Divertikulitis

Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie

Definition der Erkrankung

Divertikel sind kleine Ausstülpungen der Darmschleimhaut, die sich an strukturell schwachen Stellen der Ringmuskulatur im S-förmigen Dickdarm (Sigma-Kolon) befinden. In diesem Bereich besteht eine sogenannte Hochdruckzone in der sich der Stuhlgang ansammelt. Verfügt ein Mensch über zahlreiche solcher Darmdivertikel, sprechen wir von einer Divertikulose. Entzünden sich die Divertikel, sprechen wir von einer Divertikulitis.

Solange die Divertikel keinerlei Beschwerden (asymptomatische Divertikulose) verursachen, ist keine Behandlung nötig. Erst wenn sich die Divertikel ununterbrochen mit Stuhl füllen, können Komplikationen auftreten: Durch die fehlende aktive Entleerung können Kotverstopfungen entstehen, die Divertikel entzünden sich. Diese Entzündungen können unterschiedlich stark sein und wiederkehren.

Etwa die Hälfte aller Deutschen im Alter zwischen 60 und 80 Jahren und nahezu jeder Deutsche über 80 Jahre hat eine Divertikulose. Bei 10 bis 25 Prozent der Betroffenen entzünden sich die Divertikel, wodurch sich eine Divertikulitis entwickelt.

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Symptome

Die meisten Menschen mit Divertikulose haben keine Beschwerden. Hin und wieder treten jedoch leichte Krämpfe, Blähungen oder Verstopfung auf. Das häufigste Symptom einer akuten Divertikulitis sind Schmerzen im linken Unterbauch. Zudem können Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Krämpfe und auch hartnäckige Verstopfung auftreten.

Die Schwere der Symptome hängt von dem Ausmaß der Entzündung und den sich daraus ergebenden Komplikationen ab. Eine akute Divertikulitis kann mehrere Komplikationen wie Darmverengungen, Darmverschlüsse, Perforationen des Darms, Eiteransammlungen (Abszesse), Fisteln oder Blutungen nach sich ziehen. Im ungünstigsten Fall kommt es zu einem Darmdurchbruch mit einer lebensbedrohlichen Bauchfellentzündung (Peritonitis). Alle diese Komplikationen sind umgehend zu behandeln, da sich die Entzündung keinesfalls in die Bauchhöhle ausbreiten darf.

Ursachen

Als eine der Hauptursachen für das Entstehen von Divertikeln vermutet man eine zu ballaststoff- und zellulosearme Ernährung. Daneben erhöht sich mit steigendem Lebensalter die Gefahr, Darmdivertikel zu entwickeln.

Fehlen dem Körper Ballaststoffe, führt dies zu Verstopfungen. Durch das Pressen des Stuhls aus dem Darm entsteht ein erhöhter Druck im Inneren des Darms. Die Darmschleimhaut stülpt sich an den Schwachstellen in der Darmwand aus, Divertikel entstehen. Außerdem begünstigen eine geringe körperliche Aktivität, genetische Faktoren und Übergewicht derartige Ausstülpungen des Darms.

Diagnose

Typische Beschwerden und die Vorgeschichte geben erste Hinweise auf eine mögliche Divertikulitis. Die Diagnosestellung wird darüber hinaus durch eine körperliche Untersuchung, bildgebende Verfahren und eine Blutuntersuchung ergänzt. Die meisten Untersuchungen können wir ambulant durchführen.

Die körperliche Untersuchung umfasst neben dem Abtasten und Abhören des Bauches auch die Untersuchung des Enddarms mit dem Finger. Dadurch lassen sich Verengungen, Geschwülste und Blutungen des Darms entdecken.

Zusätzlich lassen wir das Blut und eine Stuhlprobe im Labor auf Blutinhalt untersuchen. Bei der Blutuntersuchung spricht beispielweise eine erhöhte Anzahl am weißen Blutkörperchen oder eine beschleunigte Blutsenkung für das Vorliegen einer Entzündung.

Ein Ultraschall des Bauchs (Abdomen-Sonografie) oder eine Computertomografie (CT) helfen, die entzündeten Divertikel zu lokalisieren. Zudem lässt sich mithilfe einer Röntgenaufnahme ermitteln, wie die Behandlung zu planen ist.

Ablauf der Behandlung

Bei einer Divertikulose empfehlen wir die Umstellung auf eine ballaststoffreiche Nahrung mit Obst, Gemüse und Vollkornprodukten, ergänzt durch ausreichende Trinkmengen und viel körperlicher Bewegung. Ziel: Ein weicher, jedoch noch geformter Stuhl, der ein- oder zweimal pro Tag entleert wird. Dieses sanfte Vorgehen wirkt der Bildung weiterer Divertikel entgegen und beugt mögliche Komplikationen vor.Sobald sich die Divertikel jedoch entzünden und eine Divertikulitis vorliegt, wird eine mehrstufige Therapie notwendig. Die Art der Behandlung, ob medikamentös oder operativ, richtet sich dabei nach dem Schweregrad und dem Stadium, in dem sich die Entzündung befindet.

Grundvoraussetzung für das Ausheilen der Entzündung ist eine vorübergehende Entlastung des Darms. In dieser Zeit dürfen die Betroffenen keine feste Nahrung zu sich nehmen. Deshalb erhalten sie während dieser Behandlungsphase Infusionen mit Nährlösungen, welche dem Körper die notwendigen Nährstoffe, Blutsalze, Spurenelemente und Vitamine zuführen.

