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Knochenverankertes Hörgerät BAHA

Hals-, Nasen- und Ohrenklinik

Erklärung

Ohne Mittelohr würde das flüssigkeitsgefüllte Innenohr dann dem Eintritt des Luftschalls einen so großen akustischen Widerstand (Impedanz) entgegensetzen, dass 98% des Schalls reflektiert würden. Das intakte Mittelohr hingegen überwindet diesen Widerstand (Impedanztransformation), so dass 60 Prozent des Schalls in das Innenohr eintreten. Diese Funktion nennt man "Impedanzanpassung". Ist die Funktion des Mittelohres gestört, kommt es zu einer Schallleitungsschwerhörigkeit, auch Mittelohrschwerhörigkeit genannt. Im Tonaudiogramm ist sie daran zu erkenn, dass die Knochenleitungskurve (entspricht dem Innenohr) und die Luftleitungskurve getrennt verlaufen. Eine derartige Schwerhörigkeit kann bei der kompletten Blockierung der Schallübertragung maximal 50 bis 60 dB HL betragen. Wenn zusätzlich eine sensorineurale Schwerhörigkeit (Innenohrschwerhörigkeit oder zentrale Schwerhörigkeit) vorliegt, spricht man von einer kombinierten Schwerhörigkeit. Im Hörtest erkennt man das am Abweichen der Knochenleitungskurve nach unten.

BAHA bei Atresie

Die überwiegende Mehrzahl der Schwerhörigen leidet an einer Innenohrschwerhörigkeit, wie beispielsweise der Altersschwerhörigkeit oder der Lärmschwerhörigkeit. Ein Teil diese Patienten kann erfolgreich mit einem Luftleitungshörgerät versorgt werden. Dieses gibt die Schallenergie über ein im Gehörgang befindliches Ohrpassstück über die Luft an das Mittelohr weiter.

Anders ist die Situation bei einer nicht geringen Zahl von Patienten mit Mittelohrschwerhörigkeiten, bei denen die Versorgung mit solchen Luftleitungshörgeräten nicht ausreichend oder gar nicht möglich ist. Dazu zählen unter anderem Patienten mit Ohrfehlbildung und nicht angelegtem Gehörgang ("Atresie"). Eine solche Fehlbildung tritt am häufigsten ohne erkennbare Ursache auf. Sie kommt aber auch im Rahmen von Syndromen vor, wie zum Beispiel dem Franceschetti-Syndrom oder dem Goldenhar-Syndrom, oder auch mutagen durch während der Schwangerschaft verabreichte Medikamente, wie zum Beispiel Thalidomid (Contergan ®). Glücklicherweise ist die Innenohrfunktion bei den allermeisten dieser Patienten normal, so dass ausschließlich eine maximale Schallleitungsschwerhörigkeit vorliegt. Zu einer anderen Indikationsgruppe gehören Patienten mit einer chronischen Otitis media oder externa, deren Zustand sich medikamentös oder operativ nicht weiter verbessern lässt. Diese Patienten können in der Regel ein Luftleitungshörgerät wegen einer immer wieder auftretenden Ohrsekretion oder aber wegen akustischer Rückkopplung (Feedback) nicht tragen.

Neu ist die Versorgung von einseitigen Ertaubungen (engl. Single Sided Deafness) mit einem knochenverankerten Hörgerät als CROS über die Knochenleitung. CROS steht für Contralateral Routing of Signals: Das bedeutet, die Schallsignale werden von der tauben Seite auf die gesunde hörende Seite übergeleitet. In herkömmlicher Weise geschieht dies über ein elektrisches Kabel von einem am tauben Ohr getragenen Mikrofon zu einem Hörgerät auf der gesunden Seite. Das Problem mit dieser herkömmlichen Versorgung besteht darin, dass dem Patienten jede Möglichkeit eines Richtungshörens genommen wird. Zudem kann der Patient durch da Eigenrauschen des Hörgerätes auf der gesunden Seite gestört werden. Letztlich muss er auf der normal hörenden Seite ein Hörgerät tragen, wo er eigentlich gar keines bräuchte. Unsere bisher mit dem BAHA als CROS versorgten Patienten sind damit sehr zufrieden.

Ein vs. beidseitig

Prinzipiell sollte immer versucht werden ein beidohriges Hören zu ermöglichen. Das bedeutet bei einseitiger Mittelohrschwerhörigkeit (und Normalhörigkeit auf der Gegenseite) eine einseitige Versorgung mit dem knochenverankerten Hörgerät. Dementsprechend empfehlen wir bei beiderseitigen Hörstörungen auch eine beiderseitige Versorgung mit dem BAHA. Es leuchtet ein, dass mit nur einem Hörgerät immer nur "mono" gehört werden kann, und nie "stereo". Die 48 bisher von uns beidderseitg mit einem BAHA versorgten Patienten sprechen eine deutliche Sprache: Bis auf 2 tragen alle stets ihre beiden BAHAs - der beste Beweis für den Nutzen. Wir konnten aber auch zeigen, dass sich das Sprachverständnis im Störgeräusch und das Richtungsgehör verbessert.

