Dystonie
Neurochirurgische KlinikDefinition der Erkrankung

DYSTONIE– was ist das?
Die DYSTONIE ist eine sogenannte Bewegungsstörung, die sowohl im Kindes- wie im Erwachsenenalter auftreten kann. Die Erkrankung wird meist of durch ihre motorischen Symptome auffällig. Hierbei kann es zu Verkrampfungen einzelner Gliedmaßen oder Muskelgruppen kommen, in anderen Fällen können auch die gesamte Muskulatur betroffen sein.
So können beispielsweise nur die Nackenmuskulatur (sog. Schiefhals / Torticollis), die Lidmuskulatur (sog. Lidkrampf) oder der gesamte Körper betroffen sein (Generalisierste Dystonie).
Die Ursache dieser Symptome ist es, dass Nervenzellen in der Großhirnrinde, die die Bewegungen steuern sollen, die Information überschießend und unregelmäßig weitergeben, sodass es zur überschießenden Aktivität kommt.
Viele Dystonien berufen auf genetischen Veränderungen, welche im Erbgut nachgewiesen werden können. Andere Formen können durch andere Umstände wie Sauerstoffmangel bei der Geburt bedingt sein.
Die Erkrankung ist leider bisher nicht heilbar oder kann in ihrem Fortschreiten aufgehalten werden. Alle heute verfügbaren Therapien zielen darauf ab, Symptome zu lindern.
Krankheitsverlauf
Ablauf der Behandlung
Wie wird die Dystonie behandelt?
Nach der Diagnosestellung stehen zunächst zwei Therapiesäulen im Vordergrund: Die medikamentöse Therapie und therapeutische Verfahren wie Physio- und Ergotherapie.
Therapeutische Verfahren und Sport können die Beweglichkeit und deren Erhalt unterstützen.
Bei der medikamentösen Therapie zielt man darauf ab die Muskeln zu lockern und die Nervenendigungen weniger sensibel für die überschießenden Hirnsignale zu machen.
Teilweise kann auch die Injektionstherapie mit Botulinum-Toxin (Botox) – beispielsweise beim Schiefhals – angewendet werden.
Zumeist wirken die Medikamente zunächst für einige Jahre gut, jedoch kann die Erkrankung so voranschreiten, dass Betroffene immer höhere Dosen und immer häufigere Einnahmezeitpunkte benötigen. Dennoch können die Bewegungssymptome der Erkrankung nicht ausreichend gut behandelbar sein, Nebenwirkungen auftreten.
Wurden die empfohlenen Medikamente verwendet ohne, dass es zu einer sinnvollen Verbesserung der Symptome kommt, sollte überprüft werden, ob chirurgische Verfahren wie die Tiefe Hirnstimulation zum Einsatz kommen können.
Wie wird festgestellt, ob eine Tiefe Hirnstimulation helfen kann?
Die Tiefe Hirnstimulation (THS, engl. Deep brain stimulation DBS) ist eine seit über 25 Jahren angewandte, leitliniengerechte Therapie und wird von den Krankenkassen und Versicherungen übernommen.
Die Abstimmung, ob Patient:innen für eine THS geeignet sind erfolgt interdisziplinär mit Beteiligung der Neurochirurgie, Neurologie, Neuropsychologie, Psychiatrie und Neuroradiologie. LINK ZUR NEUROLOGISCHEN HOMEPAGE
Hierbei wird unter anderem geprüft, ob die medikamentösen Therapie ausreichend angewendet wurden, andere Ursachen für die Bewegungsstörung vorliegen könnten, die THS erfolgsversprechend wie sicher ist und ob die Gehirnanatomie die Operation erlaubt.
Nach einem mehrtätigen Aufenthalt hierzu in der Neurologischen Klinik werden alle Fälle in der interdisziplinären Fallkonferenz besprochen. Werden keine Gegenanzeigen gegen die THS-Therapie festgestellt, wird der Eingriff konkret geplant.
Wie laufen die Operation und die Zeit danach ab?
Bei der Operation zur Tiefen Hirnstimulation geht es darum, meist zwei ca. 1,5mm dünne Elektroden zielgenau in eine bestimmte Gehirnregion zu implantieren und mit einem Neurostimulator (Hirnschrittmacher) zu verbinden. Diese Elektroden geben einen schwachen Strom ab, der die Nervenzellfunktion so verändert, dass Hirnsignale, die störende Symptome auslösen unterdrückt und abgeschwächt werden können. Die Therapie läuft meist dauerhaft und hilft so, überschießende Bewegungen und Verkrampfungen zu lindern.
Die Operation wird in Heidelberg standardmäßig in Vollnarkose durchgeführt, was für die Patient:innen einen großen Zugewinn an Komfort bedeutet. Um dennoch ein gleichbleibend gutes Ergebnis zu gewährleisten, ziehen wir modernste Verfahren wie die intraoperative Computertomografie, non-invasives Narkosemonitoring, visuell anatomisch basierte Darstellungsverfahren und gegebenenfalls ein präoperatives Kartieren von Hirnfunktionen mittels navigierter Transkranieller Magnetstimulation (nTMS) durch.
Meist kann die Stimulation in den ersten Tagen nach der Operation erstmals aktiviert und eine vorläufige Einstellung gewählt werden.
Bei manchen Dystonieformen sprechen die Symptome erst nach mehreren Wochen der Stimulation an.
Nach einigen Tagen werden die Patient:innen entlassen.
Die ausführliche Einstellung der Stimulation und die damit verbundene Reduktion der Medikamente erfolgt ca. vier Wochen nach der OP in einem ca. 10-tägigen Aufenthalt in der Neurologischen Klinik.
Da die Erkrankung auch trotz der THS sich weiter verändern wird sind regelmäßige Wiedervorstellungen zur Anpassung der Stimulation nötig. Im ersten Jahr finden diese Termine in der Ambulanz im Abstand von 3 Monaten, danach einmal pro Jahr statt.
Die THS kann lediglich die Bewegungssymptome behandeln. Andere nicht motorische Symptome werden nicht durch die Therapie beeinflusst.
Handelt es sich bei dem implantierten Neurostimulator um ein nicht-wiederaufladbares
Modell, so muss dieser meist nach 3-5 Jahren operativ gewechselt werden. Dies kann im Rahmen eines kurzen stationären Aufenthalts verbunden mit einer Anpassung der Stimulation erfolgen. Wiederaufladbare Neurostimulatoren können zwischen 10 und 25 Jahren ohne Wechsel Therapie abgeben, müssen dafür aber regelmäßig induktiv mit einem Ladegerät wiederaufgeladen werden.
Wie kann ich mich über die Tiefe Hirnstimulation informieren?
Gerne informieren wir Sie über die Tiefe Hirnstimulation, den Ablauf der Operation und das Leben mit der Therapie in unserer Spezialsprechstunde Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie. Hier kann der Prozess zur Indikationsstellung begonnen werden, die frühe postoperative Phase kontrolliert und Neurostimulatoren überprüft werden.
Spezialisten
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Prof. Dr. med. Martin Jakobs
Sektionsleiter (Spezialsprechstunde Stereotaxie / Funktionelle Neurochirurgie)
Sektion Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie
Zusatzbezeichnung Intensivmedizin
Diplom der European Stereotactic and Functional Neurosurgery Society (ESSFN)
Baden-Württemberg Zertifikat für Hochschuldidaktik
Konsiliararzt IHA-Diagnostik der DeutSchwerpunkt
Stereotaktische und Funktionelle Neurochirurgie, Intensivmedizin