Heidelberg,
27
November
2023
|
15:14
Europe/Amsterdam

Mit Popmusik die türkischen Charts erobert

Zusammenfassung

Zu Schulzeiten die eigene Musikgruppe und mit Anfang 20 der erste Hit – so beginnt nicht nur die Erfolgsgeschichte prominenter Bands wie den Beatles, den Rolling Stones oder U2. Auf einen ähnlichen Start kann auch die Heidelberger Wissenschaftlerin Sevil Korkmaz-Icöz mit ihrer Band „Barış ve Damlalar“ zurückblicken. Wie es dazu kam, dass ihr Song in den türkischen Charts landete, warum sie dennoch auf ihre berufliche Karriere in der Wissenschaft setzte und ob sie heute noch Musik macht, erfahren Sie in unserem Portrait des Monats.

Die Privatdozentin Dr. Sevil Korkmaz-Icöz leitet das Forschungslabor an der Klinik für Herzchirurgie des UKHD. Ihr Forschungsschwerpunkt ist die Entwicklung neuer Strategien zur Minimierung von Herzschäden nach einer Herztransplantation oder Gefäßschädigungen nach einer Bypass-Operation. Neben der Wissenschaft hat Korkmaz-Icöz eine zweite große Passion: die Musik.

Im Alter von 12 Jahren zog die heute 45-jährige aus der Türkei in eine kleine französische Stadt nahe Paris. Die Schule war anfangs eine große Herausforderung, da sie keinerlei Französischkenntnisse mitbrachte. Als ihre Lehrerin sie bat, an der Theater AG teilzunehmen und beim kommenden Sommerfest aufzutreten, lehnte sie ab. Da die Lehrerin aber auf einen Bühnenauftritt bestand, musste ein Kompromiss gefunden werden. Korkmaz-Icöz entschied sich für eine selbst inszenierte Tanzdarbietung: „Ich trommelte etwa 20 Mitschülerinnen zusammen und wir übten gemeinsam die Choreografie eines türkischen Volkstanzstücks ein“, erinnert sie sich.

Fast ein Jahr probten sie jeden Freitagabend dafür. „In unserer kleinen Stadt war sonst nicht viel los, da kamen uns die wöchentlichen Proben gerade recht“, lacht Korkmaz-Icöz. Anfangs nutzte die Gruppe für die Proben ein Schulzimmer, später – dank der Unterstützung des Bürgermeisters der Kleinstadt – einen Konzertsaal der Stadt.  Der Auftritt war ein großer Erfolg und der Anstoß für weitere Bühnenauftritte: Zusammen mit ihrem drei Jahre älteren Bruder Barış und ihrer Freundin Elodie gründete Korkmaz-Icöz noch zu Schulzeiten die Pop-Folk-Gruppe „Barış ve Damlalar“. Sie schrieb ihre ersten eigenen Songtexte, ihr Bruder komponierte die Musik dazu.

 

„Melisa“ erzielte bis heute über 30 Millionen Klicks auf Social-Media

Mit ihrer Mischung aus Pop und Folk traf die Band den Nerv der Zeit: 1999 gewann sie einen Musikwettbewerb in Paris. Dort lernten sie auch einen Produzenten kennen, mit dem sie die ersten Songs aufnahmen. Ihr Song „Melisa“ erreichte Platz 3 der türkischen Hitliste und erzielte bis heute über 30 Millionen Klicks. Korkmaz-Icöz: „In der Türkei kennt fast jeder unseren Song. Wir wurden auf der Straße erkannt und häufig angesprochen, was wir als große Anerkennung unseres musikalischen Engagements empfanden.“

Einige Auftritte vor großem Publikum in der Türkei folgten – unter anderem in TV Shows und auf Festivals. „Es ist schon ein ganz besonderes Gefühl, wenn Du siehst, dass fast 30.000 Zuschauer deine Songs feiern“, so Korkmaz-Icöz.

Parallel zur Musik arbeiteten Korkmaz-Icöz und die anderen beiden Bandmitglieder weiterhin an ihrer beruflichen Karriere – alle drei sind in der medizinischen Forschung tätig. Ihr Bruder Barış erforscht neue Behandlungswege für Lungenerkrankungen und Elodie arbeitet in der Reproduktionsforschung.   

 

Das Beste aus drei Ländern

Irgendwann standen die drei dann vor einer schweren Entscheidung: Wenn sie ihr Leben voll auf die Musik ausrichten und mit ganzer Kraft weiterverfolgen wollten, mussten sie in Kauf nehmen, sechs oder mehr Monate pro Jahr in der Türkei zu sein, um dort an ihren Songs zu arbeiten und aufzutreten. „Das hätte bedeutet, dass ich mein Studium so nicht hätte weiterverfolgen können. Ich wusste aber schon damals, dass ich unbedingt in der Wissenschaft Karriere machen möchte. Deshalb habe ich mich an diesem Punkt entschieden, der Wissenschaft den Vorrang zu geben.“ 

Bereut hat Korkmaz-Icöz diese Entscheidung nie. Und wie sie es geplant hatte, ging sie ihren Weg als Wissenschaftlerin mit großem Erfolg. 2007 kam Korkmaz-Icöz im Rahmen eines Postdoc-Jahres nach Heidelberg. Dank mehrerer Stipendien wurden aus einem Jahr fünfzehn. Korkmaz-Icöz fühlt sich sehr wohl in Deutschland, aber auch die Türkei und Frankreich haben sie geprägt. „Ich sehe es als großes Privileg an, dass ich in allen drei Kulturen zu Hause bin“, sagt sie. „Ich nehme für mich das Beste aus drei Ländern mit.“

Die medizinische Forschung verfolgt sie mit derselben Leidenschaft wie ihre Musik. Seit September hat die Gruppe einige neue Songs herausgebracht. Auch weitere größere Auftritte sind geplant.

Aus der Reihe “Portrait des Monats”

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