Aneurysma und Gefäßmissbildungen

Neurochirurgische Klinik

Definition der Erkrankung

Aneurysma und Gefäßmissbildungen

Gefäßmissbildungen: Aneurysma, Kavernom oder Subarchnoidalblutung – was ist das?

Im Gehirn können unterschiedliche Gefäßmissbildungen auftreten, die entweder angeboren sind oder sich im Laufe des Lebens entwickeln. Sie alle bergen das Risiko für das Auftreten einer Hirnblutung mit zum Teil schwerwiegenden Folgen für die Patienten. Daher sollte die Beratung und Behandlung von Patienten mit  Gefäßmissbildungen im Gehirn an dafür spezialisierten Zentren, wie der Neurochirurgischen Universitätsklinik Heidelberg, erfolgen.

Zu den häufigsten Gefäßmissbildung zählen:

  • Aneurysmen
  • Arterio-venöse Malformationen (AVMs)
  • Kavernöse Hämangiome (Kavernome)
  • (Durale-) arterio-venöse Fisteln
Aneurysma

Ein Aneurysma ist eine ballonartige Ausweitung eines Blutgefäßes im Gehirn. Durch eine krankhafte Wandveränderung der Gefäße und dem ständig wirkenden Blutdruck kann es besonders an Gefäßgabeln zur Ausbildung eines Aneurysmas kommen.

Sollte ein Aneurysma als Zufallsbefund entdeckt werden, werden die Patienten an der Neurochirurgischen Universitätsklinik Heidelberg von ausgewiesenen Spezialisten ausführlich beraten, um zu klären, ob eine Behandlung zur Vermeidung einer Blutung indiziert ist, und wenn ja, in welcher Form diese idealerweise erfolgen sollte (operatives Clipping oder endovaskuläres Coiling).

Aneurysmaruptur und Subarchnoidalblutung (SAB)

Sollte ein Aneurysma bereits geplatzt sein, liegt ein lebensbedrohlicher Notfall vor und die Patienten werden auf unserer Neurochirurgischen Intensivstation behandelt. Häufige Risikofaktoren für das Auftreten einer Aneurysmaruptur und der Entstehung einer Subarchnoidalblutung (SAB) sind unter anderem ein nicht-eingestellter erhöhter arterieller Blutdruck, Blutdruckschwankungen und Nikotin- und Substanzabusus.

Insgesamt ist die Häufigkeit für das Auftreten einer Subarachnoidalblutung (SAB) seit 2005 in den Industrieländern zurückgegangen, liegt aber nach wie vor bei 10-15/100.000 Einwohnern pro Jahr.

Arterio-venöse Malformationen (AVMs)

Arteriovenöse Malformationen (AVM) sind in der Regel angeborene Gefäßmissbildungen, die sich im Laufe des Lebens verändern können. Charakteristischerweise fehlt das verästelte Geflecht feinster Blutgefäße (Kapillaren), sodass arterielles Blut vom Herzen direkt über einen Kern (Nidus) krankhafter Gefäße wieder in die Hirnvenen und zurück in den Körperkreislauf geleitet wird. Dies führt zu einem hohen Druck in den Venen, die sich oftmals stark erweitern und letztlich auch Platzen können. Wenn eine AVM blutet, kann sie „symptomatisch“ werden und neurologische Defizite hervorrufen. Die Angabe einer individuellen Blutungswahrscheinlichkeit ist schwierig und hängt von vielen Faktoren ab; insgesamt wird das Risiko zwischen 1-4% pro Jahr beziffert. 

Kavernöse Hämangiome (Kavernome)

Kavernome sind Traubenförmige, gutartige meist angeborene Gefäßwucherungen, auch als Blutschwämmchen bekannt, die im Gehirn oder Rückenmark auftreten können. Sie haben keine arteriellen Zuflüsse, sondern sind venöse Malformationen mit niedrigem Fluss, sodass es im Blutungsfall meinst „nur“ zu einer Sickerblutung kommt.

Da es sich um eine „low-flow“ Malformation handelt (rein venös), sind die Blutungen kleiner und die Patienten weniger schwer betroffen. Das Blutungsrisiko liegt mit 2-4% pro Jahr (im Hirnstamm bis 6%) aber höher.

Arterio-venöse Fisteln

Arterio-venöse Fisteln sind seltene Kurzschlussverbindungen zwischen einer Arterie und einer Vene und können sowohl im Gehirn wie auch im Rückenmark auftreten.

Weitere Informationen

Symptome

Aneurysma und Gefäßmissbildungen: Symptome

Patienten mit einem Aneurysma spüren in der Regel nichts. Nur in den seltenen Fällen, wenn ein Aneurysma z.B. auf einen Hirnnerv drückt, können neurologische Defizite auftreten. In der überwiegenden Mehrzahl wird das Aneurysma als Zufallsbefund oder bei der notfallmäßigen Abklärung einer Hirnblutung entdeckt.

