Heidelberg,
14
Februar
2024
|
08:00
Europe/Amsterdam

Drei Fragen an Prof. Dr. Wolfgang Wick, Geschäftsführender Direktor der Neurologischen Klinik und Vorsitzender des Wissenschaftsrats

Zusammenfassung

Ende Januar 2024 wurde Prof. Dr. Wolfgang Wick in seinem Amt als Vorsitzender des Wissenschaftsrats (WR) bestätigt. Dieser berät die Bundesregierung und die Regierungen der Länder in allen Fragen der inhaltlichen und strukturellen Entwicklung der Wissenschaft, der Forschung und des Hochschulbereichs. Wir haben uns mit Wolfgang Wick über den Wissenschaftsrat, seine zweite Amtszeit und über die Herausforderungen, vor der die Wissenschaft steht, unterhalten.

Offenbar kam Ihre Arbeit gut an. Was, glauben Sie, haben Sie richtig gemacht?

„Die Arbeit im Wissenschaftsrat funktioniert nur im Team. Gemeinsam mit vielen ehrenamtlichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie engagierten Vertretern und Vertreterinnen der Politik haben wir mit der Unterstützung der Geschäftsstelle des Wissenschaftsrats in Köln beispielsweise Impulse zum Verhältnis zwischen Grund- und Drittmittelfinanzierung gegeben, uns mit der Akademisierung der Gesundheitsfachberufe beschäftigt und konkrete Hinweise für die Entwicklung und Sicherheit der digitalen Infrastruktur an Hochschulen gegeben. Jedes Jahr verabschiedet der Wissenschaftsrat rund 40 Papiere. Für mich ist besonders wichtig, dass die hohen Qualitätsstandards des Wissenschaftsrats mit den Erfordernissen zum Teil auch kurzfristiger und zielgenauer Beratung von Politik und Hochschulen verbunden werden. Dies bedeutet keine Abstriche an der Qualität, aber eine weitere Entwicklung von Formaten in der Kommunikation und Beratung auf Basis unserer Arbeiten und eine konstante Beobachtung der Umsetzung der Ergebnisse beispielsweise bei den Evaluationen, den Begutachtungen von größeren Einheiten in Bundesländern oder Forschungsinfrastrukturen und der laufenden Exzellenzstrategie.“

 

Vor welchen Herausforderungen steht die Wissenschaft, was haben Sie sich für die nächste Amtszeit vorgenommen?

„Aktuell sind wir dabei, den Wettbewerb der Exzellenzstrategie weiterzuführen, wir beschäftigen uns mit attraktiven Personalstrukturen im Wissenschaftssystem, mit Perspektiven der Agrar-, Lebensmittel und Ernährungsforschung sowie mit dem Thema Prävention in der Medizin, hierzu werden wir am 23. Mai ein Symposium in Berlin veranstalten. Viel beachtet wurde zuletzt ein Thema, das wir bei der letzten Sitzung des Wissenschaftsrats vor rund zwei Wochen behandelten, die Entwicklung der Studierendenzahlen. Hierbei scheint es mir zentral zu sein, die an einigen Stellen zurückgehende Zahl der Studienanfänge durch eine Verbesserung der Qualität zu kompensieren und die Digitalisierung voranzutreiben. Wir müssen hier auch eine Balance zwischen Wettbewerb und Zusammenarbeit in unserem Hochschulsystem fortentwickeln. Gleichzeitig können einige der öffentlichen Hochschulen von der zum Teil  besseren Entwicklung an den privaten Hochschulen lernen, etwa in puncto Erschließung neuer Studierendengruppen. Es ist zudem selbstverständlich, dass wir in unserem Land eine von Grund auf freundliche Atmosphäre für internationale Studierende erhalten beziehungsweise schaffen müssen. Es muss klar sein, dass wir antidemokratische, ausländerfeindliche, nationalistische oder antisemitische Entwicklungen mittel- und langfristig mit einer Reduktion unseres Wohlstands und der Lebensqualität bezahlen werden.“

Professor Wolfgang Wick, Ärztlicher Direktor der Neurologischen Klinik und Vorsitzender des Deutschen Wissenschaftsrats

Aktuell sind wir dabei, den Wettbewerb der Exzellenzstrategie weiterzuführen, wir beschäftigen uns mit attraktiven Personalstrukturen im Wissenschaftssystem, mit Perspektiven der Agrar-, Lebensmittel und Ernährungsforschung sowie mit dem Thema Prävention in der Medizin.

