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Sogar Viren können bei der Krebsbehandlung helfen

Haut- und Lungentumoren: Welche neuen Therapien es gibt

Haut- und Lungenkrebs zählen zu den häufig auftretenden Krebsarten, in beiden Fällen beeinflussen äußere Faktoren stark das Erkrankungsrisiko, und in beiden Fällen sprechen Tumoren vergleichsweise gut auf die noch recht neuen Immuntherapien an – das gehört zu den Erkenntnissen der jüngsten Ausgabe von „Medizin am Abend“, der gemeinsamen Veranstaltungsreihe von Rhein-Neckar- Zeitung und Universitätsklinikum Heidelberg.

Mit Professorin Jessica Hassel und Professor Michael Thomas traten diesmal gleich zwei Spezialisten an. Am Donnerstagabend in der Kopfklinik gaben sie einen Einblick in ihre Fachbereiche, wobei ihnen 220 Interessierte folgten. In kurzen, inhaltlich anspruchsvollen Vorträgen skizzierten die beiden Referenten Ursachen und Häufigkeit von Haut- und Lungenkrebs, den Schwerpunkt legten sie auf neue Therapieformen, die die vergangenen Jahre in beiden Bereichen hervorgebracht haben.

Wie bedeutend Erfolge hier sind, hatte der Radio-Onkologe Professor Jürgen Debus, neuerdings auch Vorstandsvorsitzender des Uniklinikums, in seiner Begrüßung bereits deutlich gemacht – er verwies dazu auf eine halbe Million Krebsneuerkrankungen jährlich in Deutschland. Die Immuntherapie spiele in der Krebsbehandlung eine große Rolle, betonte er. Und: „Information hilft gegen die Angst“, zeigte sich Debus überzeugt.

Fakten bekam das Publikum in den folgenden anderthalb Stunden dann auch reichlich präsentiert. Dazu gehört, dass schwarzer Hautkrebs viel seltener auftritt als weißer, aber sehr viel gefährlicher ist. Die Immuntherapie, eine medikamentöse Behandlung, bei der das körpereigene Immunsystem zur Bekämpfung von Krebszellen gestärkt wird, bedeutet hier für Patienten mit Fernmetastasen einen „Riesensprung“, wie Hassel ausführte: „Nicht mehr nur zehn Prozent, sondern 50 Prozent von ihnen überleben nun dauerhaft.“ Die Behandlung setzt auch immer früher ein: Nach der Entfernung des Primärtumors wird die Immuntherapie heute auch zur Vorbeugung von Metastasen genutzt.

Für diejenigen Erkrankten, die nicht auf die Immuntherapie ansprechen, läuft die Suche nach weiteren Behandlungsformen. Dazu gehören – tatsächlich – veränderte Viren. Schon in früheren Zeiten haben Mediziner immer wieder beobachtet, dass Tumoren von Krebspatienten, die auch noch bestimmte Infektionskrankheiten durchmachten, schrumpften. Inzwischen können sie diesen Mechanismus immer gezielter nutzen. „Tvec ist ein verändertes Herpesvirus. Es befällt nicht Nerven-, sondern Tumorzellen und produziert einen Botenstoff, der Immunzellen in die Tumorumgebung lockt“, berichtete Hassel von einem Medikament, das in Deutschland seit 2016 auf dem Markt ist.

Auch bei Lungenkrebs kann die Immuntherapie Patienten grundsätzlich helfen und sie im besten Fall heilen. Wie die Chancen stehen, lässt sich pauschal nicht sagen: Das hängt ab vom Stadium der Erkrankung und von der Tumorbiologie. Thomas zufolge gelingt die Heilung mit Hilfe der Immuntherapie beim metastasierten nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom bei jedem fünften Patienten. Forscher suchen nach Immuntherapien für weitere Ausprägungen von Lungenkrebs, aber auch andere Therapien sind in der Entwicklung, darunter Vakzine, die auf demselben Mechanismus wie Covid-Impfstoffe basieren – ein Aspekt, der das Publikum auch in der lebhaften Fragerunde noch beschäftigte. 

Tipp

Haut: Der größte Risikofaktor bei schwarzem Hautkrebs ist UV-Strahlung. Wer in die Sonne geht, sollte sich am aktuellen UV-Index orientieren. „Spätestens ab einem Wert von 4 sollte man die Sonne meiden oder zumindest Sonnencreme auftragen“, rät Dermato-Onkologin Hassel. Einige Wetterdienste im Internet zeigen den UV-Index an.

Lunge: „Das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, hängt zu 85 Prozent mit dem Rauchen zusammen“, berichtete Thorax-Onkologe Thomas. Wer aufhört, mindert sein Risiko. Ab kommendem Jahr soll zur Früherkennung deutschlandweit ein Screening eingeführt werden, je nach Höhe des Zigarettenkonsums. „Die Gesetzesvorlage ist jetzt durch“, so Thomas

Beitrag: Julia Lauer, RNZ

Impressionen des Abends

Referenten

Portrait von Prof. Dr. med. Jessica Hassel

Professorin Jessica Hassel
Leiterin Hauttumorzentrum,
Universitätsklinikum Heidelberg und NCT Heidelberg

Professor Michael Thomas
Chefarzt Throaxonkologie, Thoraxklinik am UKHD