Bei einer Aneurysmaruptur oder Subarchnoidalblutung (SAB) können je nach Schwere der Blutung Symptome von Kopfscherzen und meningealen Reizungen, über neurologische Defizite bis hin zum Koma oder plötzlichen Tod reichen.

Bei vielen Patienten wir deine AVM als Zufallsbefund oder im Rahmen der Abklärung von Krampfanfällen diagnostiziert. Kommt es allerdings zur Blutung, können die Symptome von Kopfschmerzen, neurologischen Defiziten (Sprachstörung, Lähmungen, etc.) oder zum Koma führen, je nach Lokalisation und Größe der Blutung.

Patienten beschreiben oftmals Kopfschmerzen oder Krampfanfälle. Je nach Lokalisation können aber auch neurologische Defizite, wie Dysästhesien, Lähmungen oder Sprachstörungen auftreten. Schwere Blutungen, die bis zum Koma oder Tod führen, sind selten.

Arterio-venöse Fisteln bergen zum einen das Risiko für das Auftreten einer Blutung, können aber auch Kopfschmerzen oder Tinnitus, sowie Dysästhesien oder Lähmungen führen.

Diagnose

Bei Patienten mit elektivem Aneurysma (zufällig entdeckt) erfolgt die Diagnostik meist mittels MRT/MR-Angiographie oder CT/CT-Angiographie, ergänzt durch eine digitale Subtraktionsangiographie, vor allen bei komplexen Fällen oder geplanter endovaskulärer Versorgung.

Bei Patienten, die uns notfallmäßig mit einem geplatzten Aneurysma und einer Subarachnoidalblutung (SAB) zuverlegt werden, erfolgt die Primärdiagnostik mittels CT und CT-Angiographie um schnellstmöglich einen Überblick zu bekommen, welche Gefäßmissbildung als Ursache für die Blutung verantwortlich ist. Es folgt dann eine digitale Subtraktionsangiographie zur genauen Darstellung der Anomalie.

Zur Diagnostik der AVMs und späteren Indikationsstellung für eine mögliche Behandlung ist eine MRT/MR-Angiographie (Magnetresonanztomographie) sowie eine DSA (Digitale Subtraktionsangiographie) zwingend notwendig. Während die MRT die Lokalisation und Ausdehnung der AVM im Hirngewebe und benachbarte Strukturen, sowie Blutabbauprodukte einer möglichen stattgehabten Blutung darstellt, kann die DSA die einzelnen Gefäße, den Nidus, sowie Fluss- und Strömungsverhältnisse und ggf. assoziierte venösen Aneurysmen aufzeigen.

Die CT bzw. CT Angiographie spielt nur für die Notfalldiagnostik bei Patienten mit einer atypischen Blutung eine Rolle. Hier kann rasch ein Überblick über die Ausdehnung der Blutung und möglichen pathologischen Gefäßformationen geschaffen werden, insbesondere, wenn auf Grund der Größe der Blutung eine neurochirurgische OP geplant ist.

Die Diagnostik der Wahl ist die MRT. Darin zeigt sich der Kavernomknoten mit dem charakteristischen Hämosiderinsaum als Zeichen für Blutabpressungen aus dem Kavernom, z.T. auch in Assoziation mit einer DVA (developmental veneous anomaly). Ergänzend kann eine digitale Subtraktionsangiographie (DSA) durchgeführt werden, mit der eine AVM von einem Kavernom abgegrenzt werden kann.

Das CT spielt hingegen nur eine untergeordnete Rolle, und findet meist nur i.R. der Notfalldiagnostik zum Ausschluss/Nachweis einer Blutung Anwendung.

Ablauf der Behandlung

Die Behandlung von Aneurysmen verfolgt das Ziel, das Aneurysma so auszuschalten, dass die Gefahr der Ruptur oder der nochmaligen Ruptur (wenn es schon geplatzt ist) gebannt ist. Im Blutungsfall ist stellt die Versorgung von Aneurysmen einen Notfall dar und sollte so rasch wie möglich erfolgen, da eine Zweitblutung das Risiko für ein schlechtes Überleben deutlich erhöht (Mortalität > 50%).

Dafür stehen zwei etablierte Verfahren zur Verfügung:

  • Mikrochirurgisches Clipping
  • Endovaskuläres Coiling

Beim mikrochirurgischen Clipping wird das Aneurysma und die zu- und weiterführenden Gefäße unter dem Mikroskop präpariert und ein oder mehrere Clips so auf das Aneurysma gesetzt, dass dieses nicht mehr durchblutet ist und alle zu und weiterführenden Gefäße offen bleiben.

