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Thalassämien

Thalassämien

Klinisches Beratungszentrum für Anämien Pädiatrische Onkologie, Hämatologie und Immunologie

Definition der Erkrankung

Thalassämien sind eine Gruppe von autosomal und bis auf wenige Ausnahmen rezessiv vererbte Erkrankungen, bei denen die Synthese einer oder mehrerer Globinketten beeinträchtigt ist. Pathogenetisch liegt eine Mutation der Globingene bzw. deren regulatorischer DNA-Sequenzen vor. Endemisch kommen die Thalassämien (griech. „thalassa“ = Meer) nicht nur im Mittelmeerraum, sondern auch in weiten Teilen Asiens und in Afrika vor. Durch die Einwanderung von Menschen aus diesen Teilen der Welt gehören die Thalassämien auch bei uns zu den häufigen Erkrankungen in der pädiatrischen Hämatologie. Insgesamt werden an deutschen Kinderkliniken derzeit etwa 400-500 Patienten mit einer transfusionsbedürftigen homozygoten β-Thalassämie behandelt.

Die größte klinische Bedeutung haben bei uns die β-Thalassämien; α-Thalassämien und andere Thalassämieformen/-syndrome sind in Deutschland viel seltener.

Bei den Thalassämien ist die Synthese der Polypeptidketten gestört. Nach der betroffenen Polypeptidkette spricht man von α- oder β-Thalasämie.

Die β-Thalassämien haben in Europa die größte klinische Bedeutung. Die Erhöhung des Anteils an HbF am Gesamt-Hb wird vornehmlich durch die stark verminderte oder fehlende β-Globinkettensynthese verursacht. Insofern ist das prozentual erhöhte HbF bei der homozygoten β-Thalassämie kein Ausdruck eines Kompensationsmechanismus. Hinzu kommt jedoch erstens eine Selektion der auch physiologischerweise vorkommenden kleinen Population von HbF Zellen, da diese Zellen (nicht so stark) vom α-Globinkettenüberschuss betroffen sind. Zweitens wird diese kleine Zellpopulation wegen der allgemeinen Expansion des Erythroiden Systems auch vermehrt, so dass hier ein gewisser, bei der Thalassaemia major jedoch keineswegs ausreichender Kompensationsprozess vorhanden ist.

α-Thalassämien und andere Thalassämieformen/-syndrome sind viel seltener. Bei α-Thalassämien entstehen vermehrt β- bzw. γ-Tetramere; β-Tetramere werden als HbH, γ-Tetramere als HbB oder HbBarts bezeichnet. Diese pathologischen Überschusshämoglobine sind diagnostisch für den Hb Bart’s Hydrops fetalis bzw. für die HbH Krankheit.

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β-Thalassämie

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Definition der Erkrankung

Bei der β-Thalassämie ist das β-Globingen meist durch eine Punktmutation inaktiviert, so dass die Synthese der β-Globinketten vermindert ist oder ganz fehlt. Die im Überschuss vorhandenen α-Globinketten sind schlecht wasserlöslich und präzipizieren bereits in den erythroiden Vorläuferzellen im Knochenmark. Der Überschuss an α-Globinketten führt bei homozygoten Patienten zur ineffektiven Erythropoese mit intramedullärer Hämolyse und zur transfusionsbedürftigen Anämie.

Folge der Anämie ist eine erheblich gesteigerte Erythropoese, die zur erythroiden Hyperplasie des Knochenmarks und zu Skelettdeformitäten (Facies thalassaemica und Bürstenschädel) sowie zum erhöhten Folat-und Energiebedarf führt. In der Regel besteht lebenslanger und regelmäßiger Transfusionsbedarf. Durch die Transfusionen aber auch durch eine erhöhte intestinale Eisenresorption entsteht eine Hämosiderose, mit ihren Komplikationen Kardiomyopathie, Leberfibrose, Leberzirrhose sowie multiplen endokrinen Ausfällen.

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α-Thalassämie

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Definition der Erkrankung

Die a-Thalassämie tritt häufig in tropischen und subtropischen Endemiegebieten der Malaria auf. Sie ist durch eine verminderte oder vollkommen fehlende Synthese der a-Globinketten gekennzeichnet. Dies führt zum Überschuss von g- oder b-Ketten, die die Homotetramere Hb Barts’s (g4) bzw. HbH (b4) bilden. Sowohl Hb Bart’s als auch HbH binden O2 mit hoher Affinität und ohne kooperativen Effekt, so dass sie als O2-Transporter nicht funktionieren.

Zusätzlich ist ihre Löslichkeit in den erythroiden Zellen geringer als die des HbA. Diese Überschusshämoglobine führen somit zur Schädigung der Erythrozytenmembran und zur hämolytischen Anämie.

Die a-Globinketten werden durch zwei, eng gekoppelte und fast identische Gene kodiert. Somit besteht das normale Komplement von a-Globingenen des diploiden Chromosomensatzes aus vier Genen.

