Newsroom Events Medizin am Abend 2025 108. Gestörter Schlaf:…

Licht aus, gute Nacht!

„Medizin am Abend“: Zwei Ärzte erklärten, warum guter Schlaf zur Gesundheitsvorsorge zählt – Wie entstehen Schlafstörungen?

Manch einen Drink könnte man sich sparen, denn auch 24 Stunden Schlafentzug wirken so wie ein Promille Alkohol im Blut: Das gehörte zu den Erkenntnissen, die das Publikum der jüngsten Ausgabe von „Medizin am Abend“, der gemeinsamen Veranstaltungsreihe von Rhein-Neckar-Zeitung und Universitätsklinikum, mit nach Hause nahm. Die beiden Lungenärzte Dr. Mavi Schellenberg und Prof. Felix Herth von der Thoraxklinik waren angetreten, um 400 Interessierte im Hörsaal der Kopfklinik rund um die Themen Schlaf und Schlaflosigkeit aufzuklären. Dabei hatten die Mediziner nicht nur bierernste Erkenntnisse aus dem Schlaflabor im Gepäck, sondern auch allerhand Tipps und kuriose Fakten – gelacht wurde auch.

Und wo wir schon beim Thema Bier sind: Dessen Konsum ist aus schlafmedizinischer Sicht für eine erholsame Nachtruhe freilich nicht angeraten. „Sie schlafen noch gut ein, aber Sie schlafen schlechter durch“, bestätigte Herth eine Erfahrung aus dem Alltag. „Und wenn Sie erst noch drei Bier trinken, bevor Sie ins Bett gehen, müssen Sie nachts zudem aufs Klo.“ Wenig ratsam ist weiterhin der Konsum von Koffein und Zigaretten, und auch Medikamente können hinter schlechtem Schlaf stecken, angefangen von Blutdrucksenkern bis hin zu Schilddrüsenmitteln. „Wenn Sie Medikamente einnehmen und schlecht schlafen, sprechen Sie Ihren Hausarzt an, vielleicht findet sich ein anderes Präparat“, empfahl Schellenberg.

Harndrang, Juckreiz, Herzrasen: Auch körperliche Ursachen kann schlechter Schlaf haben. Im Schlaflabor der Thoraxklinik hat Schellenberg es häufig mit der Schlafapnoe zu tun, wobei die Atmung wiederholt und kurzzeitig aussetzt – mitunter dauert so eine Atempause schon einmal zwei Minuten, sagte Schellenberg. Raunen im Publikum. „Niemand erstickt, aber auf Dauer ist das ungesund“, erklärte die Ärztin. Denn neben der Erschöpfung am Tag können sich körperliche Langzeitfolgen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Übergewicht einstellen. Guter Schlaf bedeutet Lebensqualität. Kein Wunder also, dass sich Menschen aller Zeiten mit ihm auseinandersetzten. „Drei Dinge helfen, die Mühseligkeiten des Lebens zu tragen: Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen“: Mit dieser Erkenntnis wird häufig der Philosoph Immanuel Kant zitiert. Und zumindest bezogen auf den Schlaf hat er damit recht. „Genug und ausreichend zu schlafen, fördert das Immunsystem, beugt Infektionen vor und beschleunigt die Heilung. Außerdem erhöht es die Ansprechrate nach Impfungen“, berichtete Herth. Im Schlaf bekommt der ganze Organismus eine Ruhepause, Temperatur und Hormone werden reguliert, Abfallstoffe abtransportiert.

Dass all das geschieht, braucht seine Zeit – und die ist überall auf dem Globus in etwa gleich lang. „Weltweit schlafen die Menschen circa acht Stunden“, berichtete der Arzt, wenngleich die Nachtruhe in manchen Ländern früher beginnt als in anderen. Dass die Menschen seit der Erfindung des elektrischen Lichts immer weniger zum Ausruhen kommen, findet er bedenklich. „40 Prozent der Amerikaner schlafen weniger als sechs Stunden, das ist auf Dauer ein Problem.“ Licht aus also, und gute Nacht? Im Idealfall ja. „Nach 15 Minuten sollten Sie eingeschlafen sein“, meinte Herth.

