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Forschungsgruppe Chirurgische Onkologie

Die Arbeitsgruppe befasst sich im experimentellen Forschungsbereich mit den molekularen Vorgängen um die Entstehung, das Wachstum, die Metastasierung und die Therapie von Malignomen; insbesondere gastrointestinaler Karzinome und Sarkome. Das Interesse liegt hierbei im Speziellen auf der Rolle von zellulärem Hypoxie-Sensing, Tumorstammzellen und Tumorimmunologie. Mehrere der durchgeführten Studien sind in das Netzwerk der Klinischen Forschergruppe 227 eingebettet. Zudem bestehen unter anderem Kooperationen mit dem DKFZ Heidelberg (AG Beckhove), dem NCT Heidelberg (AG Glimm), der Experimentellen Chirurgie und der Forschungsgruppe von Peter Carmeliet am Vesalius Research Center, Leuven, Belgien. Klinische Forschungsprojekte der Gruppe werden in enger Zusammenarbeit mit dem Klinischen Studienzentrum Chirurgie (KSC) durchgeführt. Sowohl translationale Projekte als auch Datenbank-Arbeit und randomisiert-kontrollierte klinische Studien können auf diese Weise in hohem Maß professionell bearbeitet werden und tragen dazu bei, Evidenz zu generieren, um die Patientenversorgung weiter zu optimieren.

 

Experimentelle Schwerpunkte der Arbeitsgruppe umfassen unter anderem die folgenden Bereiche:

 

1. Tumorstammzellen und Metastasierung beim kolorektalen Karzinom

 

Die Mortalität des kolorektalen Karzinoms (CRC) ist in nahezu allen Fällen zurück zu führen auf Metastasierung des Primärtumors. Während genetische Grundlagen der Entwicklung von kolorektalen Primärtumoren zunehmend aufgeklärt werden konnten bleiben die zellulären und molekularen Mechanismen, die dem Metastasierungsverhalten zugrunde liegen, noch weitgehend im Dunkeln. Die Tumorstammzell-Theorie geht von einem hierarchischen Aufbau des Karzinoms aus, innerhalb dessen Tumorstammzellen (cancer stem cells, CSC) trotz geringer Anzahl durch ihr Potential, sich selbst zu erneuern und Tumorwachstum zu initiieren, wesentlich für das maligne Verhalten verantwortlich sind. Zahlreiche Hinweise auf eine erhöhte Resistenz von CSCs gegenüber verschiedenen Chemotherapien legen nahe, dass Tumorrezidive einer kleinen Anzahl nach der Therapie verbliebener CSCs geschuldet sind. Das Vorliegen ruhender Tumorstammzellen (qCSCs) ist in diesem Zusammenhang möglicherweise sowohl mitverantwortlich für Therapieresistenz als auch für längere Phasen der Remission vor einem Rezidiv. Das Ziel des Forschungsvorhabens besteht in der Isolierung sowie funktionellen und molekularen Charakterisierung von qCSCs in Tumorsphäroidkulturen des CRC. Zur Überprüfung der Hypothese, dass im CRC eine Subpopulation ruhender Tumorstammzellen existiert, die sich in ihrem biologischen Verhalten von den übrigen Tumorzellen unterscheidet, werden dabei ruhende Tumorzellen in Pulse-chase-Experimenten an CRC-Zellen identifiziert. Darüber hinaus sollen Mechanismen der Quieszenz in kolorektalen CSCs überprüft werden. Das Forschungsprojekt ist in der Konzeption und Durchführung an die Forschungsgruppe von Prof. Hanno Glimm, NCT Heidelberg, und die Aktivitäten der KFO 227 angebunden.

