Analatresie

Sektion Kinderchirurgie

Definition der Erkrankung

Die Analatresie ist eine Fehlbildung des Enddarmes, bei der diese blind endet und nicht nach außen in ein After mündet. Häufig ist der verschlossene Darm über einen Verbindungsgang (Fistel) mit Damm, Blase, Harnröhre oder Vagina verbunden. Eine Ursache ist bisher nicht bekannt. Genetische wie auch andere Faktoren können der Auslöser dafür sein.

Mit einer Häufigkeit von 1:5.000 Geburten handelt es sich um eine seltene Erkrankung, für deren Therapie die Erfahrung ausgewiesener Spezialisten nötig ist. Hierzu stehen an der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg kinderchirurgische Fachärzte zur Verfügung, die von der Diagnosestellung im Mutterleib über die direkte Versorgung im Kreissaal und ggf. weiteren Operation bis zur Nachbehandlung den Kindern und deren Eltern zur Seite stehen. Durch den engen und direkten Kontakt mit den einzelnen Ärzten können wir eine optimale und möglichst angenehme Betreuungssituation für Ihr Kind erzielen.

Weitere Informationen

Symptome

Eine zuverlässige vorgeburtliche Diagnostik ist bisher nicht möglich. Nach der Geburt fallen die Kinder durch eine fehlende anale Öffnung und gegebenenfalls Fistel auf. Gelegentlich entleert sich der Stuhl oder die Luft über die Harnröhre oder Vagina oder es zeigt sich ein geblähtes Bäuchlein.

50 bis 60 Prozent der betroffenen Kinder haben Begleitfehlbildungen. Meist betrifft dies den Harntrakt. Fehlbildungen am Herz und Magen-Darmtrakt treten ebenfalls gehäuft auf. Das sogenannte VACTERL-Syndrom fasst die häufigsten assoziierten Fehlbildungen zusammen (V: Wirbelkörper, A: anorektal, C: Herz, T: Luftröhre, E: Speiseröhre, R: Nieren, L: Gliedmaße). Syndromale Fehlbildungen wie das Down-Syndrom sind ebenfalls häufig.

Diagnose

Nach der Geburt führen wir eine gründliche körperliche Untersuchung vor allem des Afters und Dammbereich durch. Daran schließt sich eine Ultraschalluntersuchung des Bauches und vor allem der Nieren und des Harntraktes an.

Herzfehlbildungen können durch eine Herzechografie festgestellt werden. Die Durchgängigkeit der Speiseröhre prüfen wir mithilfe einer Magensonde. Eine engmaschige Kontrolle darüber, ob die kleinen Patienten Stuhl (z.B. über den Urin) absetzen, führen wir ebenfalls durch. Entleert sich Stuhl über den Urin muss eine Kontrastmittel-Röntgen-Darstellung der ableitenden Harnwege erfolgen. Eine Kernspinuntersuchung (MRT) ziehen wir häufig zu Klärung der Anatomie hinzu.

Hierzu steht in Heidelberg ein spezialisiertes interdisziplinäre Team zur Verfügung, bestehend aus Neonatologen, Kinderchirurgen, Kinderradiologen und spezialisierten Kinderärzten wie Nephrologen, Kardiologen und Gastroenterologen. Ziel der Zusammenarbeit ist das Erkennen aller möglichen Nebenerkrankungen sowie das Einleiten und Durchführen einer optimalen, an den aktuellen weltweiten Wissenstand angepassten Therapie.

Ablauf der Behandlung

Therapeutisch unterscheidet sich die Behandlung danach, ob eine Fistel vorliegt, und wenn ja, wo sie lokalisiert ist sowie durch die Höhe der Fehlbildung. Entscheiden dabei ist, ob die Anlage eines künstlichen Darmausgangs im Bereich des Dickdarmes (Kolostoma) notwendig ist, bevor die korrigierende Operation durchgeführt wird.

Ein Verbindungsgang (Fistel), die sich zum Damm hin entleert, lässt sich zunächst problemlos mit einem Metallstab erweitern, um die Stuhlentleerung zu ermöglichen. Falls sich im Röntgen-Kontrastmittel-Bild keine Darmerweiterung zeigt, kann auf einen künstlichen Darmausgang verzichtet werden. Bei einer bestehenden Fistel mit Austritt von Stuhl über den Urin oder der Scheide ist ein künstlicher Darmausgang im Bereich des Dickdarm (Kolostoma) erforderlich.

Besteht keine Fistel und ist der Abstand von Enddarm zur Haut gering (weniger als 1 cm), kann die primäre Korrektur der anorektalen Fehlbildung ohne ein Kolostoma erfolgen. Ist der Abstand dagegen länger, wird zum Schutz der Korrekturoperation zunächst ein künstlicher Darmausgang angelegt. Die durchgeführte operative Korrektur wird PSARP (posteriore sagittale ano-rekto Plastik) genannt. Dabei wird der nicht nach außen mündende Enddarmstumpf vom Gesäß aus freigelöst und die gegebenenfalls vorliegende Fistel verschlossen. Anschließend wird der Darmstumpf eröffnet und durch eine Annaht nach außen ein After geschaffen. Der gegebenenfalls zuvor angelegt Kolostoma kann im späteren Verlauf wieder verschlossen und die Darmkontinuität wieder hergestellt werden.

Insgesamt zeigt sich bei dieser Erkrankung eine sehr breite klinische Manifestation. Daher benötigen alle betroffenen Kinder eine an ihr klinisches und radiologisches Bild angepasste Therapie. Hierfür steht das gesamte Team der Kinderchirurgie Heidelberg zur Verfügung.

 

Nachsorge

Neben der Qualität der operativen Versorgung bestimmt die Qualität der postoperativen Nachsorge das Langzeitergebnis der korrigierten anorektalen Fehlbildung. In der Regel ist bis zum ersten postoperativen Jahr der neu geschaffenen After durch das regelmäßige Einführen eines Metallstabs durch die Eltern aufzudehnen.

Bei einem künstlichen Darmausgang können wir Ihnen und Ihrem Kind während der Sprechstunde eine spezialisierte Stomaberatung anbieten. Zusätzlich haben Sie die Möglichkeit, durch spezialisierte Stomaschwestern weitere Hilfestellung bei der Stomapflege zu erhalten.

Durch den Bedarf einer gründlichen, angemessenen Einlernphase betreuen wir Sie anfangs regelmäßig in unserer kinderchirurgischen Sprechstunde. Fragen oder Problem können so zeitnah beantwortet bzw. wahrgenommen werden. Dies ermöglicht uns eine individuelle Langzeitbetreuung der betroffene Kinder und Ihre Eltern. Anfangs sind die Nachsorgetermine engmaschig. Bei einem guten Verlauf können die Nachuntersuchungen später auf monatliche bis jährliche Vorstellungen gestreckt werden.