Professor Wolfgang Wick, Ärztlicher Direktor der Neurologischen Klinik und Vorsitzender des Deutschen Wissenschaftsrats

Sie sind als Wissenschaftsrat für die gesamte Wissenschaft zuständig, aber gibt es bestimmte Aufgaben für die medizinische Forschung?

„Nachdem wir uns im vergangenen Jahr intensiv mit der Akademisierung von Gesundheitsfachberufen beschäftigt haben und eine Begutachtung der Universitätsmedizin in Schleswig-Holstein vorgelegt haben, wollen wir im laufenden Jahr neben der Beschäftigung mit der Prävention Empfehlungen zu einer neuen Hochschulmedizin in Cottbus verabschieden und grundsätzliche Analysen und Empfehlungen für die vorklinischen Fächer und einiger klinischer Fächer mit Nachwuchssorgen und Herausforderungen ihrer Disziplinenentwicklung durchführen.“

Zur Person

Wolfgang Wick kam 2007 aus Tübingen nach Heidelberg – zunächst als Ärztlicher Direktor der damals neu geschaffenen Abteilung für Neuroonkologie am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD). Seit 2014 ist er Geschäftsführender Direktor der Neurologischen Klinik am UKHD, Zentrumssprecher der Kopfklinik sowie Abteilungsleiter für Neuroonkologie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Er forscht unter anderem zu Hirntumoren, Tumorimmunologie, Biomarker-Entwicklung, Bildgebung und Schlaganfallversorgung.

Seit 1. Februar 2023 ist Wolfgang Wick Vorsitzender der Wissenschaftsrats (WR). In das wissenschaftspolitische Beratungsgremium von Bund und Ländern wurde er bereits 2021 berufen, seit 2022 ist er auch Vorsitzender des WR-Medizinausschusses. Im Amt als Vorsitzender bestätigt wurde Wolfgang Wick auf den Wintersitzungen des Wissenschaftsrats Ende Januar 2024.

Im Verlauf seiner bisherigen Karriere erhielt Wick zahlreiche Ehrungen, unter anderem den Deutschen Krebspreis 2015 und den Heinrich Pette Preis der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) 2006 (heute Wissenschaftspreis der DGN). Seit 2019 wird Wick in der Liste der „Highly Cited Researchers“ von Clarivate Analytics geführt. Die internationale Auszeichnung benennt Forscherinnen und Forscher, deren Publikationen in ihrem jeweiligen Fachgebiet weltweit am häufigsten zitiert wurden

Geboren 1970, studierte Wick Medizin an der Universität Bonn, wo er auch promoviert wurde, an der Harvard Medical School, Boston (USA), sowie am King's College London (Großbritannien).

 

Der Wissenschaftsrat

Der Wissenschaftsrat ist das älteste wissenschaftspolitische Beratungsgremium in Europa und wurde am 5. September 1957 in der Bundesrepublik Deutschland von Bund und Ländern auf der Grundlage eines Verwaltungsabkommens gegründet. Er berät die Bundesregierung und die Regierungen der Länder in allen Fragen der inhaltlichen und strukturellen Entwicklung der Wissenschaft, der Forschung und des Hochschulbereichs.

Mit seiner Arbeit in den ersten Jahren nach seiner Gründung trug der Wissenschaftsrat wesentlich zum Fundament für ein international leistungsfähiges Wissenschaftssystem bei. In der Phase der deutschen Einigung legte er die Basis für den Aufbau einer leistungsfähigen Wissenschaftslandschaft in den neuen Bundesländern.

Bis heute begleitet der Wissenschaftsrat wichtige wissenschaftspolitische Themen wie:

  • Bildungsexpansion und Ausweitung des Hochschulsystems,
  • Fragen von Effektivität und Effizienz in Wissenschaft und Forschung,
  • die deutsche Wiedervereinigung und ihre Folgen,
  • Tendenzen der Differenzierung und Internationalisierung des Wissenschaftssystems.

Zur Homepage des Wissenschaftsrats

Aus der Reihe “3 Fragen an…”

Etwa 15.000 Menschen aus 125 Nationen arbeiten in über 140 Berufen an der Heidelberger Universitätsmedizin. Als Ärztinnen, Pfleger, Forschende, IT-Spezialistinnen oder Köche sind sie täglich im Dienste medizinischer Forschung und Lehre und bestmöglicher Patientenversorgung im Einsatz. In der Rubrik “3  Fragen an…” stellt das Redaktions-Team der “My UKHD” App, der Mitarbeiter-App am Universitätsklinikum Heidelberg, einige von ihnen anhand eines kurzen Interviews vor. 

Das könnte Sie auch interessieren