 

2. Molekulare Sauerstoff-Sensoren und PHD-Inhibition beim kolorektalen Karzinom

 

Zellen schnell wachsender Tumore sind einem Sauerstoffmangel (Hypoxie) ausgesetzt, welcher nachweislich eine wichtige Ursache für die Initiierung der Tumormetastasierung darstellt. Die Auswirkungen von Hypoxie auf Zellen werden durch Hypoxie-induzierte-Transkriptionsfaktoren (HIF) vermittelt, wobei die Verfügbarkeit von HIF durch bestimmte Enzyme (HIF Prolyl-Hydroxylasen, PHD) reguliert wird. Diese PHD-Enzyme fungieren somit als molekulare Sauerstoff-Fühler. Untersuchungen an humanem kolorektalem Tumorgewebe erbrachten den Hinweis, dass das Enzym HIF Prolyl-Hydroxylase 3 (PHD3) eine wichtige Rolle für die maligne Ausbreitung kolorektaler Karzinome einnehmen könnte. Deshalb wurden Kolontumorzellen von Mäusen stabil transfiziert, sodass sie PHD3 entweder über- oder unterexprimieren. Mit Hilfe dieser transfizierten Zellen wurden in Mäusen ortho- und heterotope Tumoren sowie Lebermetastasen generiert. Die anschließende Aufarbeitung dieser Tumoren zeigte ein unterschiedliches Apoptoseverhalten von PHD3 über- und unterexprimierten Tumoren. Gegenwärtige, mechanistische Analysen fokussieren auf die Interaktion von PHD3, HIF und molekularen Regulatoren des Zellsstoffwechsels und der Apoptose. Zudem wird in translationalen Ansätzen erforscht, welche Auswirkung eine pharmakologische Hemmung der PHD-Enzyme auf das lokale Wachstums- und Fernmetastasierungsverhalten kolorektaler Tumore hat.

 

3. Wirkmechanismus und Wirksamkeit von Salinomycin in der Therapie des kolorektalen Karzinoms

 

Salinomycin ist ein Polyetherantibiotikum, das ursprünglich in den 70er Jahren aus Streptomyces albus isoliert wurde und eine breite Anwendung in der Tierzucht und zur Prävention von Kokzidiosen findet. Seit gezeigt werden konnte, dass Salinomycin in der Lage ist, das Wachstum von Tumorstammzellen und Nicht-Tumorstammzellen zu hemmen, ist das Präparat zusätzlich in den Fokus onkologischer Forschung gerückt. Inzwischen konnte die Wirksamkeit von Salinomycin in zahlreichen Zelllinien solider und nicht-solider Tumorentitäten nachgewiesen werden. Noch weitestgehend unverstanden ist der molekulare Wirkmechanismus. Die durch Salinomycin induzierte Apoptose scheint durch einen unkonventionellen Mechanismus verursacht zu werden und nicht durch die bekannten Apoptose-induzierenden Signalwege. In diesem Forschungsvorhaben werden der Wirkmechanismus und die Wirksamkeit von Salinomycin in der Therapie des kolorektalen Karzinoms und kolorektaler Lebermetastasen untersucht. Dabei soll einerseits der molekulare Wirkmechanismus von Salinomycin charakterisiert werden, wobei gezielt auf ausgewählte zelluläre Signalwege fokussiert wird. Andererseits soll in Mausmodellen des kolorektalen Karzinoms und der kolorektalen Lebermetastasierung erstmals die Wirksamkeit von Salinomycin in vivo untersucht werden. Von den gewonnenen Ergebnissen erhoffen wir uns einen weiteren Schritt in Richtung eines möglichen klinischen Einsatzes von Salinomycin bei Patienten mit kolorektalem Karzinom.

