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Interaktionsstudie zur postpartalen Depression

Unterscheiden sich postpartal depressive Mütter und ihre Säuglinge von gesunden Müttern und ihren Säuglingen im Hinblick auf ihr Interaktionsverhalten im Krankheitsverlauf?

 

Studienleitung:
PD Dr. Corinna Reck , Leitende Psychologin, Klinik für Allgemeine Psychiatrie, Universitätsklinikum Heidelberg

 

in Kooperation mit:

  • Prof. Dr. Dr. Th. Fuchs, Oberarzt der Psychiatrische Ambulanz, Klinik für Allgemeine Psychiatrie, Universitätsklinikum Heidelberg
  • Prof. Dr. med. Christoph Mundt, Ärztlicher Direktor, Klinik für Allgemeine Psychiatrie, Universitätsklinikum Heidelberg

 

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:

  • Dipl.-Psych. Kerstin Struben
  • Dipl.-Psych. Kirsten Pabst
  • Britta Zipser 
  • Dipl.-Psych. Ulrich Stefenelli
  • Dipl.-Biol. Eva Stehle

 

Inhalt und Ziele:
Ziel des Forschungsprojektes war die Analyse spezifischer Verhaltensmuster im Krankheitsverlauf postpartal depressiver Mütter und ihrer Säuglinge in Abhängigkeit vom Depressionsschweregrad der Mutter. Interaktionelle Muster auf mütterlicher und kindlicher Seite wurden während der ersten Lebensmonate der Säuglinge in Verbindung mit dem Depressionsschweregrad und dem Krankheitsverlauf der Mutter untersucht. Die zentrale Fragestellung galt dem Zusammenhang zwischen dem Depressionsschwergrad, der Qualität der Mutter-Kind-Interaktion und frühkindlichen psychophysiologischen Reaktionsmustern im Krankheitsverlauf.

 

Hintergrund:
Depressionen sind die häufigsten psychischen Erkrankungen im Postpartalzeitraum. Störungen der Mutter-Kind-Interaktion sowie kindliche emotionale und kognitive Entwicklungsdefizite konnten im Zusammenhang mit der postpartalen Depression wiederholt nachgewiesen werden. Die in der Literatur referierten Befunde weisen darauf hin, dass dem mütterlichen Interaktionsverhalten eine zentrale Rolle als vermittelnder Variable zwischen der mütterlichen depressiven Symptomatik und kindlichen Entwicklungsdefiziten zukommt. Diese Interaktionsprozesse sind bei postpartalen Depressionen nach den bisherigen Forschungsergebnissen deutlich beeinträchtigt, was die emotionale und kognitive Entwicklung des Säuglings ebenso ungünstig beeinflusst wie den Krankheitsverlauf der Mütter. Dabei ist allerdings noch weitgehend ungeklärt, ob eine Besserung der mütterlichen Depression auch mit einer positiven Entwicklung der interaktionellen Verhaltensmuster einhergeht, oder ob nicht vielmehr die in der depressiven Phase ausgebildeten ungünstigen Muster persistieren - mit nachhaltigen Folgen für die weitere Entwicklung des Kindes.

 

Studienablauf:
Die Qualität der Mutter-Kind-Beziehung und das Ausmaß frühkindlicher Stressreaktionen wurden anhand des Depressionsschweregrades im Krankheitsverlauf vorhergesagt. Die Mutter-Kind-Interaktionen wurden in strukturierten Face-to-Face-Interaktionen videographisch untersucht und zu zwei Messzeitpunkten (‚Akutphase der Depression, T1’ und ‚Remission der Depression, T2’) mikroanalytisch und makroanalytisch ausgewertet. Die untersuchten Parameter der videographierten Face-to-Face-Interaktionen und der kindlichen Stressreaktionen der depressiven Mütter und ihrer Säuglinge wurden zu beiden Messzeitpunkten mit den Daten einer gesunden Kontrollgruppe verglichen. Im Rahmen des kontrollierten Verlaufsdesigns der projektierten Studie sollten differenzielle Indikationskriterien für den Einsatz spezifischer Mutter-Kind-zentrierter Interventionen im Rahmen der Behandlung postpartaler Depressionen ermittelt werden.

 

Erste Ergebnisse:
Bei der makroanalytischen Auswertung der mütterlichen interaktionellen Sensitivität konnte beim durchgeführten Gruppenvergleich der depressiven und gesunden Mutter-Kind-Dyaden zu beiden Messzeitpunkten T1 (akute Erkrankungsphase) und T2 (Phase der Remission) ein deutlicher Unterschied zwischen den Gruppen festgestellt werden. Die depressiven Mütter zeigten deutlich mehr intrusives und weniger sensitives Verhalten, als die gesunden Mütter. Im Weiteren wiesen sie ein höheres Ausmaß an Rückzugsverhaltensweisen und weniger positives Engagement in der Interaktion mit ihren Säuglingen auf. Die Säuglinge der depressiven Mütter nahmen im Vergleich zu den Kindern der gesunden Mütter weniger Blickkontakt zu ihren Müttern auf und zeigten weniger Engagement im neutralen Affektbereich.
Gleichzeitig wurde aber der Unterschied zwischen den beiden Messzeitpunkten T1 (akute Depression) und T2 (Remission der Depression) in beiden Gruppen nicht statistisch signifikant. Es ergaben sich demnach keinerlei Veränderungen hinsichtlich der Sensitivität, der Intrusivität und des Rückzugsverhaltens der Mütter über den Krankheitsverlauf hinweg. Diese Ergebnisse machen deutlich, dass neben der Behandlung der mütterlichen Depression auch immer einer Interaktionstherapie der Mutter-Kind-Dyaden wesentlich ist.
Zur Prävention kindlicher Entwicklungsstörungen als Folge frühkindlicher Stressexposition in der Mutter-Kind-Interaktion fließt das durch vorliegende Studie erhaltene Wissen zur frühen Mutter-Kind-Interaktion bei depressiver Erkrankung der Mutter direkt in die klinische Praxis der hier angesiedelten Mutter-Kind-Einheit in Form von frühzeitiger videomikroanalytischer Therapie nach  Downing ein.
Zur Ermittlung differenzieller Indikationskriterien für den Einsatz spezifischer Mutter-Kind-zentrierter Interventionen bei der Behandlung der postpartalen Depression werden weitere fallspezifische Auswertungen anhand der Interaktionen von Säugling und „Fremde“, z.B. hinsichtlich der Vermeidung von Blickkontakt folgen. Die Videokodierungen hierzu wurden bereits vorgenommen.

 

Follow-up Studie:
In der Follow-up Studie (sog. Bindungsstudie) sollen nun im Vorschulalter (3.- 5. Lebensjahr) das Bindungsverhalten des Kindes an die Mutter, die Bindungsrepräsentanzen der Mutter und die innerfamiliären Beziehungen untersucht werden. Die systematische Berücksichtigung spezifischer Merkmale des Störungsverlaufs wie Schweregrad und Chronizität der mütterlichen psychischen Erkrankung ist dabei vorgesehen. Langfristiges Ziel ist der Erwerb von Grundlagenwissen für die Planung störungsspezifischer Mutter-Kind und familienzentrierter Interventionen mit dem Ziel der Prävention kindlicher Entwicklungsdefizite und Bindungsstörungen.

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