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09.12.2022…

Zusammenfassung des 6. Zelltherapie-Symposiums Heidelberg

Auch in diesem Jahr fand wieder ein Zelltherapie-Symposium im Hörsaal der Medizinischen Klinik statt. Es war schon das 6. Symposium und wir konnten das 11jährige Bestehen unserer „GMP Core Facility“, der Herstellungsstätte für Impfstoffe und Zellprodukte, feiern.

Wieder kamen live oder online mehr als 100 Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte, Naturwissenschaftler und Studierende sowie Vertreter der pharmazeutischen Industrie zusammen, um die neuesten Entwicklungen der Zelltherapie in Heidelberg, Deutschland, Europa und der Welt darzustellen und zu diskutieren.

Der Event begann am Freitag, den 04.11.2022, mit dem traditionell zweitägigen Wissenschaftlichen Symposium. Der Ärztliche Direktor der Medizinischen Klinik V Prof. Carsten Müller-Tidow berichtete, dass auch im Jahr 2022 in der Med. Klinik V in Heidelberg bundesweit die meisten CAR-T-Zell Patienten behandelt wurden. Mit über 40 CAR-T-Zell-Gaben wurden deutlich mehr Behandlungen als im Vorjahr in Heidelberg durchgeführt.

In gewohnt professioneller und empathischer Weise leiteten Prof. em. Anthony D. Ho  und Prof. Peter Dreger die erste Sitzung.

In der HD-CAR-1-Studie mit CD19.CAR-T-Zellen der 3. Generation, die von Prof. Schmitt geleitet wird,  wurden 2018-2022 bereits mehr 35 Patienten mit Akuter Lymphatischer Leukämie (ALL) und verschiedenen Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL) erfolgreich behandelt: bei gleich gutem Ansprechen wie mit kommerziellen Produkten lag die Nebenwirkungsrate deutlich niedriger. Dies wird zukünftig auch eine ambulante Gabe von CAR-TZellen ermöglichen. Davon hätten wir vor 4 Jahren noch nicht einmal geträumt! Waren doch damals die Bedenken groß, dass die Patienten ernste Nebenwirkungen nach der CAR-T-Zell-Therapie durchmachen müssten. Prof. em. Anthony D. Ho gratulierte als Sitzungsleiter Anita und Michael Schmitt sowie dem gesamten Team der Med V zu den hervorragenden Studienergebnissen und dem Aufbau der GMP-CoreFacility in der zurückliegenden Dekade.

In der Kooperation mit dem Kollegen PD Dr. Martin Wermke, Leiter der First-in-Men-Einheit des Uniklinikums Dresden und mit den Berliner Kollegen PD Dr. Uta Höpken und Dr. Armin Rehm, sind wir in der Lage, für Patienten mit Multiplem Myelom auch eine BCMA.CAR-T-Zell-Therapie mit in Haus hergestellten Produkten ab kommendem Jahr anzubieten. Prof. Marc Raab berichtete über das neue BCMA.CAR-T-Zell-Produkt Abecma® für Myelom-Patienten, das schon jetzt in der Med. Klinik V verabreicht wird. Da aber manchmal Patienten vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen abgelehnt werden, kommt der in-Haus-Herstellung von CAR-T-Zellen besondere Bedeutung zu. Unsere Kooperationspartner aus Berlin stellten darüber hinaus weitere, neuere CAR-Konstrukte vor. Das BMBF hat eine Studie mit CXCR5-gerichteten CAR-T Zellen für Lymphom-Patienten bewilligt, die von der Charité aus geleitet werden wird. Es wird aber 2024 werden, bis es wirklich für Patienten losgehen kann. Der Ansatz gibt Ihnen aber schon heute neue Hoffnung für Therapien bei Versagen von CD19-gerichteten Antikörper- und /oder Zelltherapien.

Prof. Dreger stellt darüber hinaus neue Daten für die CD19.CAR-T-Zell-Produkte Yescarta®, Tecartus® und Breyanzi® vor, die neue Hoffnung für Patienten mit Follikulärem Lymphom, Diffus-großzelligem B-Zelllymphom und Mantelzell-Lymphom gibt. Hier ist die allgemeine Empfehlung, bei einem Rezidiv zuerst CAR-T-Zellen zu geben und erst in der nächsten Line eine allogene Stammzelltransplantation durchzuführen.

Dr. Michal Besser von der Universität Tel-Aviv, Israel, stellte ihr großes CAR-T-Zell-Programm mit fast 300 Patienten vor: Sie hat mit einer schnellen und effizienten Methode den gesamten Herstellungsprozess von CD19.CART-Zellen verschlankt und schneller gestaltet. Prof. Schmitt und seine Frau waren bereits im Juli des Jahres nach Tel-Aviv gereist, um spannende Kooperationsprojekte mit Dr. Besser und Prof. Gal Merkel im Beilinson-Krankenhaus Tel-Aviv zu besprechen. Dr. Besser war natürlich in der Pause von Zuhörern aus Akademie und Industrie umringt. Als weiteren Höhepunkt stellte OA Dr. Tim Sauer seinen neuen Ansatz mit CD70.CAR-T Zellen für Patienten mit Akuter Myeloischer Leukämie (AML) vor, den er gemeinsam mit Kollegen des Baylor College of Medicine in Houston, Texas, USA in dreijähriger Arbeit entwickelt hat. Gemeinsam mit dem Team um Prof. Schmitt wird OA Dr. Sauer 2023 diese CD70.CAR-T Zellen in die Klinik bringen.