 

4. Expression und prognostische Relevanz von EMT-assoziierten Markern beim kolorektalen Karzinom

 

Wie oben ausgeführt ist der prognostisch führende Aspekt beim kolorektalen Karzinom die Fernmetastasierung, deren Verständnis daher zentrale Bedeutung zukommt. Zur Bildung von Metastasen müssen die malignen Zellen den angestammten Epithelverband ihres Ursprungsgewebes verlassen, die Basalmembran durchbrechen und Anschluss an das Blut- und Lymphsystem erlangen. In diesem Zusammenhang spielt die Epithelial-Mesenchymale Transition (EMT) eine bedeutende Rolle: die Zellen verlieren ihren epithelialen Phänotyp und erwerben mesenchymale Eigenschaften. Aufgrund dieser EMT erlangen die Zellen die Fähigkeit zu migrieren und invasiv zu wachsen. In diesem Forschungsprojekt werden mittels Multiplex-ELISA-Analyse mehrere EMT-assoziierte Marker in Gewebe von Primärtumor, korrespondierenden Lebermetastasen sowie Serum von Patienten untersucht. Des Weiteren soll in Zusammenschau mit den klinischen Parametern der Patienten eruiert werden, inwieweit den untersuchten Markern eine prognostische Bedeutung zukommt und somit eventuell neue individualisierte Therapieansätze generiert werden können.

 

5. HSV-1 geladene Zytokin-Induzierte Killerzellen in der Therapie des Pankreaskarzinoms

 

Virale Replikation in einer Tumorzelle führt zum Absterben der Zelle und zum Freisetzen von Replikaten, die wiederum angrenzende Tumorzellen infizieren können. Dieser Prozess wird virale Onkolyse genannt. Die Sicherheit und das therapeutisches Potenzial dieses Ansatzes wurden in einer aktuellen klinischen Studie der Phase II bei Patienten mit diffus metastasiertem Kolorektalkarzinom gezeigt. Zurzeit werden onkolytische HSV-1 Viren (oHSV) regional oder lokal injiziert. Dieser Ansatz leidet unter zwei Limitationen: i). Außerhalb einer Wirtszelle ist das HSV-1 ein inertes Partikel welches, um systemisch einen Tumor erreichen zu können, einen Träger benötigt. Auch regional appliziertes HSV-1 muss noch immer die Distanz vom Gefäßystem zur Tumorzelle zurücklegen. ii) Systemisch appliziert können normale Zellen mit hoher Mitoseaktivität (z. B. Knochenmarkszellen, Schleimhautzellen) unerwünschte HSV-1-Replikation bedingen. In tumortragenden Mäusen konnte gezeigt werden, dass sich Zytokin-Induzierte Killerzellen (CIK) 72 Stunden nach systemischer Gabe im Tumor anreichern. In einer Reihe von Zellkultur-Experimenten werden die Rahmenbedingungen erforscht, unter denen CIK mit oHSV „geladen“ werden können. Anschließend werden an dreifach transgenen Mäusen, die endogen ein Pankreaskarzinom entwickeln, die Biodistribution und die therapeutische Effektivität ermittelt. Schließlich wird untersucht, ob die CIK-vermittelte Tumor-Zytotoxizität kombiniert mit oHSV den als immunosuppresiv bekannten Pankreastumor immunologisch aktivieren kann.

 

6. Expressionsdichte des EGF-Rezeptors und seiner Liganden in kolorektalem Tumorgewebe

 

Für die meisten Medikamente, die in der Therapie von Krebserkrankungen Anwendung finden, ist eine Vorhersage der Wirksamkeit beim individuellen Patienten schwierig. Beispielsweise blockiert Cetuximab die Aktivierung des Epidermalen Wachstumsfaktor Rezeptors (EGFR). Es konnte jedoch gezeigt werden, dass die Expressionsdichte dieses Rezeptors im Tumorgewebe nicht mit dem Therapieansprechen korreliert. In Kooperation mit Merrimack Pharmaceuticals INC soll anhand der Analyse exprimierter Biomarker das Therapieansprechen kalkuliert werden. An insgesamt 29 Patientenproben wurden mittels ELISA und Luminex-Assay die Rezeptoren und Liganden des EGF-Pathways quantifiziert. Mittels Mutationsanalyse wurden relevante Mutationen ermittelt. Die Ergebnisse werden mit dem klinischen Verlauf nach anti-EGFR Therapie des einzelnen Patienten korreliert und sollen somit eine bessere Einschätzung des therapeutischen Ansprechens ermöglichen.