Angeborene Fehlbildungen der Hand

Bereich Hand-, Ellenbogen- und Mikrochirurgie

Definition der Erkrankung

Angeborene Fehlbildungen der Hand sind zwar selten, stellen aber eine große Herausforderung für die behandelnden Ärzte und Therapeuten dar. Insbesondere sind die betroffenen Eltern mit der Situation oft überfordert und wegen einer möglichen dauerhaften Beeinträchtigung der Handfunktion ihres Kindes besorgt. Dieser Artikel erläutert die häufigsten Formen der Fehlbildungen der Hand und deren aktuellen Behandlungsmöglichkeiten.

Häufigkeit

1-2% aller Neugeborenen sind von Fehlbildungen betroffen, ca. 10% von ihnen weisen eine Fehlbildung der oberen Extremitäten auf. 
Das häufigste Krankheitsbild ist die s.g. Polydaktylie (Überzahl von Fingern) gefolgt von der sogenannten Syndaktylie (Verwachsungen benachbarter Finger).

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Ursachen

Die meisten Handfehlbildungen treten spontan auf oder sind vererbt. Nur wenige werden durch teratogene Substanzen (z.B. Contergan) verursacht.

Diagnose

Die Diagnose einer Handfehlbildung wird in den meisten Fällen ab dem ersten Lebenstag festgestellt. Sie könnte sich sogar bereits während der Schwangerschaft im Rahmen der Ultraschallroutine zeigen, dank der zunehmenden Auflösung der modernen Geräte. Die Erkennung von Abweichungen vom Normalen wie: „fehlender Finger, ein Finger zu viel, größer/kleiner als normal…etc.“ ist jedem möglich. Allerdings sollte die Festlegung einer genauen Diagnose und Klassifizierung des klinischen Bildes dann durch die erfahrenen Handchirurgen erfolgen, die sich auf diesem Gebiet spezialisiert haben.

Solche Fehlbildungen werden in der Regel frühzeitig diagnostiziert und entsprechend behandelt. Ein häufiges Beispiel ist der sogenannte ,,angeborene Schnappfinger/ Schnappdaumen“. Es handelt sich hierbei um eine lokalisierte Knötchenbildung der Beugesehne eines Fingers oder des Daumens, die eine vollständige Streckung behindert.

In seltenen Fällen kann eine Handfehlbildung von anderen Fehlbildungen der benachbarten Körperregionen, z.B.an der Brust, begleitet oder sogar im Rahmen eines multi-organ Syndroms auftreten. Deswegen ist eine ganz körperliche Untersuchung ein Bestendteil der initialen Beurteilung.

Bildgebende Diagnostik

Eine Röntgenuntersuchung der betroffenen Hand reicht in der Regel, um die knöcherne Situation zu begutachten. Selten wird eine erweiterte Bilddiagnostik (CT oder MRT) gebraucht.

Krankheitsverlauf

Klassifikation

Angeborene Handfehlbildungen sind vielfältig und zum Teil sehr komplex. Zur Vereinfachung können Fehlbildungen einer der folgenden Kategorien zugeordnet werden:

  1. Vollständiges Fehlen von Teilen
  2. Fehlende Differenzierung
  3. Duplikation / Doppelung
  4. Übermäßiges Wachstum
  5. Vermindertes Wachstum
  6. Schnürringbildung
  7. Generalisierte Fehlbildungen

Ablauf der Behandlung

Nach einer ausführlichen Diagnostik wird die Therapie so früh wie möglich eingeleitet, um eine zeitgerechte Entwicklung der Hand und deren Funktion zu begünstigen. Eine indizierte Operation sollte in den ersten zwei Lebensjahren durchgeführt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen können Operationen spätestens bis zum fünften Lebensjahr erfolgen.

Eine konservative Therapie kann in bestimmten Fällen die Therapie der Wahl sein. Hierfür wird eine individuell angepasste Schienenbehandlung vorgenommen. Dies könnte auch im Rahmen einer Vorbereitung für die operative Versorgung durchgeführt werden, um beste Voraussetzungen für eine operative Korrektur zu schaffen.

Eine spezialisierte Schienenbehandlung ist darüber hinaus für die postoperative Behandlung unerlässlich und wird gleich im Rahmen des Eingriffes festgelegt.

Die Auswahl an operativen Eingriffen und Nachsorge ist vielfältig und sollte entsprechend dem klinischen Bild individuell ausgewählt werden. Das OP-Spektrum kann von minimal invasiver Spaltung eines engen Ringbandes bis zum komplexen freien Zehentransfer variieren.

Doppeldaumen
Doppeldaumen (mit freundlicher Genehmigung Frau Prof. Harhaus, BG Klinik Ludwigshafen)