Ösophaguskarzinom

Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektionskrankheiten, Vergiftungen

Definition der Erkrankung

Das Ösophaguskarzinom gehört mit einer Inzidenz von 10/100.000 Einwohner/Jahr zu den selteneren Tumorarten. Allerdings steigt die Sterblichkeit seit 1970 unter Männern stark und unter Frauen leicht an. Es überwiegen Plattenepithelkarzinome (80 bis 85 Prozent) gefolgt von Adenokarzinomen (10 bis 15 Prozent). Auffallend ist, dass Adenokarzinome des distalen Ösophagus früher sehr selten waren, aber seit etwa 15 Jahren in den USA und in Teilen Westeuropas aus bisher nicht eindeutig geklärten Gründen rasch zunehmen.

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Symptome

Frühkarzinome der Speiseröhre sind asymptomatisch. Unspezifische Beschwerden können ein retrosternales Druckgefühl, Sodbrennen und selten das Erbrechen von Blut sein. Schluckbeschwerden, Schmerzen beim Schlucken und Heiserkeit sind Spätzeichen.

Ursachen

Rauchen und Alkohol gelten als die wichtigsten Risikofaktoren für das Plattenepithelkarzinom des Ösophagus. Bei gleichzeitigem Vorliegen sowohl eines hohen Zigaretten- als auch Alkoholkonsums konnte eine Multiplikation der Risiken nachgewiesen werden.

 

Chronische thermische Noxen sind als Risikofaktoren für ein Ösophaguskarzinom beschrieben. In Hochrisikogebieten Chinas und anderer Länder wurde das Trinken sehr heißen Tees als landesspezifischer Risikofaktor identifiziert.

Narbenstrikturen, z.B. nach Säure- oder Laugenverätzungen der Speiseröhre, sowie Schädigungen der Speiseröhre durch eine Bestrahlungstherapie, bei der die Speiseröhre im Bestrahlungsfeld gelegen hat, gelten als Risikofaktoren für ein Ösophaguskarzinom.

Achalasiepatienten haben ein erhöhtes Risiko zur Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms der Speiseröhre, wohingegen ein Barrettösophagus (intestinale Metaplasie im distalen Ösophagus) als Präkanzerose für das Adenokarzinom des distalen Ösophagus ("Barrettkarzinom") gilt. Letzteres weist in den letzten Jahren den stärksten Inzidenzanstieg unter allen Karzinomen des Gastrointestinaltraktes auf. Barrettläsionen in der Speiseröhre werden in der Regel als Folge einer gastro-ösophagealen Refluxkrankheit verstanden, wobei eine säureinduzierte Zylinderepithelauskleidung des unteren Ösophagus als Zwischenstufe in der Entwicklung eines Barrettösophagus diskutiert wird.

Diagnose

Die Magenspiegelung mit Probeentnahmen aus auffälligen Bereichen ist das entscheidende Untersuchungsverfahren zur Diagnose eines Ösophaguskarzinoms. Neben auffällig aufgeworfenen oder ulzerierten Läsionen müssen auch subtile Veränderungen wie umschriebene Farbänderungen oder flache Veränderungen des Oberflächenreliefs genau untersucht werden. Hierbei können in der makroskopischen Diagnostik die hochauflösende Videoendoskopie oder eine Vitalfärbung der Ösophagusschleimhaut (Chromoendoskopie) hilfreich sein.

Nach der histologisch gesicherten Diagnose eines Ösophaguskarzinoms erfolgt eine exakte Einschätzung der Ausbreitung der Erkrankung durch ergänzende Untersuchungen ("Stagingdiagnostik"). Dabei ist die Endosonografie das sensitivste Verfahren zur Evaluation der Wandinfiltration und intramuralen/ lokalen Ausdehnung des Tumors, wohingegen Lymphknotenbefall und Fernmetastasierung in der Regel computertomografisch beurteilt werden. Mittels eines Röntgenkontrastmittelschlucks kann bei Tumorstenosen die Länge und den Achsverlauf der Stenose dargestellt werden; außerdem lassen sich mit diesem Verfahren vom Tumor ausgehende Fistelbildungen nachweisen.