Was das Publikum interessierte

Das Publikum hatte wieder Gelegenheit, Fragen zu stellen. Eine Auswahl:
> Man bewegt sich im Schlaf. Warum fällt man dabei nicht aus dem Bett? Das komme durchaus vor, sagte Mavi Schellenberg, etwa bei neurologischen Erkrankungen. Bei gesunden Menschen falle wohl zuerst die Hand aus dem Bett, meinte Felix Herth. „Das merkt man.“

> Was tun, wenn man nicht schlafen kann? Schellenberg riet: „Stehen Sie auf, setzen Sie sich kurz aufs Sofa. Aber machen Sie sich keinen Espresso und lassen Sie auch das Licht aus.“ Und Herth bestätigte: „Wenn Sie beim Zählen bei Schaf 10 000 angelangt sind, haben Sie im Bett nichts mehr verloren.“

> Haben die Ärzte schon mal ihren eigenen Schlaf überwacht? „Ich nicht, ich schlafe gut“, sagte Herth. Und Schellenberg? „Ich habe gerade bei den Damen im Labor einen Termin vereinbart. Ich muss ja wissen, wie das ist.“

Info: Die nächste Folge: Prof. Thomas Strowitzki spricht am Donnerstag, 10. April, zum Thema: „Alles Hormone: von Pubertät bis Wechseljahre.“ Um 19 Uhr in der Kopfklinik, INF 400.

Beitrag: Julia Lauer, RNZ

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Tag der offenen Tür im Schlaflabor der Thoraxklinik

Samstag, 21. Juni 2025

https://www.thoraxklinik-heidelberg.de/

Funktionen der Nachtruhe verändern sich während des Lebens – Schlafmangel als Gesundheitsrisiko – Wie erkennt das Gehirn, dass es abschalten soll?

Das Gedächtnis, die Psyche, das Immunsystem – all das profitiert von gutem Schlaf. Doch nicht nur Neurologen oder Psychologen interessieren sich für ihn, sondern auch Lungenärzte. Dr. Mavi Schellenberg und Prof. Felix Herth von der Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg erklären, was die Schlafqualität im Alltag verbessert, in welchen Fällen sie als Mediziner gefordert sind und ob Ältere tatsächlich mit weniger Schlaf auskommen.

Nach einer geruhsamen Nacht behaupten wir oft, wie ein Baby geschlafen zu haben. Zu Recht?
Schellenberg: Das sagt man so, aber unser Schlaf lässt sich im Grunde gar nicht mit dem der Babys vergleichen, denn seine Funktionen unterscheiden sich. Babys schlafen vor allem, um Erlebnisse zu verarbeiten und zu wachsen, wir Erwachsene brauchen unseren Schlaf vor allem, um den Körper zu regulieren und zu entgiften. Dass der Schlaf der Babys der bessere ist, lässt sich deshalb nicht sagen. Babys schlafen auch nicht etwa tiefer: Neugeborene mögen zwar 18 Stunden täglich schlafen, kennen aber keinen Tiefschlaf. Sie haben stattdessen mehr REM-Schlaf-Phasen. Das ist die Schlafphase, in der wir am meisten träumen.

Und was passiert im Tiefschlaf?
Herth: Im Tiefschlaf sinken nicht nur Blutdruck und Körpertemperatur, sondern auch die Frequenz von Herzschlag und Atmung. Tiefschlaf ist auch wichtig für die regenerativen Prozesse. Insbesondere während dieser Phasen kann der Körper Hormone regulieren, die während des Tages hochschießen, beispielsweise Cortisol, und das bewirkt Erholung.

Stimmt es, dass der Schlaf vor Mitternacht der gesündere ist?
Herth: Das kommt darauf an, wie lange Sie morgens schlafen können. Denn nicht die Zeit, zu der man einschläft, ist entscheidend, sondern die Schlafdauer. Genügend Tiefschlaf zu bekommen erfordert eine Mindestlänge der Nachtruhe, denn er verteilt sich über verschiedene Phasen: In den ersten drei von insgesamt vier Schlafphasen einer Nacht verbringen wir jeweils rund eine halbe Stunde im Tiefschlaf.

Wenn sich die Erholung über die Nacht verteilt: Warum brauchen Senioren dann weniger Schlaf?
Schellenberg: Das ist ein weit verbreiteter Irrtum, denn im Alter geht das Schlafbedürfnis nicht zurück, sondern es verschiebt sich. Und der Schlaf kann sich verschlechtern, einerseits zum Beispiel durch Medikamente wie Antidepressiva, Blutdruck- und Blutfettsenker. Andererseits ziehen sich Ältere tagsüber eher zurück, verbringen weniger Zeit mit Bewegung und im Sonnenlicht. Dann produzieren sie aber auch weniger Melatonin, was am Abend das Einschlafen erleichtert.