Das klinische Bild ist abhängig von der Anzahl der noch funktionierenden a-Globingene, wobei a-Thalassämie-Mutationen im Gegensatz zur b-Thalassämie meist Deletionen sind.

Das Spektrum umfasst den intrauterinen Fruchttod bei einer Inaktivierung aller 4 a-Globingene (Hb-Bart’s-Hydrops fetalis), die Thalassaemia intermedia bei der Inaktivierung von 3 Genen (HbH-Krankheit), die Thalassaemia minor bei Ausfall von 2, sowie eine klinisch und hämatologisch nicht fassbare Form bei Ausfall von einem a-Globingen.

Hb-Bart’s-Hydrops fetalis (α-Thalassaemia major)

Der klinische Verlauf variiert beträchtlich. Einige Feten entwickeln sich in utero recht gut bis zum 3. Trimenon, andere hingegen weisen bereits im 2. Trimenon schwere Anomalien wie Herzinsuffizienz, Aszites bis hin zum intrauterinen Tod auf. [3] Ohne intrauterin durchgeführte Transfusionen kommt es zur Totgeburt oder zu einem frühen postnatalen Tod. Kongenitale Malformationen beinhalten Hypospadien und andere Veränderungen des Urogenitaltrakts und Fehlbildungen der Gliedmaßen. Kinder, die die Geburt ohne pränatale Interventionen überleben, haben meist schwerste neurologische Folgeschäden. Sehr selten werden Kinder mit homozygoter a-Thalassämie trotz fehlenden intrauterinen Transfusionen ohne Hydrops geboren. [14]. Erhöhte Level von Hb Portland, einem normal funktionierendem embryonalen Hämoglobin, könnten für diesen besseren klinischen Verlauf verantwortlich sein [4].

HbH-Krankheit (α-Thalassaemia intermedia)

Die HbH-Krankheit ist durch eine hämolytische Anämie unterschiedlicher Ausprägung gekenzeichnet, die stark von der Art der Mutation abhängig ist. HbH ist instabil und bildet intrazelluläre Präzipitate, die zur Hämolyse führen. Manche Patienten benötigen intermittierend Transfusionen. Molekulargenetisch findet sich bei den meisten Patienten eine gemischte Heterozygotie für eine Deletion beider a-Globingene (a0-Thalassämie) und eine Deletion nur eines der beiden a-Globingene (a+-Thalassämie). Bei phänotypisch schweren Formen der HbH Krankheit findet sich meist eine Punktmutation des a2-Gens.

α-Thalassaemia minor

Wie bei der b-Thalassaemia minor zeichnet sich die a-Thalassaemia minor durch eine milde, nicht behandlungsbedürftige hypochrome, mikrozytäre Anämie aus. Ein humangenetisches Risiko für eine der schweren Formen der a-Thalassämie besteht meist nur dann, wenn die Eltern heterozygot für eine a0-Thalassämie sind. Dies findet sich meist bei Patienten aus Südostasien.

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Thalassaemia intermedia

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Definition der Erkrankung

Der Begriff Thalassemia intermedia (TI) umfasst ein weites klinisches Spektrum symptomatischer, aber nicht regelmäßig transfusionsbedürftiger Thalassämien. Der Begriff ist darüber hinaus dynamisch, da einige Patienten erst im Verlauf einen regelmäßigen Transfusionsbedarf entwickeln und dann als Thalassaemia major klassifiziert werden müssen. Der Begriff „intermedia“ impliziert einen im Vergleich zur Thalassaemia major günstigeren Krankheitsverlauf. Das gilt jedoch nur für den natürlichen Verlauf der Krankheiten ohne Therapie, d.h. Patienten mit gut behandelter Thalassaemia major können unter Umständen weniger Komplikationen erfahren als Patienten mit einer Thalassaemia intermedia.

Eine Thalassaemia intermedia kann sich sowohl bei einer α-Thalassämie als auch bei einer ß-Thalassämie entwickeln. Pathophysiologisch ist entscheidend, dass der relative Überschuss an Globinketten weniger ausgeprägt ist als bei der Majorform. Bei der ß-Thalassaemia intermedia steht die ineffektive Erythropoiese mit Hyperplasie des blutbildenden Knochenmarks im Vordergrund. Die α-Thalassaemia intermedia gleicht anderen hämolytischen Anämien und führt weniger zur Knochenmarkshyperplasie.

Homozygote β-Thalassämie

  1. Thalassämiemutationen mit einer hohen Restaktivität des β-Globingens
  2. HbE/β-Thalassämie
  3. HPFH-Mutationen
  4. α-Thalassämiedeletionen

Heterozygote β-Thalassämie

  1. triplizierte α-Globingene
  2. autosomal dominante β-Thalassämie
  3. instabile β-Globinketten

α-Thalassämie

  1. HbH-Krankheit

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