Ablauf der Behandlung

Ist ein Krebsleiden der Speiseröhre diagnostiziert, wird auf der Basis der Staging-Untersuchungen ein maßgeschneidertes Therapiekonzept erarbeitet. Dabei kommt es auf die enge Zusammenarbeit von Chirurgen, Internisten, der Strahlenklinik und des Strahlentherapeuten an. Es findet dementsprechend ein intensiver Austausch zwischen der Medizinischen Klinik sowie der Chirurgischen Klinik, der Strahlenklinik und des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) der Universität Heidelberg bei der Betreuung von Ösophaguskarzinompatienten statt. 

In der Regel macht nur die vollständige chirurgische Entfernung des Ösophaguskarzinoms eine Heilung der Erkrankung möglich. Je nach Lokalisation und Ausdehnung des Tumors kommt eine teilweise oder auch eine komplette Entfernung der Speiseröhre in Betracht, wobei dann der Magen die fehlende Speiseröhre ersetzen muss ("Magenhochzug"). Meistens werden im Rahmen einer Operation benachbarte Lymphknoten mit entfernt. Ist der Tumor auf die oberflächlichen Schleimhautschichten begrenzt, kommt auch eine endoskopische Tumorentfernung oder gegebenenfalls auch eine Lasertherapie in Frage.

Bei der Strahlentherapie werden energiereiche Strahlen eingesetzt, um Tumorgewebe zu zerstören bzw. zu verkleinern. Sie kommt vor allem zum Einsatz, wenn der Krebs nicht mehr operiert werden kann und die Nahrungspassage behindert ist. In einigen Fällen kann allerdings beim Speiseröhrenkrebs durch eine Kombination von Bestrahlung und Chemotherapie ausnahmsweise auch ohne Operation eine Heilung erreicht werden. Dies gilt insbesondere, wenn ein Plattenepithelkarzinom vorliegt.

Mit Hilfe der Chemotherapie sollen Krebszellen abgetötet und dadurch das Tumorwachstum gehemmt werden. Grundsätzlich sprechen Ösophaguskarzinome nur mäßig auf eine Chemotherapie an. Meistens wird eine Chemotherapie eingesetzt, wenn die Erkrankung fortgeschritten ist und nicht mehr chirurgisch entfernt werden kann (sog. palliative Chemotherapie). In einigen Fällen kann allerdings beim Speiseröhrenkrebs durch eine Kombination von Bestrahlung und Chemotherapie ausnahmsweise auch ohne Operation eine Heilung erreicht werden. Primäres Ziel der palliativen Chemotherapie ist die Steigerung der Lebensqualität, wenn eine komplette Zerstörung bzw. Heilung des Tumors nicht mehr möglich ist. Die Nebenwirkungen einer Chemotherapie beim Speiseröhrenkrebs sind meist vorübergehender Natur.

Führt das Wachstum des Tumors zu einer Behinderung der Nahrungspassage, so kann versucht werden, die Einengung durch ein Drahtgeflecht (Stent) zu überbrücken. Ist dies nicht möglich, kommt die Anlage einer Ernährungsfistel (perkutane endoskopische Gastrostomie) in Frage.

Nachsorge

Generelle Screening-Untersuchungen sind aufgrund der geringen Inzidenz des Ösophaguskarzinoms in Deutschland nicht sinnvoll. Patienten mit Achalasie, Ösophagusstenose nach Säure- oder Laugenverätzung, kurativ reseziertem Bronchialkarzinom oder Plattenepithelkarzinom von Kopf und Hals, sowie Raucher und Alkoholiker über 50 Jahre bekommen wegen ihres nachgewiesenermaßen erhöhten Risikos für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus häufig die Empfehlung, alle 1 bis 2 Jahre eine Vorsorge-Ösophagoskopie durchführen zu lassen. Der Wert dieser Maßnahme ist allerdings für keine der genannten Risikogruppen belegt.