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Macht Zucker wirklich krank? Gedanken zu einer angemessenen Gesundheitsvorsorge


Nicht jedes neue Studienergebnis ist für den Patienten relevant, schon gar nicht, wenn es mehr um die Verbesserung von Laborwerten statt langfristiger Lebensqualität geht. Es liege daher in der Verantwortung der Ärzte, die Zahlen im Sinne der Patienten zu interpretieren, findet Professor Dr. Dr. h.c. Peter Nawroth und fordert, den Patienten nicht unnötig das Leben schwer zu machen. Wie sich Wissenschaft mit einer humanen Medizin in Einklang bringen lässt, zeigt der renommierte Stoffwechselexperte in seinem Vortrag bei Medizin am Abend am 18. Mai 2016.

Wer an der Stoffwechselerkrankung Diabetes leidet, ist ab sofort ein Sklave seines Blutzuckerwertes. Den gilt es stets im Blick zu behalten und mit Medikamenten sehr genau einzustellen. Zudem sollen, insbesondere beim später einsetzenden Diabetes Typ 2, neben der zuckerarmen Ernährung ausreichend Bewegung und ein gesunder Lebenswandel Spätschäden verhindern. "Tun sie aber nicht", sagt Professor Dr. Dr. h.c. Peter Nawroth, Ärztlicher Direktor Universitätsklinik für Endokrinologie, Stoffwechsel und Klinische Chemie Heidelberg. "Natürlich ist es wichtig, den Blutzucker zu kontrollieren und extrem hohe Werte zu vermeiden, aber eine penible Einstellung des Blutzuckers kann Spätschäden leider nicht verhindern, ebenso wenig wie Sport oder eine strenge Diät." Der Stoffwechselexperte sieht dagegen den Druck, den diese Empfehlungen auf die Patienten ausüben, kritisch: "Darunter kann die Lebensqualität beträchtlich leiden - und die sollten wir Ärzte immer mit im Blick behalten!" Bei Medizin am Abend am Mittwoch, 18. Mai 2016, wird er darüber sprechen, was denn nun wirklich "gesund" ist, welche Art von Studienergebnissen für Patienten relevant sind und wo wissenschaftliche Daten ihre Grenzen haben. Der Vortrag beginnt um 19 Uhr im Hörsaal der Kopfklinik, Im Neuenheimer Feld 400. Universitätsklinikum und Rhein-Neckar-Zeitung laden alle Interessierten herzlich ein.
  

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Wie wirksam ein neues Medikament, eine Therapie oder eben auch ein bestimmter Lebensstil im Kontext einer Erkrankung ist, liegt auch bei wissenschaftlichen Studien stets im Auge des Betrachters - und hängt von den Fragestellungen der Studie ab. So werden neue Diabetes-Medikamente in der Regel dahingehend beurteilt, wie effektiv sie den Blutzucker senken. Interessant für die Betroffenen ist aber eigentlich eine andere Frage: Verhindern sie Spätschäden? Meistens nicht. Ähnlich verhält es sich bei der Früherkennung: Wird ein erhöhter Blutzuckerspiegel durch regelmäßige Tests bei Risikopatienten entdeckt, lässt sich durch Diät, Gewichtsreduktion, mehr Bewegung und gegebenenfalls Medikamente gut gegensteuern. "Die Betroffenen durchlaufen Schulungen, machen sich viele Gedanken über ihre Ernährung und haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie einmal schwach werden. Viele entwickeln sogar Ängste. Dabei haben Studien mit mehreren 100 Patienten gezeigt: Die Früherkennung senkt nicht das spätere Risiko für Schlaganfall oder Herzinfarkt. In meinen Augen lohnt sich das nicht", so Nawroth. Als Experte für Spätschäden bei Diabetes hat er selbige immer im Blick. Neue Medikamente, die diese nicht positiv beeinflussen, haben in seiner Klinik Hausverbot.

 Es sei Sache des Arztes, Forschungsergebnisse aus dem Blickwinkel des Patienten zu beurteilen und dann individuell zu entscheiden, wie sinnvoll eine Therapie ist, so der Internist. "Nicht alles, was möglich ist, ist auch gut für den Patienten, das wird angesichts beeindruckender medizinischer Fortschritte leider häufig übersehen. Ist eine solche Behandlung dann überhaupt ethisch vertretbar?". In seinem Vortrag wird er sich dieser Problematik anhand seiner Behandlungsschwerpunkte Diabetes und Adipositas, des immer häufiger auftretenden starken Übergewichts, annehmen.

Für eine humanere Medizin, die das Erleben des Patienten mehr in den Blick nimmt, wirbt der renommierte Stoffwechselexperte auch in seinem gerade beim Plassen-Verlag erschienenen Buch "Die Gesundheits-Diktatur". Darin geht er der Frage nach, "warum Medizin und Industrie einen Lebensstil empfehlen, der nicht hält, was er verspricht".

Impressionen des Abends

Termin

Mittwoch, 18. Mai19 Uhr
Hörsaal Kopfklinik
Im Neuenheimer Feld 400
69120 Heidelberg
Eintritt und Parken frei.

Referent

Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Nawroth
Ärztlicher Direktor Universitätsklinik für Endokrinologie,
Stoffwechsel und Klinische Chemie Heidelberg