Es heißt, vor hundert Jahren schliefen die Menschen jede Nacht eine gute Stunde länger als heute. War das gesünder?
Herth: Vor hundert Jahren hatten die Menschen kein Internet und auch weniger Licht, deshalb schliefen sie länger. Sieben Stunden Schlaf sollten es schon sein, um am nächsten Morgen ausgeruht zu sein, aber ob es nun sieben- oder achteinhalb Stunden sind, macht keinen Unterschied, schon gar nicht, wenn keine organischen Probleme vorliegen. Allerdings bleibt das Bedürfnis individuell.

Was empfehlen Sie für einen guten Schlaf?
Herth: Schon ein, zwei Stunden vor dem Einschlafen sollte man möglichst zur Ruhe kommen, etwa keinen Sport mehr treiben und keine Dienstmails checken. Das Handy gehört nicht ins Schlafzimmer, erst recht nicht neben das Bett. Es gibt auch Wecker ohne Internet.
Schellenberg: Hilfreich sind geregelte Schlafenszeiten und vor dem Ins-Bett-Gehen nicht zu spät und zu üppig zu essen. Auch Alkohol stört den Schlaf. Wichtig ist auch, das Bett als Schlafstätte zu nutzen. Klar, Spaß mit seinem Partner darf man darin haben. Aber es ist wichtig, dass das Gehirn erkennt, dass es hier abschalten soll.

Seit mehr als 30 Jahren gibt es ein Schlaflabor an der Thorax-Klinik. Womit haben Sie es als Lungenärzte dort am häufigsten zu tun?
Schellenberg: Da gibt es viele verschiedene Probleme, beispielsweise das Restless-Leg-Syndrom, unterschiedliche Formen der Schlaflosigkeit oder auch Schlafsucht. Die häufigste Erkrankung unserer Patienten ist die Schlafapnoe, wobei die Atmung während der Nacht wiederholt aussetzt.

Diese Atemaussetzer sind nicht akut gefährlich, aber die Langzeitfolgen sind ein Problem. Wie kommt es dazu?
Schellenberg: Es gibt eine ganze Latte von Langzeitfolgen, zum Beispiel ein erhöhter Blutdruck. Schlafmangel ist an sich schon ein Risikofaktor fürs Herz-Kreislauf-System. Durch das wiederholte Aufwachen und Sauerstoffschwankungen bei der Schlafapnoe steigt zudem die Menge von Zytokinen im Blut. Das sind Abfallprodukte aus den Zellen, die die Gefäße angreifen. Es steigt das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkt, aber auch Übergewicht und Diabetes.

Frauen leiden vor allem nach den Wechseljahren unter Schlafapnoe. Wieso?
Herth: Frauen und Männer sind gleich oft betroffen. Frauen stellen nach der Menopause ihre Hormonproduktion um. Sie nehmen dann auch gelegentlich zu, und Übergewicht begünstigt das Problem bei beiden Geschlechtern. Bei Frauen macht sich eine Schlafapnoe allerdings seltener als bei Männern durch schweres Schnarchen und häufiger durch Erschöpfung und Stimmungsschwankungen am Tag bemerkbar.

Wie helfen Sie Ihren Patienten?
Schellenberg: Manchmal lässt sich schon durch Abnehmen vieles erreichen. In anderen Fällen helfen Atemmasken, die dafür sorgen, dass Luft die Atemwege offen hält. Manchmal ist auch ein Zungenschrittmacher eine Option, der operativ eingesetzt wird.

Frau Schellenberg, Sie leiten das Schlaflabor an der Thorax-Klinik, wobei Schlafende überwacht werden. Wann kommen Sie da selbst zum Schlafen?
Schellenberg: Wir haben Fachkräfte, die für die Menschen da sind, die manchmal bis zu fünf Nächte lang bei uns übernachten. Zum Glück muss ich selbst nicht rund um die Uhr vor Ort sein – ich bin tagsüber für die Patienten da.

Info: „Der gestörte Schlaf: Was steckt dahinter? Was hilft?“ ist Thema der nächsten Folge von „Medizin am Abend“, der gemeinsamen Veranstaltungsreihe von Rhein-Neckar-Zeitung und Universitätsklinikum. Mavi Schellenberg und Felix Herth sprechen am Donnerstag, 20. März, um 19 Uhr im Hörsaal der Kopfklinik, Im Neuenheimer Feld 400.

Beitrag: Julia Lauer, RNZ

Impressionen des Abends

Referenten

Prof. Dr. Felix Herth,
Ärztlicher Direktor der Thoraxklinik des Universitätsklinikums Heidelberg

Dr. Mavi Schellenberg,
Leiterin des Schlafmedizinischen Zentrums der Thoraxklinik