Zusätzlich erhalten die Patienten schmerzstillende- und krampflösende Medikamente (Analgo-Spasmolytika) sowie ein Breitbandantibiotikum. Je nach Schwere der Erkrankung wird die Behandlung ambulant oder stationär durchgeführt. Lässt sich die Entzündung durch die Antibiotika erfolgreich eindämmen, kann der Betroffene zunächst leichte, schlackenarme Kost, später wieder faserreiche Kost zu sich nehmen. Auf diese Weise wird sich der Stuhlgang wieder regulieren. Falls bereits Stuhl aus dem Darm ausgetreten ist (Perforation), das heißt, sich ein Abszess gebildet hat, muss der Darm über einen Schlauch entleert und anschließend gespült werden.

Ob weiter konservativ behandelt wird, eine geplante Operation sinnvoll ist oder sofort operiert werden muss, entscheidet sich jeweils auf Basis des Schweregrads der akuten Divertikulitis, dem erreichten Stadium sowie dem Spontanverlauf. Denn insgesamt benötigen nur etwa zehn Prozent der Patienten eine Operation.

Das erste Auftreten einer Divertikel-Entzündung behandeln wir größtenteils konservativ mit einem Breitbandantibiotikum. Ungefähr 75 Prozent der Patienten haben danach weder Beschwerden noch einen weiteren Schub. 

Patienten mit einer chronischen Divertikulitis hingegen sprechen auf die medikamentöse Therapie deutlich seltener an. Deshalb führen wir den operativen Eingriff nach Abklingen des akuten Entzündungsschubes durch, damit keine Bakterien in die Blutbahn oder die Bauchhöhle gelangen. Mittlerweile werden auch die Schwere einer Schmerzattacke und andere widrige Symptome in die Entscheidung mit in die OP-Entscheidung einbezogen. Zudem spielen individuelle Risikofaktoren eine wichtige Rolle. Dazu zählen etwa eine Immunsuppression, ein junges Alter, starkes Übergewicht oder Zystennieren. Hier empfehlen die Richtlinien bereits nach dem ersten Schub, den betroffenen Darmabschnitt operativ zu entfernen.

Zu der kompliziert verlaufenden Form zählen Divertikelblutungen, Abszesse, ein Darmdurchbruch (Sigmaperforation) und die Entzündung des Bauchfells (diffuse Peritonitis). Bei einer komplizierten Divertikulitis sollte in jedem Fall operiert werden, da mit einer Operation das Auftreten von Komplikationen verringert werden kann.

Generell vermeiden wir eine Notoperation, wann immer es möglich ist. Kommt es während eines Entzündungsschubes beispielsweise zu einem Darmdurchbruch, einer schweren Bauchfellentzündung oder schlägt die konservative medikamentöse Therapie nicht anschlägt, muss operiert werden, um das weitere Ausbreiten der Entzündung aufzuhalten. Sollte es zu einer notfallmäßigen Operation kommen, ist es häufig notwendig einen vorübergehenden künstlichen Darmausgang für 3 Monate anzulegen.

 

Auch bei einer chronisch rezidivierenden Divertikulitis empfehlen wir die operative Therapie. Diese führt zu einer Erleichterung der starken Symptome wie kolikartige Schmerzen, Verstopfung (Obstipation) und Durchfall (Diarrhöe) im Wechsel sowie multiple Entzündungen – häufig verursacht durch Verengungen im Dickdarm (Sigma). Auch wenn sich Verbindungsgänge in andere Organe (Fisteln) ausbilden, lässt sich eine Operation nicht vermeiden.

Prinzipiell unterscheidet man zwischen einer Notoperation und einer elektiven, also geplanten Operation. Wenn möglich, versuchen wir im entzündungsfreien Intervall der Krankheit zu operieren. Dazu stehen uns die konventionelle oder die laparoskopische Vorgehensweise zur Verfügung.

Konventionelles Operationsverfahren

Um den erkrankten Darmabschnitt – meist ist der S-Darm (Sigma) im linken Unterbauch betroffen – zu entfernen, öffnen wir die Bauchhöhle mit einem geraden, ungefähr 15 bis 25 cm langen Schnitt um den Bauchnabel herum. Nach der Entnahme des entzündeten Abschnitts verbinden wir die beiden verbliebenen Darmteile wieder „Stoß auf Stoß“. So wird die Stuhlpassage wieder hergestellt. Dies gelingt nahezu immer, ohne dass ein künstlicher Darmausgang (Anus praeter) angelegt werden muss.

Laproskopisches Operationsverfahren

Der entzündete Dickdarmabschnitt lässt sich auch ohne großen Bauchschnitt sicher entfernen. Dies gelingt über eine Bauchspiegelung (Laparoskopie), wobei zusätzliche Arbeitsgeräte über winzige Schnitte in die Bauchhöhle eingebracht werden. Der entfernte Darm selbst wird über einen kurzen Schnitt im Unterbauch geborgen. Die Vorteile für unsere Patienten: Deutlich geringere Wundschmerzen nach dem Eingriff, ein rascherer Kostaufbau, eine frühzeitigere Mobilisierung und ein kürzerer Krankenhausaufenthalt bedeuten eine wesentliche Verbesserung in der Behandlung der Divertikulitis.

Bei allen Eingriffen streben wir eine einzige Operation an. Manchmal treten Situationen auf – etwa bei einer starken Bauchfellentzündung – in denen eine zweite Operation notwendig wird. Das heißt, beim ersten Eingriff entfernen die Ärzte das entsprechende Darmstück und legen einen künstlichen Darmausgang (Anus praeter). Dieser wird dann in einer zweiten Operation wieder verschlossen.