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Newsroom Events Medizin am Abend 2022 83. Augenpflege

Die eigenen Augen richtig pflegen

Sie wiegen gerade einmal 15 Gramm und machen das Sehen überhaupt erst möglich: die Augen. Die Tränenflüssigkeit dient dazu, ihre empfindliche Oberfläche zu schützen. Oft aber funktioniert das nicht richtig, und die Augen trocknen aus. Gerd U. Auffarth ist Professor für Augenheilkunde am Heidelberger Universitätsklinikum. Im Rahmen der Interviewserie „Medizin am Abend“ erklärt er, woran das liegt – und was hilft.

Herr Professor Auffarth, nun sprechen wir am Telefon, und ich kann Sie nicht sehen. Blinzeln Sie denn oft genug?

Hoffentlich! Normalerweise läuft das unbewusst, und man blinzelt ganz automatisch etwa 16-mal pro Minute. Das ist genug, um das Auge zu befeuchten. Diese Frequenz sinkt aber schnell ab, wenn man vor dem Computer sitzt und sich konzentriert. Das strengt die Augen an, und sie trocknen schneller aus.

Nimmt dieses Problem denn zu? Immerhin arbeiten heute viel mehr Menschen vor dem Rechner als früher.

Augentrockenheit ist eine Erkrankung, die früher oder später fast jeden betrifft – mal episodisch, mal chronisch. Je älter man ist, desto eher kommt es zu Problemen mit der Tränenflüssigkeit, sodass deren Zusammensetzung nicht mehr ganz stimmt. Wenn dann noch Umweltfaktoren wie Ozon oder Klimaanlagen hinzukommen und eine Lebensweise, bei der man visuell aktiv ist und etwa den ganzen Tag auf den Bildschirm schaut, verschärft sich das Problem.

Inwieweit?

Statistisch gesehen hat grob geschätzt jeder fünfte Mensch trockene Augen, es ist geradezu eine Volkskrankheit. Genauere Zahlen gibt es aus Asien. Bei den Über-40-Jährigen sind es 60 bis 70 Prozent, die damit zu kämpfen haben. Die Größenordnung dürfte bei uns ähnlich sein. Das bedeutet, dass auch ein großer volkswirtschaftlicher Schaden damit verbunden ist.

Reichen Augentropfen, um das Problem zu beheben?

Das kommt darauf an. Manchmal reicht es nach einem langen Arbeitstag, wieder mehr zu blinzeln, um das Auge zu befeuchten. In anderen Fällen helfen Augentropfen zum Beispiel mit Hyaluronsäure, die die Tränenflüssigkeit ersetzen. Man kann sie unbegrenzt nehmen, sie schaden nicht. Wenn das nicht hilft, lohnt es sich, die Tränenflüssigkeit genauer zu untersuchen, womöglich fehlt ein Bestandteil. Dann kann man die Therapie daran anpassen.

Erklären Sie das doch mal genauer.

Ein gesunder Tränenfilm hält mindestens zwanzig Sekunden, bevor er aufreißt – unter 10 Sekunden hat man wirklich deutliche Beschwerden. Neben Wasser enthält die Tränenflüssigkeit auch fettige und schleimige Anteile zur Stabilisierung des Tränenfilms, und auch der pH-Wert spielt dabei eine Rolle. Wenn die Bestandteile nicht im Gleichgewicht sind, funktioniert dieser Mechanismus nicht. Das zu erkennen, kann bei der Wahl des Mittels helfen. Trockene Augen sollte man immer behandeln, damit es nicht zu chronischen und schmerzhaften Entzündungen kommt.

Sind Augentropfen immer das Mittel der Wahl?

Je nach Problem. Wenn beispielsweise die Meibom-Drüsen am Rand der Augenlider verstopft sind, hat man viel Tränenflüssigkeit, dennoch trocknet das Auge aus. Neben Augentropfen und Spülungen gibt es weitere Behandlungen: etwa die Lichttherapie, Geräte, die diese Drüsen massieren, oder auch kleine Stöpsel, die in den Tränenkanal eingeführt werden und den zu schnellen Abfluss der Tränen verhindern.

Wer nimmt solche Behandlungen vor?

Wir sind an der Universitätsaugenklinik auf Augentrockenheit spezialisiert. Es gibt auch niedergelassene Augenärzte, die sich intensiv damit beschäftigen. Viele Augenärzte schicken Patienten mit schwerer Augentrockenheit aber zu uns.

Kann man trockene Augen eigentlich auch operieren?

Häufiger erlebt man den umgekehrten Fall: dass Operationen zu trockenen Augen führen. Laser-Operationen können die Nervenfasern der Hornhaut schädigen, vor allem in höherem Alter. Auch das trocknet die Augen aus. Dass die Trockenheit hingegen Operationen nach sich zieht, gibt es aber auch. Rheuma gehört zu den Auto-Immunerkrankungen, die Augentrockenheit bedingen können. Es kommt vor, dass sich bei Rheumatikern ein Geschwür im Auge bildet, sodass wir Hornhaut transplantieren. Das ist so ein Fall, in dem eine Operation helfen kann.

Ist es auch möglich, der Augentrockenheit vorzubeugen?

So ein empfindliches Organ wie das Auge müsste man viel besser pflegen! Das erfordert nicht einmal teure Cremes. Stattdessen sollte man die Augen beim Aufstehen mit sauberem Leitungswasser besprengen und die Lider gründlich säubern. Baby-Shampoo ist zur Reinigung verklebter und entzündeter Wimpern-Ränder gut geeignet. Und bei der Arbeit kann es nicht schaden, hin und wieder mal ein oder zwei Minuten durchs Fenster in die Ferne zu gucken. Das Weiße im Auge sollte weiß sein. Ist das nicht der Fall, sollte man zum Arzt gehen.

Macht es für die Augen einen Unterschied, die Zeitung digital oder auf Papier zu lesen?

Es zählt vor allem, dass die Schrift gut ausgeleuchtet ist – egal ob auf dem Bildschirm oder auf Papier. Wenn sich die Buchstaben deutlich vom Untergrund abheben, entspannt das die Augen.

Die Zeitschrift „The Ophthalmologist“ hat Sie zu einem der 100 einflussreichsten Augenärzten der Welt gekürt. Ist das auf eine bestimmte Erkenntnis oder Behandlung zurückzuführen?

Nein, das liegt eher daran, dass ich mich fortwährend auf hohem Niveau mit vielen Themen beschäftige: mit Implantaten, Hornhautchirurgie und Laser oder auch mit dem Grauen und Grünem Star. Ich publiziere mit meinen Forschungsgruppen sehr viel und regelmäßig. Ich arbeite viel mit Start-ups an Innovationen und Implantaten und Operationen der Zukunft zusammen, und so stehe ich immer wieder auf dieser Liste.

Das Interview führte Julia Lauer, RNZ

Referent

Prof. Dr. Gerd U. Auffarth
Ärztlicher Direktor der Augenklinik am UKHD