Über Knochenleitung hören

Die Knochenleitung (zum Beispiel Stimmgabel) kommt keineswegs nur bei der Hörprüfung oder den Knochenleitungshörgeräten vor. In der Tat nehmen wir die eigene Stimme etwa zu gleichen Anteilen über Luft- und Knochenleitung wahr. Unser Gegenüber hört dagegen lediglich den Anteil, der über die Luft übertragen wird. Das ist der Grund dafür, dass wir die eigene Stimme häufig gar nicht auf Anhieb nicht erkennen, wenn sie vom Tonband abgespielt wird: die Knochenleitung fehlt.

BAHA-Schema

Bei einem knochenverankerten Hörgerät handelt es sich um eine Sonderform eines Knochenleitungshörgerätes, bei dem die Schallenergie über einen elektromagnetischen Wandler direkt über eine im Warzenfortsatzknochen implantierte Titanschraube abgegeben wird. Sie fließt über die Knochenleitung direkt ins Innenohr. Das Hörgerät selbst ist an dieser Verankerung, nämlich der Titanschraube, die mit einem Aufsatz (abutment) durch die Haut nach außen ragt, über einen Bajonett- oder Schnappverschluss befestigt und kann leicht eingesetzt und wieder abgenommen werden. Das System wird unter dem Namen BAHA (Akronym für Bone Anchored Hearing Aid) vertrieben. Es wurde in der Arbeitsgruppe um Tjellström, Håkansson und Carlsson in Göteburg (Schweden) entwickelt. Der erste schwerhörige Patient wurde dort 1977 mit einem Prototyp versorgt. Die Größe der Schalleitungskomponente spielt lediglich insofern eine Rolle, als dass der mit dem knochenverankerten Hörgerät erzielte Benefit (funktionelle Hörgewinn, Sprachverständlichkeit) sogar um so größer ist, je höher die Schalleitungskomponente.

BAHA-Implantat
BAHA-Divino

Konventionelle Knochenleitungshörgeräte sind bereits seit langem im Einsatz. Ihr Prinzip ist die Übertragung der Schallenergie über einen auf die Haut des Warzenfortsatzes aufgedrückten Vibrator. Sie können über einen Bügel, ein Kopfband oder in einem Brillengestell (Hörbrille) getragen werden. Neuerdings wird es auch für das BAHA-Gerät ein Stirnband unter dem Namen Softband angeboten. Diese konventionellen Knochenleitungshörgeräte sind zum Beispiel bei Säuglingen und Kleinkindern mit beiderseitiger Gehörgangsatresie die einzige Versorgungsmöglichkeit in den ersten Lebensjahren. Ihnen ist jedoch gemeinsam, dass ein gewisser Anpressdruck zur Überwindung der Dämpfung durch die Haut und zur ausreichenden Schallübertragung benötigt wird. Obwohl die Versorgung in den ersten Lebensjahren meist erfolgreich ist, kann dieser Anpressdruck bei langfristiger Anwendung zu Hautdruckstellen und Kopfschmerzen führen, so dass die Hörgeräte lediglich eine begrenzte Zeit getragen werden. Pointiert kann zumindest für einen Teil der Patienten gesagt werden, dass sie entweder hören und Schmerzen haben oder keine Schmerzen haben, aber auch nicht hören. Im Gegensatz dazu erfolgt bei den knochenverankerten Hörgeräten die Übertragung der Schallenergie direkt auf den Knochen, so dass die oben genannten Schmerzen nicht auftreten, weil kein Anpressdruck erforderlich ist. Aber auch die Dämpfung durch die Haut entfällt, so dass die Schallübertragung gleichzeitig distorsionsfrei und energiesparend (Batterienverbrauch!) wird. Dies registriert der Patient in Form einer deutlich klareren Übertragungsqualität mit höherer Lautstärke. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass sich die Sprachentwicklung bei Kindern mit knochenverankerten Hörgeräten verbessert.

Komplikationen nach Implantation für ein BAHA sind generell sehr selten. Beruhigend ist, dass für das Gehör auf keinen Fall eine Gefährdung besteht. Am häufigsten treten leichtere entzündliche Reaktionen um das Implantat auf. Diese sind in der Regel harmlos und können lokal mit einer Salbe behandelt werden. Ernsthafte Entzündungen, oder sogar eine Knochenentzündung sind Raritäten.