Nachhaltigkeits-Maßnahmen bekommen.

4) Mitarbeitersensibilisierung: Die meisten Mitarbeitenden wissen, dass wir ins handeln kommen müssen, um unsere Umwelteinflüsse zu minimieren. Die meisten wollen auch etwas tun, wissen aber noch nicht wie. Meine Aufgabe und die der Stabsstelle ist es, nach Innen und Außen zu kommunizieren, dass es geht und wie es geht.

Aus der Reihe “3 Fragen an…”

Etwa 15.000 Menschen aus 125 Nationen arbeiten in über 140 Berufen an der Heidelberger Universitätsmedizin. Als Ärztinnen, Pfleger, Forschende, IT-Spezialistinnen oder Köche sind sie täglich im Dienste medizinischer Forschung und Lehre und bestmöglicher Patientenversorgung im Einsatz. In der Rubrik “3  Fragen an…” stellt das Redaktions-Team der “My UKHD” App, der Mitarbeiter-App am Universitätsklinikum Heidelberg, einige von ihnen anhand eines kurzen Interviews vor. 

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