Die Ergebnisse unserer HD-CAR-1-Studie werden auch mit hoher Molekularbiologischer Genauigkeit untersucht. Hier unterstützt uns die Gruppe um Dr. Simon Haas, die am Berlin Institute of Health (BIH) arbeitet und die CAR-T-Zell-Produkte und die Immunzellen der Patienten vor und nach CAR-T-Zelltherapie mittels hochauflösender Durchflusszytometrie und mRNA-Analysen auf Einzelzell-Ebene untersucht. Dr. Haas und Mitarbeiter konnten gemeinsam mit Prof. Schmitt und Mitarbeitern einen Biomarker herausarbeiten, der es schon sehr früh erlaubt, einen Erfolg einer CAR-T-Zelltherapie vorauszusagen. Dies wird in Zukunft immer mehr Bedeutung erlangen, damit ein bestimmter Patient die für ihn am besten geeigneten CAR-T-Zellen bekommen kann.

Prof. Stein-Thöringer, der erst vor wenigen Monaten vom DKFZ Heidelberg auf eine Professur an die Universität Tübingen gewechselt hat, hat in der Kooperation mit Prof. Schmitt und Team nachgewiesen, dass das Mikrobiom, d.h. die Ausstattung des Darmes mit bestimmten Bakterien, ganz entscheidend für das Gelingen einer CAR-T-Zelltherapie sein kann. Dies zeigten hochauflösende molekularbiologische und bakteriologischen Untersuchungen an Stuhlproben von Patienten vor und nach CAR-T-Zelltherapie. Auch die Verwendung von Antibiotika spielt in diesem Zusammenhang natürlich eine entscheidende Rolle. Dies wird wiederum in unsere Behandlungs-Strategien bei Infektionen im Kontext von CAR-T-Zelltherapien einfließen, um die Behandlungen noch besser zu steuern und eine noch höhere Wirksamkeit zu erreichen.

Ein völlig neues Konzept mit Natürlichen Killerzellen, den so genannten NK-Zellen, wurde von Prof. Müller-Tidow und Prof. Torsten Tonn, langjähriger Direktor der Transfusionsmedizin an der Universität Dresden vorgestellt. In der NAKIP-Studie wird der Kampf gegen die Akute Myeloische Leukämie (AML) verbessert, indem Leukämiezellen nicht mehr der Attacke durch NK-Zellen entgehen können. Dazu werden NK-Zellen gemeinsam mit einem so genannten PARP-Inhibitor eingesetzt, der die Zellen wieder richtig fit im Kampf gegen die AML macht. Es bleibt also auch dieser Front spannend, da nun mit einer Millionen-schweren Forschungsförderung auch dieser Ansatz in Heidelberg und Dresden für Patienten im Rahmen einer klinischen Prüfstudie zugänglich gemacht werden wird.

Prof. Andreas Mackensen, Direktor der Med. Klinik V (Hämatologie und Internistische Onkologie) am Universitätsklinikum Erlangen berichtete über die erstaunlichen Erfolge mit einem CD19.CAR-T-Zelltherapie bei einer Handvoll Patienten mit Systemischem Lupus Erythematodes (SLE). Damit erweitern Mackensen und sein Kollege Prof. Georg Schett, Leiter der Med. Klinik III (Rheumatologie) das Feld der CAR-T-Zelltherapie auf die Behandlung von Patienten mit Erkrankungen aus dem Rheumatischen Formenkreis. Das gute Ansprechen der Patienten über schon mehr als ein Jahr ermutigen, diesen Schritt zu gehen. Diese Behandlung wird daher bald auch an unserem Universtiätsklinikum in Heidelberg in der Kooperation von Prof. Hanns-Martin Lorenz mit Prof. Dreger und Prof. Schmitt möglich sein.

Am 10.11.2022 wurde bereits zum dritten Mal ein Pflegesymposium veranstaltet: Pflegedienstleitung (PDL) Alexandra Noll hob die Bedeutung einer in Heidelberg aktiv gelebten, guten und freundschaftlichen Zusammenarbeit von Pflegekräften und Ärztinnen und Ärzten bei der Zelltherapie hervor. Dr. Maria-Luisa Schubert stellte in gewohnter plastischer Weise den Ablauf, die Möglichkeiten, aber auch die Nebenwirkungen der CAR-T-Zell-Therapie dar. Oberärztin PD Dr. Anita Schmitt berichtete von dem enormen Ausbau der Leukapherese-Einheit in den letzten 10 Jahren: die Anzahl der Leukapheresen beträgt inzwischen über 1.000. Dabei sind die Extrakorporalen Photopheresen (ECP) zur Behandlung der Graft-versus-host-Erkrankung (GvHD) von 60 auf 720, also das 12fache angestiegen! Anhand von präklinischen Studie wurde aufgezeigt, dass die ECP-Behandlung auch bei Patienten mit GvHD nach CAR-T-Zell-Therapie sinnvoll eingesetzt werden kann.  Die Stationsleitung von v. Dusch/HIS Maria Lommatzsch hob hervor, wie doch die anfängliche Angst vor den CAR-T-Zell-Therapien gewichen sei, wie professionell und natürlich der Umgang mit verschiedenen CAR-T-Zell-Produkten geworden sei. Dies sei Hospitationen in New York und Köln und dann den vielen innerbetrieblichen Schulungen zu verdanken.

Zusammenfassend zeigte das 6. Zellsymposium, dass sich innerhalb eines einzigen Jahres auf dem Feld der Zellforschung und -therapie unglaublich viel ereignet und für Patienten neue hoffnungsspendende Möglichkeiten zur Therapie der Leukämien und Lymphome geschaffen wurden. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren extrem motiviert von den Anregungen, die sie im gemeinsamen Diskurs gewonnen hatten und werden mit voller Kraft weiter forschen und Patienten behandeln.