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Theoretischer Hintergrund

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Bereits die 2001 von der Kinder- und Jugendpsychiatrie Heidelberg in Kooperation mit dem Gesundheitsamt und der Pädagogischen Hochschule veröffentlichte Studie „Lebenssituation und Verhalten von Kindern im zeitlichen Wandel“ zeigt den starken Zusammenhang zwischen psychischen Auffälligkeiten des Kindes und dessen Schulleistung und Schulempfehlung sowie die zunehmende Zahl von Verhaltensstörungen besonders bei Grundschulkindern. Zahlreiche weitere Studien belegen diesen Trend, der sich sowohl in Deutschland als auch im Ausland zeigt. So kommen Lösel et al. (2005) in der Erlangen-Nürnberger Entwicklungs- und Präventionsstudie zum Ergebnis, dass knapp ein Fünftel der befragten Kinder und Jugendlichen gravierende Erlebens- und Verhaltensprobleme (z. B. Aggression, Ängste, Delinquenz, Depression, Hyperaktivität, Drogenabhängigkeit oder Essstörungen) aufweisen. Auch der World Report on Violence and Health (2002) der World Health Organisation zeigt ein weltweit zunehmendes gestörtes oder antisoziales Schülerverhalten. Dies führt nicht nur zu einer Beeinträchtigung der schulischen Laufbahn, sondern in vielen Fällen auch zu langfristigen Fehlentwicklungen. Daraus leitet sich ein erhöhter Handlungsbedarf ab, zum Beispiel im Rahmen von Schulsozialarbeit und Jugendhilfe.

 

Aus der Fachliteratur geht hervor, dass Prävention dann am effektivsten ist, wenn sie möglichst früh ansetzt und dauerhaft zum Einsatz kommt. Prävention muss daher schon in der Grundschule beginnen. Kinder, die in diesem Alter bereits auffällig sind, die sogenannten Early Starters, nehmen besonders problematische Entwicklungsverläufe. Daher ist es von großem Interesse, bereits im Grundschulalter durch den gezielten Einsatz von Schulsozialarbeit Fehlentwicklungen vorzubeugen.

 

Die Ressourcen der Stadt Heidelberg, die die Finanzierung der Schulsozialarbeit leistet, sind jedoch begrenzt, so dass die Frage nach gezielten Indikationen für den Einsatz der Schulsozialarbeit immer bedeutender wird. Eine Vollversorgung der ca. 6750 Schüler, die sich an den 22 Schulen mit städtisch finanzierter Schulsozialarbeit befinden, ist mit den momentan eingesetzten 20 Fachkräften nicht möglich. Die zur Verfügung stehenden Ressourcen müssen also möglichst effektiv verteilt werden. Gezielter Einsatz von Schulsozialarbeit für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die den dringendsten Hilfebedarf aufweisen, ist nur dann möglich, wenn die entscheidenden Entwicklungsfaktoren bekannt sind. D. h. welche Kinder benötigen Unterstützung? Welche Probleme und Schwierigkeiten haben diese Kinder? Welche Risikobedingungen beeinflussen die Probleme der Kinder?

 

Kindliche Fehlentwicklungen können sich auf verschiedenste Art und Weise zeigen, beispielsweise in der Ausbildung emotionaler Störungen (Depression, Angststörung etc.) oder Verhaltensstörungen (Aufmerksamkeitsstörung, Störung des Sozialverhaltens etc.). Auch die Ausprägung von Risikoverhaltensweisen, wie Delinquenz, Gewalt, Konsum von Alkohol/ Zigaretten/ Drogen oder selbstverletzendes Verhalten sind denkbar. Und zunehmend werden Kinder Opfer von Mobbing durch Mitschüler bzw. werden selbst zu Mobbingtätern.

 

Die vermuteten Risikofaktoren hierfür sind vielfältig und ein Zusammenspiel verschiedenster Ebenen ist zu berücksichtigen: (1) dem Kind selbst (z.B. hoch ausgeprägte Aggression, Gewaltbereitschaft, Risikosuche oder Hyperaktivität; niedrig ausgeprägte Ängstlichkeit oder mangelndes prosoziales Verhalten; Gewalterfahrungen oder kognitive Defizite, v. a. auf verbaler Ebene), (2) der Eltern (z. B. inkonsistenter, strafender oder überbehütender Erziehungsstil; niedrig ausgeprägte idealistische Werte; niedriger Bildungsstand; psychische Krankheiten oder eine nicht-intakte Familienstruktur) sowie (3) dem weiteren Umfeld (z. B. delinquente Peergroup oder schlechtes Schulklima).

 

Das Vorhandensein verschiedener Risikofaktoren erhöht die Wahrscheinlichkeit der Ausprägung kindlicher Fehlentwicklungen. Daher werden verstärkt präventive Interventionen für Hochrisikokinder so früh wie möglich gefordert.

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