Als spezialisierte Universitätsklinik verfügen wir über eine überdurchschnittliche und hochmoderne medizintechnische OP-Ausstattung. Schon vor der Operation können an Hand von Bilddatensätzen (MR-Angio, CT-Angio, DSA), die Aneurysmen rekonstruiert und an speziellen Monitoren im OP projiziert werden und ermöglichen dem Neurochirurgen so einen dreidimensionalen Eindruck und damit hervorragenden Überblick. Ebenso wird der Mikrodoppler oder die intraoperative ICG-Angiographie routinemäßig eingesetzt, um zu überprüfen, ob das Aneurysma verschlossen ist und ob die weiterführenden Gefäße offen und regelrecht perfundiert sind. Ferner kann bei sehr distal gelegenen Aneurysmen auch eine Neuronavigation verwendet werden, die das Auffinden erleichtern.

Beim Coiling werden die Aneurysmen von den Kollegen der Neuroradiologie mittels Katheter-Technik über einen Zugang der Leistenarterie versorgt. Dabei wird ein Mikrokatheter kurz vor das Aneurysma platziert und Platin-Coils in das Aneurysma eingebracht, das dadurch von innen thrombosiert. Ergänzt wird diese Technik, je nach Lokalisation und Konfiguration des Aneurysmas, noch durch den Einsatz von Stents, Ballon-Technik oder Flow Divertern.

Die Behandlung von Patienten mit AVMs ist komplex und erfolgt in vaskulären Zentren, wie der Universität Heidelberg, interdisziplinär. In der regelmäßig stattfindenden AVM Konferenz, bestehend aus spezialisierten Kollegen der Neurochirurgie, Neuroradiologie, Strahlentherapie und Neurologie, werden alle Patienten mit AVMs interdisziplinär besprochen. Anhand von Anamnese und der zur Verfügung stehenden Bildgebung (MRT,MR-Angiographie, DSA) wird zunächst festgelegt, ob eine Behandlung indiziert ist, d.h. ob das Blutungsrisiko höher als das Behandlungsrisiko liegt.

Wenn eine Behandlung erfolgen sollte, stehen dafür verschiedene Techniken zur Verfügung:

  • Mikrochirurgische Resektion
  • Endovaskuläre Embolisation
  • Strahlentherapie

Welches Verfahren das geeignete ist, hängt maßgeblich von der Lage und Größe, wie auch von den Versorgungs- und Drainageverhältnissen der AVM ab, sowie ob assoziierte Aneurysmen vorliegen oder ob es bereits zu einer Blutung gekommen ist. In manchen Fällen findet auch ein kombiniertes Vorgehen statt, z.B. eine Teilembolisation gefolgt von einer mikrochirurgischen Resektion.

Bei der Mehrzahl der Patienten werden das Kavenrom oder mehrere davon, als Zufallsbefund entdeckt, ohne dass bislang eine Blutung aufgetreten war. In diesen Fällen wird meist ein konservatives Vorgehen (Reduktion von Risikofaktoren und Normalisierung des Blutdrucks) angestrebt. Kam es allerdings zu einer Einblutung, sollte das Kavernom mikrochirurgische entfernt werden.

Da das Kavernom keine arteriellen Zuflüsse hat, stehen endovaskuläre Behandlungsoptionen (Embolisation, Coiling) nicht zur Verfügung; ebenso zeigen strahlentherapeutische Behandlungen nur einen geringe Verschlussrate, sodass die Therapie der Wahl die mikrochirurgische Resektion ist. Mit Hilfe der Verwendung von Neuronavigation kann diese auch bei tiefer Lage sicher aufgefunden und entfernt werden.

Ziel der Behandlung ist der Verschluss des Fistelpunktes um das Blutungsrisiko zu minimieren, bzw. den pathologischen Fluss in den arteriell gefüllten Venen zu normalisieren und somit z.B. ein entstandenes Ödem im Rückenmark, das bis zum Querschnittssyndrom des Patienten führen kann, zu normalisieren.

Dabei kommen verschiedenen Techniken zum Einsatz. Je nach Lage und Ausdehnung der Fistel, kann diese durch eine mikrochirurgische Operation verschlossen werden. Alternativ kommen auch endovaskuläre Verfahren (Embolisation, Coiling) zum Einsatz.  Bei spinalen AV-Fisteln (Grad I) sind die mikrochirurgischen Verfahren aber eindeutig überlegen und führen in knapp 100% zum Fistelverschluss.

