Heidelberg,
30
Oktober
2023
|
15:11
Europe/Amsterdam

Die Ärztin mit der Trillerpfeife

Zusammenfassung

Dr. Wiebke Frede arbeitet als angehende Kinderärztin in der pädiatrischen Kardiologie der Kinderklinik des Universitätsklinikums Heidelberg. Nach Feierabend tauscht sie ihr Stethoskop gegen die Trillerpfeife und macht sich auf den Weg ins Stadion. 

Wiebke Fredes Begeisterung für Fußball entfachte früh – dafür sorgte ihre fußballverrückte, aus Duisburg stammende Großmutter, die bereits in Zeiten, als Frauenfußball noch verboten war, leidenschaftlich kickte – hin und wieder sogar mit den Spielern der legendären Weltmeisterschaft-Mannschaft von 1954. Frede spielte selbst nie im Verein Fußball. „Es gab keine Juniorinnenmannschaften in der Nähe meines Wohnortes“, sagt die gebürtige Rheinländerin, die in Eppelheim und Weinheim aufgewachsen ist. „Daher war ich als Jugendliche im Handball aktiv.“

 

Im Studium Interesse an der Spielleitung geweckt

Während ihres Medizinstudiums, mit dem sie 2012 in Heidelberg begann, reifte in ihr der Wunsch, einmal in die Rolle der Fußball-Schiedsrichterin zu schlüpfen. In den Semesterferien erkundigte sie sich nach einem Lehrgang in ihrer Nähe und meldete sich an. Und nachdem sie alle erforderlichen Prüfungen abgelegt hatte, pfiff sie im Jahr 2015 ihr erstes Jugendspiel im Gespann mit einem Schiedsrichter-Paten. Bereits ein Jahr später leitete sie ihr erstes Herrenspiel in der Kreisliga, unterstützt von zwei Assistenten. 2017 hatte Frede ihren ersten Einsatz als Verbandsschiedsrichterin bei den Herren. Parallel assistierte sie in der 2. Frauen-Bundesliga. Der Aufstieg zur Schiedsrichterin in die 2. Frauen-Bundesliga – und damit verbunden zur Assistentin in der 1. Liga – ließ nicht lange auf sich warten. „Das war schon etwas ganz Besonderes, dass ich auf einmal als Schiedsrichterin in der höchsten Frauenliga unseres Landes tätig sein durfte“, erinnert sie sich. Als ganz besonderen Moment in ihrer Karriere hat die Ärztin ein ausverkauftes Spiel in Frankfurt vor 5.000 Zuschauern in der 1. Frauen-Bundesliga in Erinnerung.

 

Große Erfolge, anspruchsvolle Spiele und kuriose Geschichten

Wenn Frede vor einem Spiel den Rasen betritt, ist sie genau wie die Spielerinnen hochkonzentriert – unabhängig davon, ob es sich um ein Bundesliga- oder ein Kreisligaspiel handelt. „Eine gewisse positive Anspannung ist immer dabei. Und die anspruchsvollsten Spiele sind nicht immer die, die man im Vorhinein als solche betrachtet. Bestimmte Kreisliga-Herrenspiele mit aufgeladener Stimmung und vielen Platzverweisen sind mir genauso im Gedächtnis wie Einsätze in der Frauen-Bundesliga mit prominenten Spielerinnen wie Alexandra Popp und Laura Freigang“, sagt Frede.

Eine Reihe kurioser Geschichten hat sie als Unparteiische auch erlebt. So mussten die Mannschaften einer Begegnung in der Juniorinnen-Bundesliga einmal auf einen Kunstrasenplatz ausweichen, weil der Rasenplatz unter Wasser stand. Zwar hatte man das Wasser entfernt und die Linien mit Farbe nachgezogen. Allerdings verliefen diese in der Nässe. „Die Torlinie war plötzlich fast einen Meter breit“, lacht Frede und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu. „Da hätte es im Zweifelsfall schwierig werden können, zu beurteilen, ob der Ball die Linie passiert hat.“

 

Der Job als Ärztin steht an erster Stelle

Seit Anfang 2023 pfeift Frede keine Bundesligaspiele mehr. Hauptgrund dafür ist ihr Beruf: Aktuell arbeitet sie als Ärztin in Weiterbildung in der Klinik für Kinderkardiologie und Angeborene Herzfehler am Universitätsklinikum Heidelberg auf ihre Facharztprüfung hin. Nachtschichten und Wochenenddienste sind da unvermeidlich. „Ich stand im letzten Jahr vor der Frage, ob ich in meinem Beruf oder in meiner Tätigkeit als Schiedsrichterin kürzertrete“, erklärt sie. „Gerade für die Bundesliga war ich oft ganze Wochenenden unterwegs. Das ließ sich nicht mehr mit meinem Job vereinbaren, weshalb ich mich für die Medizin entschieden habe.“

Mit dem Fußball aufhören will sie allerdings nicht. Herrenspiele in der Verbandsliga und Frauenspiele in der Regionalliga pfeift sie noch, außerdem assistiert sie in der Herren-Regionalliga. Für Frede ist ihre Tätigkeit als Schiedsrichterin die perfekte Ergänzung zu ihrem Beruf – eine Tätigkeit, bei der sie besonders gut abschalten kann. „In den 90 Spielminuten denkt man ganz sicher nicht an den Job“, so Frede. Ihr Beruf und ihr Hobby hätten erstaunliche Gemeinsamkeiten, sagt sie. Bei beiden sei schnelles Handeln und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, erforderlich.

 

Engagement für den Nachwuchs

Weil ihr der Nachwuchs wichtig ist, engagiert Frede sich in der Ausbildung von Schiedsrichtern und Schiedsrichterinnen und steht ihnen als Patin zur Verfügung. „Nachwuchs ist Mangelware“, so Frede. „Und da ist es eine Selbstverständlichkeit für mich, für diese spannende Tätigkeit zu werben und mich für deren Ausbildung zu einzusetzen. Jeder, der sich dafür interessiert oder Fragen dazu hat, kann mich ansprechen. Ich gebe gerne Tipps und gebe Informationen, an wen man sich wenden kann.“

Aus der Reihe “Portrait des Monats”

Knapp 15.000 Menschen aus über 125 Nationen arbeiten in der Heidelberger Universitätsmedizin, dem größten Arbeitgeber der Region und eine der größten Einrichtungen ihrer Art in Deutschland und Europa. Einmal im Monat portraitiert das Redaktions-Team der myUKHD-App, der Mitarbeitenden-App am Universitätsklinikum Heidelberg, Kolleginnen und Kollegen, die neben ihrer Tätigkeit in der Universitätsmedizin einem außergewöhnlichen Hobby oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit nachgehen. 

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