Patienten, bei denen eine Gefäßmissbildung zu einer Hirnblutung geführt hat, werden auf unserer Neurochirurgischen Intensivstation behandelt. Im Team mit erfahrenen und hochqualifizierten Intensiv-Pflegern haben wir jederzeit den ganzen Patienten im Blick. In unserer speziell ausgestatteten neurochirurgischen Intensivstation kann so unmittelbar auf Veränderungen oder Komplikationen reagiert werden. Bei Bedarf können wir ebenfalls schnell und unkompliziert auf die spezielle Expertise der Kollegen der angeschlossenen Fachkliniken zurückgreifen und arbeiten hier interdisziplinär.

Besonders bei Patienten mit Gefäßmissbildung greifen wir auf jahrzehntelange Expertise zurück und verwenden hochmoderne Techniken, um die Gefäßsituation und die Gehirnfunktion zu überwachen, wie z.B. die Messung des/der:

  • Intrakraniellen Drucks (ICP)
  • Zerebrale Durchblutung und Blutvolumens (CBF, CBV)
  • Sauerstoffsättigung des Hirngewebes (ptiOs)
  • Metabolismus des Hirngewebes (Mikrodialyse)
  • Dopplersonographische Untersuchung zur Detektion von Vasospasmen
  • CT Perfusion und Angiographien durch die Kollegen der Neuroradiologie

In der Neurochirurgischen Klinik Heidelberg führen wir pro Jahr mehr als hundert neurochirurgische Gefäßeingriffe durch, also etwa zwei pro Woche. Welche Behandlungsstrategie dabei die beste ist, hängt neben der allgemeinen körperlichen Verfassung unserer Patienten vor allem davon ab, welche Blutgefäße betroffen sind, und welche Risiken die Gefäßmissbildung birgt.

Mittels hochpräziser Diagnoseverfahren und sorgfältiger Risiko-Nutzen-Analyse machen sich unsere erfahrenen Neurochirurgen im wahrsten Sinne des Wortes ein genaues Bild von der Erkrankung.

Als spezialisierte Universitätsklinik verfügen wir zudem über eine überdurchschnittliche und hochmoderne medizintechnische Ausstattung. Mit fünf OP-Sälen und einer speziell ausgerüsteten Neuro-Intensivstation sind wir in der Lage, jeden Patienten im gesamten Therapieverlauf optimal zu versorgen und auf jede medizinische Situation adäquat zu reagieren.

Mögliche Komplikationen / Risiken

Welche Technik (Clipping oder Coiling) letztlich angewandt wird und für den Patienten das kleinere Behandlungsrisiko darstellt, liegt maßgeblich an der Lokalisation und der Konfiguration (Aussehen) des Aneurysmas und wird von den Neurochirurgen und Neuroradiologen unserer Klinik gemeinsam festgelegt.

Die Risiken einer AVM Behandlung sind nicht unerheblich, dennoch hat sich in den letzten Jahren sowohl die Diagnostik, wie auch die Behandlung technisch deutlich verbessert, sodass das Behandlungsrisiko reduziert werden konnte.

Nachsorge

Ganzheitliche Versorgung dank Teamarbeit und interdisziplinärer Vernetzung

Die Spezialisten unserer Klinik gehören zu den Besten ihres Faches. Doch selbst eine perfekte OP ist nicht gleichbedeutend mit einem optimalen Behandlungsergebnis. Um unsere Patienten bestmöglich behandeln zu können, sind eine sorgfältige Diagnose und Behandlungsauswahl genauso wichtig wie eine sachkundige Pflege, Nachbehandlung oder im Bedarfsfall eine frühe neurologische Rehabilitation. Aus diesem Grund spielt der Teamgedanke eine ebenso große Rolle in unserem ganzheitlichen Therapieverständnis wie eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Um unseren Patienten jederzeit die beste medizinische Versorgung zu garantieren, kooperieren wir sowohl mit den benachbarten universitären Fachkliniken (etwa der Neurologie, Neuroradiologie oder Gefäßchirurgie), also auch mit externen Partnern in der Region (z.B. Rehakliniken).

Das zeichnet uns aus

  • Jahrzehntelange Erfahrung und höchste Expertise bei der neurochirurgischen und intensivmedizinischen Behandlung von Patienten mit Missbildungen der Blutgefäße des Gehirns und Rückenmarks
  • Umfassende medizintechnische Ausstattung von der Diagnostik über OP-Verfahren bis hin zur intensivmedizinischen Versorgung: ICG-Angiografie, Intraoperative Mikro-Dopplersonografie, intraoperatives CT und MRT, OP-Navigation, Intraoperatives Neuromonitoring, intraoprative Bildbearbeitung (Buzz on wall), spezielle Ausstattung für Kernspinaufnahmen beatmeter Intensiv-Patienten
  • Enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den benachbarten Fachkliniken des Universitätsklinikums Heidelberg sowie weiteren Fachkliniken für Frührehabilitation

Sprechstunden

  • Spezialsprechstunde Gefäße

Spezialisten